Sumatra-Languren (Presbytis melalophos), auch Rote Languren sind baumlebende, tagaktive Primaten aus der Teilordnung der Altweltaffen (Catarrhini). Sie sind endemisch auf der indonesischen Insel Sumatra, wo sie südlich der Flüsse Wampu und Simpang Kiri (mit Ausnahme der östlichen Küstenwälder) und auf der Insel Pulau Pini im Batu-Archipel verbreitet sind [3].


Lebensraum

Sumatra-Languren (Presbytis melalophos) sind bis zu einem gewissen Grad lebensraumtolerant, so trifft man sie auch in gestörten und sekundären Waldgebieten an. Ansonsten bevorzugen sie höher gelegene Primär- und Sekundärregenwälder, Buschwälder und Plantagen.


Ausehen

Wie alle Mitglieder der Gattung Presbytis haben Sumatra-Languren (Presbytis melalophos) eine kurze Schnauze und schwach entwickelte Augenbrauen. Sumatra-Languren (Presbytis melalophos) haben lange Vorderbeine und relativ lange Hinterbeine, was eine Anpassung an ihre bevorzugte Art der Fortbewegung ist: Springen und Hangeln. Sie haben einen langen, zweifarbigen Schwanz und wiegen durchschnittlich 6,0 kg. Männchen wiegen nur wenig mehr als Weibchen. Sumatra-Languren (Presbytis melalophos) unterscheiden sich von anderen Mitgliedern der Gattung Presbytis durch einige ihrer Vokalisationen und durch Schädelmerkmale wie längere Nasen und enger zusammen liegende Augenhöhlen [1][2][5].

Sumatra-Languren (Presbytis melalophos) haben ein bräunlich-graues Fell, wobei die Bauchseite heller als der Rücken ist. Der Schwanz ist zweifarbig und der Kopf hat einen ausgeprägten schwarzen Kamm. Die vier Unterarten unterscheiden sich in der Fellfarbe, wobei Presbytis melalophos bicolor die hellste und Presbytis melalophos sumatrana die dunkelste Unterart ist. Neugeborene haben ein blasses Gesicht und einen dunklen, rötlich-braunen Streifen auf dem Rücken [8][1][5].


Ernährung

Sumatra-Languren (Presbytis melalophos) sind frugivor und folivor, d.h. sie ernähren sich von Früchten und Blättern, Früchte haben einen Anteil von 50 - 60% an der Gesamternährung, der Rest besteht aus Blättern und gelegentlich aus Blüten und Samen. Sumatra-Languren (Presbytis melalophos) nutzen Pflanzenteile von bis zu 197 verschiedenen Baumarten und ziehen junge Blätter älteren vor [2][9].

Sumatra-Languren (Presbytis melalophos) leben in sozialen Gruppen, die aus einem einzelnen Männchen und 5 - 17 Weibchen bestehen. Das Männchen paart sich mit allen Weibchen der Gruppe, die keine äußeren Anzeichen der Empfängnisbereitschaft zeigen und bei der Paarung den ersten Schritt machen [6].


Fortpflanzung

Über das Fortpflanzungssystem bei Sumatra-Languren (Presbytis melalophos) ist kaum etwas bekannt. Möglicherweise ist es sehr ähnlich dem anderer Schlankaffen, die sich meist das ganze Jahr über fortpflanzen und keine spezielle Fortpflanzungssaison kennen. Bei anderen Arten der Gattung Presbytis erreichen Männchen im Alter zwischen 34 und 47 Monaten die Geschlechtsreife, Weibchen mit 35 - 60 Monaten. Der Abstand zwischen den einzelnen Geburten liegt je nach Art zwischen 16 und 25 Monaten. Die Weibchen des Thomas-Langurs (Presbytis thomasi), ein naher Verwandter des Sumatra-Langurs (Presbytis melalophos), bringen pro Geburt ein einzelnes Junges zur Welt. Die Kleinen werden im Alter zwischen 12 und 15 Monaten entwöhnt [6].

Bei vielen Primaten der Familie Colobinae (Schlank- und Stummelaffen) geben Mütter ihre Säuglinge von Zeit zu Zeit an andere Weibchen der Gruppe ab, dieses Verhalten konnte jedoch bei Sumatra-Languren (Presbytis melalophos) nicht beobachtet werden. Die Weibchen füttern und schützen die Kleinen bis sie unabhängig sind. Männliche Jungaffen verlassen bereits vor Erreichen der Geschlechtsreife ihre Geburtsgruppe, während Weibchen in der Regel ein Leben lang bleiben. Die Rolle der Männchen bei der Aufzucht des Nachwuchses ist unklar [6].


