Ammoniumdichromat

Strukturformel
$ \mathrm {\ {\Biggl [}} $ Ammoniumion $ \mathrm {\ \!\ {\Biggr ]}_{2}} $   Dichromation
Allgemeines
Name Ammoniumdichromat
Andere Namen
  • Ammoniumbichromat
  • Doppeltchromsaures Ammonium
Summenformel (NH4)2Cr2O7
Kurzbeschreibung

orangefarbene, geruchlose Kristalle[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 7789-09-5
PubChem 24600
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Eigenschaften
Molare Masse 252,07 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

2,15 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

180 °C (Explosionsartige Zersetzung)[1]

Löslichkeit

gut in Wasser (360 g·l−1 bei 20 °C)[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus EU-Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP) [2]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 272​‐​350​‐​340​‐​360FD​‐​330​‐​301​‐​372​‐​312​‐​314​‐​334​‐​317​‐​410
P: 201​‐​220​‐​260​‐​273​‐​280​‐​284 [3]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Ammoniumdichromat ist ein Ammoniumsalz der Dichromsäure. Es besitzt die Formel (NH4)2Cr2O7.

Eigenschaften

Ammoniumdichromat

Ammoniumdichromat ist ein orangefarbenes Pulver, das gut in Wasser löslich ist.

Auf Grund seiner Zusammensetzung aus einem leicht oxidierbarem Kation (Ammoniumion) und einem starken Oxidationsmittel (Dichromat) kann es sich exotherm zersetzen.

Das bekannteste Experiment zur Zersetzung von kristallinem Ammoniumdichromat ist der Vulkanversuch. Dabei wird ein größerer Kristall oder ein kleines Häufchen oben entzündet.[4] Nach dem Entzünden schreitet die Reaktion unter lebhaftem Glühen, Rauschen (Stickstoffentwicklung) und der Bildung von lockerem graugrünen Dichromtrioxid fort. Das gebildete Dichromtrioxid quillt wie Vulkanasche aus der Reaktionsstelle hervor und bildet so einen Kegel. Die entsprechende Reaktionsgleichung für diese Reaktion lautet:

$ \mathrm {(NH_{4})_{2}Cr_{2}O_{7}\rightarrow \ Cr_{2}O_{3}+4\ H_{2}O+\ N_{2}+310kcal/kg} $

Der Vulkanversuch ist an deutschen Schulen aufgrund der Bildung von Chrom(III)-chromat untersagt.[5]

Insgesamt ist Ammoniumdichromat ein starkes Oxidationsmittel, das mit starken Reduktionsmitteln wie zum Beispiel fein verteilten Metallpulvern, Schwefel, oder Phosphor sehr heftig (explosiv) reagiert (R8).

Wegen seiner ionischen Natur und den in Wasser ausgebildeten Dissoziationsgleichgewichten wirkt das Ammoniumdichromat ätzend (R34).

Explosive Eigenschaften

Ammoniumdichromat zersetzt sich ab 100 °C exotherm; die Reaktion verläuft ab 240 °C explosiv. Bei einer Initialzündung mittels Pikrinsäure detoniert es auch unter Verdämmung nur unvollständig.[6]

Die Empfindlichkeit gegenüber mechanischer Beanspruchung ist äußerst gering. So reagiert Ammoniumdichromat beim Zerreiben im nichtglasierten Mörser gar nicht; die Empfindlichkeit gegenüber Schlag entspricht in etwa der von Ammoniumperchlorat (15 cm unter einem 10 kg-Fallhammer; das nicht als explosionsgefährlich eingestufte Ammoniumnitrat detoniert unter dem 10 kg-Fallhammer aus einer Höhe von 20 cm). Die Detonation pflanzt sich auch unter optimalen Bedingungen nur auf sehr kurze Strecken fort: H. Kast: „Unter der Wrkg. der Detonation von 30g gepreßter Pikrinsäure auf das in ein 4 cm weites, 4 mm starkes und 18 cm langes Rohr (vermutlich Zn-Rohr) gestopfte Salz tritt nur entlang einer kurzen Strecke Zerfall der Verb. ein“ In: Z. ges. Schieß- Sprengstoffwesen. 22 [1927] 6/9.[7]

