„Science“-Studie: Mechanismus zum Abbau von Chloroplasten-Proteinen geklärt



Bio-News vom 27.02.2019

Chloroplasten sind der Ort der Fotosynthese und zählen zu den Plastiden, von denen es viele Arten mit verschiedenen Funktionen gibt. Plastiden einer Art können sich in andere Arten differenzieren. Mit dem Kaiserslauterer Biologen Dr. Raphael Trösch haben Forscher aus Oxford erstmals gezeigt, wie bei Chloroplasten membrangebundene Rezeptoren abgebaut werden, die für die Aufnahme von Fotosynthese relevanten Proteinen verantwortlich sind. Die Menge der Rezeptoren könnte bei der Plastiden-Differenzierung eine Rolle spielen. Interessant sind die Ergebnisse etwa für die biotechnologische Produktion von Pigmenten in Plastiden. Die Studie ist in der Fachzeitschrift Science erschienen.

Plastiden sind kleine Zellorganellen, die ein eigenes Genom besitzen und sich durch eine eigene Membran vom Rest der Zelle abgrenzen. In Pflanzen erfüllen sie verschiedene Aufgaben: Chloroplasten betreiben etwa Fotosynthese und Amyloplasten speichern Stärke. Das Besondere: Plastiden können sich differenzieren. Sie besitzen eine hohe Plastizität. Daher auch ihr Name. „Eine Tomate ist zunächst grün, um Fotosynthese zu betreiben“, nennt Biologe Dr. Raphael Trösch von der Technischen Universität Kaiserslautern (TUK) als Beispiel. „Mit der Zeit wird sie rot und sammelt den Farbstoff Lycopin an. Die Chloroplasten wandeln sich zu Chromoplasten und haben eine neue Aufgabe übernommen.“

Damit Chloroplasten Fotosynthese betreiben können, brauchen sie viele verschiedene Proteine. Die meisten werden aber nicht im Zellorganell selbst gebildet, sondern im Zellplasma. „Um sie in den Chloroplasten zu transportieren, gibt es Transportproteine in der Chloroplastenmembran“, erläutert Trösch, der im Lehrgebiet Eukaryontengenetik forscht. „Diese binden an Rezeptoren, die entweder spezifisch Fotosynthese-Proteine erkennen oder an solche, die andere Proteine erkennen.“


Dr. Raphael Trösch untersucht den Abbau von bestimmten Rezeptoren in der Membran von Chloroplasten.

Publikation:


Qihua Ling, William Broad, Raphael Trösch, Mats Töpel, Tijen Demiral Sert, Panagiotis Lymperopoulos, Amy Baldwin, R. Paul Jarvis
Ubiquitin-dependent chloroplast-associated protein degradation in plants
Science

DOI: 10.1126/science.aav4467



Gemeinsam mit dem Team um die beiden Erstautoren der Studie, Qihua Ling und William Broad von der Universität in Oxford, hat Trösch bei Zellen der Acker-Schmalwand untersucht, wie der Abbau-Prozess von den Rezeptoren aussieht, die die Fotosynthese-Proteine erkennen. „Bei anderen zellulären Membranen gibt es bereits gut untersuchte Abbau-Mechanismen von Membranproteinen“, fährt der Forscher fort.

Erstmals haben die Wissenschaftler nun auch bei den Chloroplasten einen ähnlichen Mechanismus im Detail untersucht und die drei daran beteiligten Moleküle identifiziert. Dabei gestaltet sich der Abbau wie folgt: „Um den Rezeptor zu entfernen, muss er zunächst markiert werden. Im Anschluss ziehen spezifische Proteine unter Energieverbrauch den markierten Rezeptor durch einen Kanal, wonach er im Zellplasma dann abgebaut werden kann. Diese Proteine sind gewissermaßen Teil der Müllabfuhr der Zelle.“ Trösch vergleicht das zelluläre Abbausystem mit Forstarbeiten im Wald, bei denen ein Förster zunächst kranke oder marode Bäume mit einem „X“ kennzeichnet. Im Anschluss fällen die Waldarbeiter die markierten Bäume, ohne selbst zu wissen, warum diese entfernt werden müssen.

Den Mechanismus haben die Forscher „Chloroplast-associated protein degradation“ (CHLORAD, auf Deutsch: Chloroplasten-assoziierter Proteinabbau) genannt. Mit ihm kann eine Pflanzenzelle die Menge der spezifischen Rezeptoren steuern; und damit möglicherweise wie viele Fotosynthese-Proteine ein Chloroplast aufnimmt. Er könnte auch bei der Differenzierung eine tragende Rolle spielen, vermuten die Forscher. Seine genaue Aufgabe dabei müsste aber in weiteren Studien geklärt werden.

Interessant sind die Ergebnisse unter anderem für die Biotechnologie. Pflanzliche Farbstoffe aus den Chloroplasten kommen etwa in Kosmetika, als Sonnenschutz, Nahrungs- oder pharmazeutisches Mittel zum Einsatz. Die Erkenntnisse helfen, die Grundlagen der Plastiden-Differenzierung besser zu verstehen. Natürliche Farbstoffe ließen sich künftig vielleicht in größeren Mengen und einfacher in differenzierten Plastiden herstellen.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt

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