Vom Emmer zum Pastaweizen – Die Hartweizendomestizierung birgt Erkenntnisse für die Weizenzüchtung



Bio-News vom 09.04.2019

Der Anbau von Hartweizen (Triticum turgidum L. ssp. durum) ist eine Voraussetzung für die Produktion von „Pasta“, denn diese Getreideart liefert Körner mit ausreichend Kleberproteinen, welche für die Teigwarenherstellung essentiell sind. In einer von italienischen Wissenschaftlern geführten internationalen Kollaboration wurde nun das Genom der Hartweizen Sorte „Svevo“ vollständig sequenziert und assembliert.

Dabei führten Forscher des Leibniz- Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK), Gatersleben, die Genomassemblierung basierend auf der Methode der 3D-Capture Sequenzierung (Hi-C) durch. Durch die Sequenzierung konnte nun die Domestizierungsgeschichte des Hartweizens, welcher vom Wilden Emmer (Triticum turgidum ssp. dicoccoides) abstammt, entschlüsselt werden. Zusätzlich wird das neue Wissen zur Gewinnung von Erkenntnissen zu den genetischen Eigenschaften der Kulturpflanze verwendet. So wurde bereits durch den Vergleich der Genome der Emmer Akzession „Zavitan“ und der Hartweizen-Sorte „Svevo“ eine Mutation in der modernen Kulturart gefunden, welche zu einer unerwünschten Anreicherung von Cadmium im Weizenkorn führt. Dank dieser Entdeckung kann diese Eigenschaft nun aus modernen Sorten herausselektiert werden.

Zur Herstellung von Pasta wird Mehl mit einer hohen Klebrigkeit benötigt, welches durch Klebeproteine in den Getreidekörnern geliefert wird. Der tetraploide Hartweizen (Triticum turgidum L. ssp. durum), auch bekannt als Durumweizen, liefert Körner mit dem idealen Eiweißgehalt für die Herstellung leckerer Teigwaren und gilt somit neben dem hexaploiden Weich- oder Brotweizen (Triticum aestivum) als eine der wichtigsten Getreidearten.

Die ersten Nachweise des Hartweizens wurden auf vor ca. 6.500 – 7.500 Jahren datiert. Er gilt jedoch erst seit ca. 1.500 – 2.000 Jahren als wichtige Kulturpflanze. Dabei stammte der Hartweizen ursprünglich vom domestizierten Emmer (Triticum turgidum ssp. dicoccum) ab, welcher wiederum vermutlich vor ca. 10.000 Jahren ausgehend vom Wilden Emmer (Triticum turgidum ssp. dicoccoides) im nahöstlichen Fruchtbaren Halbmond domestiziert wurde. Kontinuierliche Selektion und Anpassung führten später zu den heutigen Kulturvarietäten des modernen Durumweizens, so dass Durumweizen als die Fortführung der von Menschen getriebenen Evolution von tetraploidem Weizen gilt.

In einer von Italienern geführten Zusammenarbeit internationaler Wissenschaftler ist nun das 10,45 Gigabasenpaare-große (Gbp) Genom der Durumweizen-Sorte „Svevo“ vollständig sequenziert und assembliert wurden. Zum Vergleich: das im letzten Jahr vollständig sequenzierte Genom unseres hexaploiden Brotweizens weist eine Größe von über 15 Gbp auf. Die Forscher Dr. Sara Milner, Dr. Axel Himmelbach, Dr. Martin Mascher und Dr. Nils Stein des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK), Gatersleben, waren in der aktuellen Publikation für die Feinarbeit bei der Genomassemblierung zuständig. Dafür verwendeten sie am Gaterslebener Institut die 3D-Chromosome Conformation Capture Sequenzierung Methode (kurz „Hi-C“). Bei dieser werden Genomabschnitte, die aufgrund ihrer dreidimensionalen Faltung im Zellkern beieinanderliegen, ermittelt und zugeordnet, so dass eine exakte Zuordnung der linearen Sequenz möglich wird.

Anschließend wurde eine generelle Analyse der genetischen Diversität und der Selektionssignaturen von 1856 Mustern der „Global tetraploid Wheat Collection“ durchgeführt und das assemblierte Genom der Sorte „Svevo“ im Detail mit dem Genom der Emmer Sorte „Zavitan“ verglichen. Letzteres diente dabei der Identifizierung von sogenannten „Quantitativen Trait Loci“ (QTL) – statistisch abgesicherte Bereiche im Genom, die für eine Merkmalsausprägung verantwortlich und ein erster Schritt für die Isolation der entsprechenden Zielgene sind. QTLs markieren somit die für die Züchtung vorteilhaften Allele in den unterschiedlichen Genomen einer Varietät (Population).

Dank des direkten Vergleichs des Durumweizens „Svevo“ mit dessen wilden Vorfahren entdeckten die Wissenschaftler außerdem eine Mutation auf dem Chromosom 5B. Diese Veränderung resultierte in zwei Versionen des Allels TdHMA3-B1. Das ursprüngliche Allel TdHMA3-B1a, welches im „Zavitan“ zu finden ist, kodiert einen Metall-Transporter, welcher Cadmium transportiert und für einen geringen Cadmium-Gehalt in den Körnern sorgt. Das mutierte Allel TdHMA3-B1b hingegen führt zum Defekt des Transporters, was einen unerwünscht höheren Gehalt des Schwermetalls im Korn der modernen Kulturart verursacht. Die Forscher zeigten, dass das „high Cadmium“ Allel in Durum-Kulturvarietäten weit verbreitet ist und vermehrt in einer Untergruppe aus der Türkei vorkommt, was vermuten lässt, dass dies der Herkunftsort dieser Mutation ist.

Dank der Entdeckung des „high Cadmium“ Allels kann die Eigenschaft, die sich versehentlich im Laufe der Domestizierung im modernen Durumweizen etabliert hat und zu einer erhöhten Anlagerung des Schwermetalls im Weizenkorn führt, aus neuen Sorten herausgezüchtet werden. Die Genomanalyse des modernen Durumweizens und dessen wilden Vorfahren ist somit eine Schlüsselstrategie zur Identifizierung von Allelen in Weizen, die, wie beispielsweise in diesem Falle, Toxizität reduzieren aber auch für Zuchtbemühungen, welche den Hartweizen widerstandsfähiger oder ertragsreicher machen.

Zusammenfassung

  • Hartweizen (Triticum turgidum L. ssp. durum) wird aufgrund seines hohen Eiweißgehaltes in Teigwaren wie Pasta verwendet. Er stammt ursprünglich vom Wilden Emmer (Triticum dicoccoides) ab, dessen Domestizierung über Emmer Weizen zur modernen Form des Hartweizens führte.
  • Internationale Kollaboration von Wissenschaftlern zur Sequenzierung und Untersuchung des Genoms des Hartweizens. Darunter Forscher des IPKs, welche unter Benutzung der 3D-Capture Sequenzierung (Hi-C) für die Assemblierung und Verankerung der Genome zuständig waren.
  • Aufzeigen der Veränderungen im Hartweizen Genom, die aufgrund von tausender Jahre empirischer Selektion und Züchtung stattgefunden haben.
  • U.a. wurde so eine Mutation im modernen Hartweizen identifiziert, welche zu einer unerwünschten Anreicherung von Cadmium im Weizenkorn führt.
  • Publikation in Nature Genetics


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt

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