Ammoniumdichromat ist kein Sprengstoff, findet jedoch in pyrotechnischen Sätzen sowie als Katalysator in Treibmitteln auf Ammoniumnitrat-Basis Verwendung.[8]

Toxikologie und Ökotoxikologie

Ammoniumdichromat ist toxikologisch von der EU-Kommission eingestuft als:

Krebserzeugend Kategorie: 2 (R45: Kann Krebs erzeugen.)[9]

Mutagen Kategorie: 2 (R46: Kann vererbbare Schäden verursachen.)[9]

Reproduktionstoxisch Kategorie: 2 (R60-61: Kann die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen und kann das Kind im Mutterleib schädigen.)

Weiterhin ist es als sehr giftig beim Einatmen (R26) und giftig beim Verschlucken (R25) eingestuft. Der Kontakt mit der Haut wird als gesundheitsschädigend (R21) bewertet. Eine weitere Gefahr von Ammoniumdichromat stellt die Möglichkeit einer Sensibilisierung durch Einatmen und Hautkontakt (R42/43) dar.

Ökotoxikologisch gilt es als sehr giftig für Wasserorganismen und kann eine längerfristige schädigende Wirkung auf Gewässer haben (R50/53). In der Verwaltungsvorschrift wassergefährdender Stoffe (VwVwS Stand Juli 2005) ist Ammoniumdichromat mit der Kenn-Nummer 290 in die höchste Wassergefährdungsklasse 3 eingestuft. Auf Grund des in der Literatur angegebenen Biokonzentrationsfaktors von 200–2000 ist eine Anreicherung in Organismen möglich.

Verwendung

  • In der Fotografie und den Edeldruckverfahren (besonders im Lichtdruck und Gummidruck):

Ammoniumdichromat gerbt unter Lichteinwirkung Gelatine oder andere Kolloide, wodurch diese selbst zur Farbschicht oder aber zum Farbträger werden.

  • In pyrotechnischen Erzeugnissen.
  • Zur Herstellung von Holzschutzmitteln für industrielle Anwendung.
  • Zur Herstellung von Chrom(IV)-oxid für magnetische Datenträger.
  • Zur Herstellung von Katalysatoren für organische Synthesen.

Besondere gesetzliche Regulierungen

Ammoniumdichromat unterliegt der Chemikalienverbotsverordnung, dem Wasserhaushaltsgesetz und dem Sprengstoffgesetz. In industriellen Mengen unterliegt es außerdem der Störfallverordnung.

Weiterhin bestehen Beschäftigungsbeschränkungen für Jugendliche (Jugendarbeitsschutzgesetz), sowie für werdende und stillende Mütter (Mutterschutzrichtlinie).

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Datenblatt Ammoniumdichromat bei Merck
  2. 2,0 2,1 Referenzfehler: Es ist ein ungültiger <ref>-Tag vorhanden: Für die Referenz namens ESIS wurde kein Text angegeben.
  3. Eintrag zu CAS-Nr. 7789-09-5 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich).
  4. M. Binnewies et alii: Allgemeine und Anorganische Chemie. 2. Auflage. Spektrum, 2010, ISBN 3-8274-2533-6, S. 676.
  5. Unterricht in Schulen mit gefährlichen Stoffen (Online-Fassung), S. 21, Fußnote 2, abgerufen am 25. April 2011.
  6. Tadeusz Urbanski: Chemistry and Technology of Explosives. Vol. II, Pergamon Press, 1965, S. 490.
  7. Leopold Gmelin: Gmelins Handbuch der anorganischen Chemie. 8. Auflage. Syst.Nr. 52, S. 714.
  8. Josef Köhler: Explosivstoffe. Wiley-VCH, 2008, S. 17.
  9. 9,0 9,1 Diese Bewertung bleibt auch bei Verdünnung bis zu 0,1 % bestehen!

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