Neue Methode zur Entfernung von Öl aus Gewässern



Bio-News vom 03.02.2020

Öl stellt für Wasserlebewesen eine erhebliche Gefahr dar. Forscher der Universitäten Bonn und Aachen sowie der Heimbach-GmbH haben eine neue Methode entwickelt, solche Verunreinigungen zu beseitigen: Textilien mit speziellen Oberflächeneigenschaften schöpfen das Öl dabei passiv ab und transportieren es in einen schwimmenden Behälter. Als Vorbild dienten den Wissenschaftlern dabei Oberflächen aus dem Pflanzenreich. Die Studie ist nun in der Zeitschrift „Philosophical Transactions A“ erschienen.

Der Video-Clip ist ebenso kurz wie beeindruckend: Die 18-sekündige Sequenz zeigt eine Pipette, aus der dunkel gefärbtes Öl in ein Glas Wasser tropft. Dann hält ein Forscher ein grünes Blatt an den Fleck. Binnen weniger Augenblicke saugt es das Öl von der Wasseroberfläche, ohne auch nur einen winzigen Rest zurückzulassen.

Der Star des Films, das grüne Blättchen, stammt vom Schwimmfarn Salvinia. Für Wissenschaftler ist er aufgrund der besonderen Fähigkeiten seiner Blätter hochinteressant. Denn die sind extrem wasserscheu: Untergetaucht hüllen sie sich in einen Luftmantel und bleiben so vollkommen trocken. Forscher nennen dieses Verhalten „superhydrophob“, was sich mit „äußerst wasserabweisend“ übersetzen lässt.


Publikation:


W. Barthlott, M. Moosmann, I. Noll, M. Akdere, J. Wagner, N. Roling, L. Koepchen-Thomä, M.A.K. Azad, K. Klopp, T. Gries & M. Mail
Adsorption and superficial transport of oil on biological and bionic superhydrophobic surfaces: a novel technique for oil-water separation
Philosophical Transactions A.

DOI: 10.1098/rsta.2019.0447



Die Salvinia-Oberfläche liebt aber Öl – das ist gewissermaßen eine Kehrseite der Superhydrophobie. „Die Blättchen können daher auf ihrer Oberfläche einen Ölfilm transportieren“, erklärt Prof. Dr. Wilhelm Barthlott, Emeritus der Universität Bonn und ehemaliger Direktor des dortigen botanischen Gartens. „Und diese Eigenschaft konnten wir auch auf technisch herstellbare Oberflächen übertragen, etwa auf Textilien.“

Funktionstextilien als „Saugrüssel

Derartige superhydrophobe Stoffe lassen sich dann beispielsweise einsetzen, um Ölfilme effizient und ohne Einsatz von Chemie von Wasseroberflächen zu entfernen. Anders als andere Materialien, die zu diesem Zweck bislang genutzt werden, nehmen sie das Öl aber nicht in sich auf. „Stattdessen wandert es, einzig und allein getrieben von seinen Adhäsionskräften, auf der Oberfläche des Textils entlang“, erklärt Barthlott. „Im Labor haben wir derartige Stoff-Bänder beispielsweise über den Rand eines auf dem Wasser treibenden Behälters gehängt. In kurzer Zeit hatten sie das Öl nahezu komplett von der Wasseroberfläche entfernt und in den Behälter transportiert.“ Den Antrieb liefert dabei die Schwerkraft; der Boden des Behälters muss deshalb unterhalb der Wasseroberfläche mit dem Ölfilm liegen. „Das Öl wird dann vollständig abgeschöpft – wie mit einem automatischen Fettlöffel für die Fleischbrühe.“

Damit werden superhydrophobe Textilien auch für die Umwelttechnik interessant. Versprechen sie doch einen neuen Lösungsansatz für das drängende Umwelt-Problem zunehmender Ölverschmutzungen auf Gewässern. Auf dem Wasser schwimmende Ölfilme verhindern einerseits den Gasaustausch durch die Oberfläche. Andererseits sind sie für viele Pflanzen und Tiere bei Kontakt gefährlich. Da sich Ölfilme zudem schnell über große Oberflächen ausbreiten, können sie ganze Ökosysteme gefährden.

Reinigung ohne Chemie

Das neue Verfahren kommt ohne den Einsatz von Chemikalien aus. Von herkömmlichen Bindemitteln wird das Öl zudem einfach aufgesaugt und kann dann später meist nur noch verbrannt werden. Anders bei der Superhydrophobie-Methode: „Das in den schwimmenden Behälter abgeschöpfte Öl ist so sauber, dass es sich wiederverwenden lässt“, erklärt Prof. Barthlott.

Das Verfahren ist nicht für großflächige Ölkatastrophen wie nach einem Tankerunglück gedacht. Aber gerade kleine Verschmutzungen – etwa durch Motoröl von Autos oder Schiffen, Heizöl oder Leckagen – sind ein drängendes Problem. „Besonders in stehenden oder langsam fließenden Gewässern werden auch geringe Mengen zu einer Gefahr für das Ökosystem“, betont der Biologe. Dort sieht er denn auch das Haupteinsatzpotenzial der neuen Methode, die von der Universität Bonn zum Patent angemeldet wurde.

Im Prinzip zeigen viele Oberflächen superhydrophobes Verhalten, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Grundvoraussetzung ist zunächst einmal, dass das Material selbst wasserabweisend ist – zum Beispiel aufgrund einer Wachs-Beschichtung. Das allein reicht aber nicht aus: „Superhydrophobie basiert immer auch auf bestimmten Strukturen auf der Oberfläche wie etwa kleinen Haaren oder Warzen – oft in nanotechnologischer Dimension“, sagt der Botaniker der Universität Bonn. Auch ihm ist zu verdanken, dass die Wissenschaft inzwischen sehr viel mehr über diese Zusammenhänge weiß als noch vor einigen Jahrzehnten.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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