Gruppenleben

Sumatra-Languren (Presbytis melalophos) leben in Gruppen, die aus einem Männchen und mehreren Weibchen bestehen. Gruppen mit kleineren Revieren sind in der Regel territorialer als Gruppen mit größeren Revieren, was mit der Verfügbarkeit von Ressourcen in direktem Zusammenhang steht. Die Grenzen der Territorien werden von den Männchen mittels Vokalisationen und körperlichen Kommunikationsarten bestimmt. Wenn Gruppen sich einander nähern, sind die Haremshalter sehr laut und können körperlich aggressiv werden. Männchen können einzelgängerisch oder in reinen Junggesellengruppen leben. Einzelgängerische Männchen werden von den Weibchen des Harems aggressiv ferngehalten und sind in der Regel auf ressourcenärmere Gebiete des Waldes beschränkt. [8][2][10]

Die Schlangenweihe (Spilornis cheela) gehört zu den gefährlichsten Räubern der Sumatra-Languren (Presbytis melalophos)
Raubvögel wie diese Schlangenweihe (Spilornis cheela) gehören zu den gefährlichsten Räubern der Sumatra-Languren (Presbytis melalophos)

Die Weibchen bestimmen die Richtung, in die sich ihre Gruppen bewegen und sind somit verantwortlich, wenn es zu Begegnungen mit anderen Gruppen kommt, halten sich jedoch dann aus Konflikten heraus. Es gibt keine Hinweise auf eine Dominanzhierarchie unter den Weibchen einer Gruppe [10].

Die Reviere der Sumatra-Languren (Presbytis melalophos) umfassen 14 bis 30 ha, innerhalb dieser Grenzen legen sie auf der täglichen Nahrungssuche bis zu 950 m zurück. Die Reviere der einzelnen Gruppen können sich um 20 - 30% überlappen, in einem Bericht wurden sogar 79 % verzeichnet. Die Zerstörung der Lebensräume werden für so große Überlappungen verantwortlich gemacht, sie verstärken aber auch das Territorialverhalten der Sumatra-Languren (Presbytis melalophos) [4][10].


Kommunikation

Männchen stecken die Grenzen der Territorien mit lauten Rufen und aufgeregten Sprüngen ab. Männchen aller benachbarten Gruppen stimmen während der Nacht in regelmäßigen Abständen in einen Chor ein. Ihre Rufe stimmen sie auch an, wenn sich zwei Gruppen zu weit annähern. Diese territorialen Rufe unterscheiden sich stark von den Alarmrufen, die ertönen, wenn sich ein Raubtier der Gruppe nähert [8][2].


Gefahren

Die gefährlichsten Fressfeinde von Sumatra-Languren (Presbytis melalophos) sind Raubvögel, darunter die Schlangenweihe (Spilornis cheela) und Schlangen der Gattung Python. Wenn ein Mitglied der Gruppe ein Raubtier entdeckt, warnt es mittels Alarmrufen die Artgenossen. Der Haremsbesitzer versucht den Räuber mit lautem Geschrei und Sprüngen vom Rest der Gruppe abzulenken [8][2].

Sumatra-Languren (Presbytis melalophos) sind durch umfangreichen Lebensraumverlust ernsthaft in Gefahr, hauptsächlich ist dieser Verlust auf die Ausbreitung von Palmölplantagen zurückzuführen. Allerdings zeigen Sumatra-Languren (Presbytis melalophos) eine gewisse Toleranz gegenüber der Umwandlung ihres Waldhabitats. Das Einfangen der Art für den illegalen Tierhandel ist ebenfalls eine ernste Bedrohung in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet. Gelegentlich werden sie wegen ihres Fleisches gejagt [7].

Die Weltnaturschutzunion (IUCN) stuft Sumatra-Languren (Presbytis melalophos) aufgrund des anhaltenden Rückgangs der Populationen als gefährdet (Endangered) ein [7].


Taxonomie

Wegen der großen Unterschiede in der Fellfärbung waren diese Primaten Gegenstand vieler taxonomischer Debatten [1]. Früher galten der Sarawak-Langur (Presbytis chrysomelas), der Bindenlangur (Presbytis femoralis), der Natuna-Langur (Presbytis natunae) und der Weißschenklige Langur (Presbytis siamensis) als Unterarten des Sumatra-Languren (Presbytis melalophos). Heute unterscheiden Primatologen vier Unterarten [3]:

  • Presbytis melalophos melalophos ist im Südwesten Sumatras vom Oberlauf des Flusses Rokan bis zum Oberlauf des Flusses Batang Hari und bis in die Provinz Lampung an der Südspitze Sumatras verbreitet.
  • Presbytis melalophos mitrata lebt im Südosten Sumatras. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich von der Provinz Lampung nördlich bis zur Mündung des Musi Flusses, westlich der Stadt Palembang und nach Norden bis zum Fluss Batang Hari.
  • Presbytis melalophos bicolor ist im Hochland West- und Zentral-Sumatras vom Mittel- und Unterlauf des Flusses Batang Hari bis zum Mittellauf des Flusses Inderagiri verbreitet.
  • Presbytis melalophos sumatrana lebt im westlichen Sumatra und auf der Insel Pini im Batu-Archipel. Sie sind im nördlichen Hochland und an der Westküste südlich des Flusses Simpang Kiri und nördlich des Vulkans Mount Talakmau sowie südöstlich des Flusses Rokan und an der Ostküste vom Fluss Wampu bis zum Fluss Barumun verbreitet.

Systematik


Literatur

[1] Aimi und Bakar, 1996; [2] Bennett und Davies, 1994; [3] Groves, 2001; [4] Johns, 1986; [5] Meijaard und Groves, 2004; [6] Newton und Dunbar, 1994; [7] Nijman, V. & Manullang, B. 2008. Presbytis melalophos. In: IUCN 2010. IUCN Red List of Threatened Species. Version 2010.2. <www.iucnredlist.org>. Downloaded on 21 July 2010; [8] Parker, 1990; [9] Richard, 1985; [10] Van Schaik et al., 1992

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