Carl Fürstner


Carl Ludwig Fürstner (auch Karl Fürstner; * 7. Juni 1848 in Strasburg, Uckermark; † 25. April 1906 in Straßburg) war ein deutscher Neurologe und Psychiater. Nach ihm wurde pseudospastische Parese mit Tremor als „Fürstnersche Krankheit“ bezeichnet.

Leben und Wirken

Fürstner besuchte das Joachimsthalsche Gymnasium in Berlin und studierte, selbst Sohn eines Arztes, von 1866 bis 1870 Medizin an den Universitäten Würzburg und Berlin. Während seiner letzten Semester war er dabei Famulus von Rudolf Virchow. Er nahm als Feldassistenzarzt am Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 teil. Nach seiner Rückkehr promovierte er 1871 mit der Arbeit Zur Streitfrage über das Othämatom in Berlin und wurde 1872 Assistent am Pathologischen Institut der Universität Greifswald. 1873 kehrte er nach Berlin zurück und trat eine Stelle als Oberarzt an der Irrenabteilung der Charité unter Carl Friedrich Otto Westphal an. 1877 wechselte er als Assistenzarzt an die Irrenanstalt Stephansfeld im Elsaß. 1878 berief ihn die Universität Heidelberg zum ordentlichen Professor für Psychiatrie und zum Leiter der neu erbauten Großherzoglich Badischen Universitäts-Irrenklinik Heidelberg (heute Psychiatrische Universitätsklinik Heidelberg).

Lehrkörper der Universität Heidelberg 1886 (Fürstner = b)

Alfred Hoche, ein Schüler Fürstners aus Heidelberger Tagen, schilderte die bescheidene Situation in der Heidelberger Klinik rückblickend:

„Das Laboratorium war ein kleines, einfenstriges Zimmer; der Hörsaal war das Kasino der Kranken, in dem die Hörer um ein Billard herum saßen. Die Klinik hatte 2, in der letzten Zeit 3 Assistenten. Es gab kein Examen in Psychiatrie, so daß keineswegs alle Studierenden die psychiatrische Klinik besuchten, ein Umstand, der durch Fürstners persönliche Anziehungskraft ausgeglichen wurde; immerhin hing die Stimmung unseres damaligen Chefs sehr von der Frequenz seiner Vorlesungen ab, und der damalige Oberarzt setzte im Scherz 50 Pfennige für jeden Hörer aus, der über die zu erwartende Mittelzahl hinaus erschien.“

Archiv für Psychiatrie 87 (1929), S. 25

1890 folgte Fürstner einem Ruf am die Kaiser-Wilhelms-Universität zu Straßburg. Fürstner saß im Vorstand des Deutschen Vereins für Psychiatrie und war Mitherausgeber des Archivs für Psychiatrie, wo auch die meisten seiner Arbeiten erschienen. Er starb einigermaßen überraschend an den Folgen und Komplikationen eines Gangräns des Fußes infolge einer nicht erkannten schweren Diabetes.

Fürstner gehört zu den Repräsentanten der sogenannten „Hirnpsychiatrie“. Psychische Krankheiten galten ihm immer als Teil der Hirnpathologie. Deshalb interessierten ihn in erster Linie die Krankheiten, bei denen sich Zusammenhänge mit Erkrankungen anderer Zentralorgane feststellen ließen. So arbeitete er über Paehymeningitis haemorrhagica, die Gliose der Hirnrinde, Muskelveränderungen bei Psychosen und Höhlenbildungen im Hirn und Rückenmark, vor allem aber zur pathologisehen Anatomie der progressiven Paralyse.

Seit 1896 war er Mitglied des Corps Nassovia Würzburg.[1]

Schriften

  • Zur Streitfrage über das Othämatom. In: Archiv für Psychiatrie 3 (1873), S. 353ff.
  • Ueber Schwangerschafts- und Puerperalpsychosen. In: Archiv für Psychiatrie 5 (1875), S. 505ff.
  • Ueber Albuminurie bei Alkoholisten. In: Archiv für Psychiatrie 6 (1876), S. 755 u. Archiv für Psychiatrie 7 (1877), S. 643ff.
  • Ueber Irrenkliniken an der Hand eines Berichtes über den Betrieb der Universitäts-Irrenklinik zu Heidelberg während der Jahre 1878 - 1883. Heidelberg: Bangel & Schmitt, 1885.
  • Ueber Gliose der Hirnrinde. In: Archiv für Psychiatrie 15 (1884), S. 835ff u. Archiv für Psychiatrie 16 (1885), S. 851ff.
  • Ueber das Verhalten des Körpergewichtes bei Psychosen. In: Deutsches Arch. f. klin. Med. 1890.
  • Zur Pathologie und pathologischen Anatomie der progressiven Paralyse insbesondere über die Veränderungen des Rückenmarkes und der peripheren Nerven. In: Archiv für Psychiatrie 14 (1892), S. 83ff.
  • Ueber pseudospastische Parese mit Tremor. In: Neurolog. Centralblatt (1896), S. 674ff.
  • Zur Pathologie der progressiven Paralyse. In: Monatsschr. f. Psych. u. Neurolog. 12 (1902).

Literatur

  • Alfred Hoche: Carl Fürstner. In: Archiv für Psychiatrie 41 (1906), S. V-XIII.
  • Werner Leibbrand: Fürstner, Karl Ludwig. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, ISBN 3-428-00186-9, S. 700 f. (Digitalisat).

Einzelnachweise

  1. Kösener Korps-Listen 1910, 208, 514

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