Urbane Gärten: Wie Agrarschädlinge von Städten profitieren



Bio-News vom 12.12.2019

Nicht die absolute Fülle an Nahrung bietet Insekten beste Bedingungen, sondern dass in ihrem Flugradius übers Jahr gesehen durchgängig Nahrungsquellen vorhanden sind. Dann sind sie nämlich in der Lage eine große und beständige Population aufzubauen. Insekten, darunter Agrarschädlinge wie die Queensland-Fruchtfliege, profitieren daher von urbanen Gärten, die diese Bedingungen im Gegensatz zu ländlichen Gegenden eher erfüllen. Dies konnte Senckenberg-Wissenschaftler Dr. Florian Schwarzmüller in Zusammenarbeit mit australischen Kollegen anhand einer modellbasierten Studie zeigen. Die Ergebnisse wurden kürzlich im Fachjournal „Landscape Ecology“ veröffentlicht.

Die Queensland-Fruchtfliege (Bactorcera tryoni) ist einer der gefürchtetsten Schädlinge im australischen Obstanbau der jährlich bis zu drei Prozent der Ernte zum Opfer fallen. Anhand dieses Modellorganismus haben Wissenschaftler des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums und der australischen Forschungseinrichtung „Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation“ untersucht, in welchen Landschaften sich Insekten besonders gut vermehren und langfristig beständig sind. Dazu simulierte das Team, wie sich bestimmte Nahrungsquellen im Jahreslauf verändern und wie das die Anzahl und Entwicklung der Fruchtfliege beeinflusst.


Die Queensland-Fruchtfliege (Bactrocera tryoni) ist einer der gefürchtetsten Schädlinge im australischen Obstanbau.

Publikation:


Schwarzmueller, F., Schellhorn, N.A. & Parry, H.
Resource landscapes and movement strategy shape Queensland Fruit Fly population dynamics
Landscape Ecology

DOI: 10.1007/s10980-019-00910-y



„Die von uns untersuchten Agrarschädlinge profitieren eindeutig von Städten. Hier sind sie übers ganze Jahr in der Lage, Populationen aufzubauen und langfristig zu erhalten. Auf dem Land gibt es zwar ab und an besonders viele dieser Fruchtfliegen. Ihr massenhaftes Auftreten ist aber zeitlich und lokal eng begrenzt”, fasst Dr. Florian Schwarzmüller, Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum das Ergebnis der Studie zusammen. Parallel ausgewertete Daten aus Studien, in denen die Fruchtfliegen an verschiedenen Orten gefangen und gezählt wurden, untermauern den Befund.

Im Modell schlägt die Existenz und Kontinuität alternativer Nahrungsquellen und Eiablageplätzen bei weitem die Menge primärer Nahrungsquellen und Eiablageplätzen, wenn es um die Etablierung langfristiger und großer Insektenpopulationen geht. „Die Fruchtfliegen florieren in der Nähe von Städten wegen der vielfältigen Gärten und Anbaugebieten, die eng beieinander liegen. Auf dem Land sind die für den Obstanbau typischen Monokulturen zwar ein Füllhorn für Insekten, aber die Fülle ist meist auf eine Jahreszeit begrenzt. Die Fruchtfliegen können daher übers Jahr betrachtet keine beständige Population aufbauen. Ganz anders ist es in urbanen Räumen. Ist in einem Stadt-Garten die Zeit des Steinobstes vorbei, wartet im nächsten Garten vielleicht schon ein Zitrusbaum darauf, von Insekten erobert zu werden”, erklärt Schwarzmüller.

Dass gerade die in der Studie untersuchten Agrarschädlinge von Städten profitieren, ist den Autoren zufolge im Hinblick auf den Klimawandel brisant. Schwarzmüller dazu: „Durch den Klimawandel wird es in Städten noch wärmer. Es ist daher wahrscheinlich, dass die Stadt-Populationen der Insekten wachsen, weil die Reproduktionsraten vieler Insekten temperaturabhängig sind und Insekten in wärmeren Städten besser überwintern können. Zugleich hat man in Städten nur geringe Möglichkeiten die Anzahl von Schädlingen zu begrenzen und muss dafür ungleich mehr Menschen mobilisieren als in den Monokulturen im Obstanbau.“

Ein wenig aufatmen kann die Landwirtschaft dennoch: Dass urbane Räume Insekten wie die Queensland-Fruchtfliege begünstigen ist zunächst einmal für Obstplantagen im enger räumlicher Nähe ein Problem. Wie andere Studien festgestellt haben, sucht der Agrarschädling nämlich in maximal 500 Meter Entfernung nach der nächsten Fraßquelle.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Senckenberg Forschungsinstituts und Naturmuseen via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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