Schloss Schwetzingen


(Weitergeleitet von Tempel der Waldbotanik)
Schwetzinger Schloss (Blick vom Haupteingang)
Schwetzinger Schloss (Gartenseite)
Blühende Kirschbäume im alten Nutzgarten

Schloss Schwetzingen ist ein Schloss in Schwetzingen, welches vor allem den pfälzischen Kurfürsten Karl Philipp und Karl Theodor als Sommerresidenz diente. Bekannt ist in erster Linie der im 18. Jahrhundert angelegte Schlossgarten. Jährlich finden im Schloss die Schwetzinger Festspiele und alle zwei Jahre das Lichterfest statt.

Geschichte

Das Schwetzinger Schloss wurde im Jahr 1350 zum ersten Mal als Feste urkundlich erwähnt. Es handelte sich um ein mittelalterliches Wasserschloss. 1427 kam es in den Besitz des Kurfürsten Ludwig III. In der Folgezeit wurde es mehrfach umgebaut, diente als Jagdschloss und wurde gegen Ende des Dreißigjährigen Kriegs zerstört. Kurfürst Karl Ludwig ließ das Schwetzinger Schloss für seine Geliebte Luise von Degenfeld wieder aufbauen. Während eines Besuchs im August 1656 hatte er den Einwohnern von Schwetzingen bereits befohlen, sämtlichen Schutt wegzuräumen, wobei aufgelesene Trümmerteile wie Steine, Hölzer und „altes Eisenwerk“ bei den Untertanen zur eigenen Verwendung verbleiben durften. Im Pfälzischen Erbfolgekrieg wurde das Schloss erneut zerstört, die Grundmauern blieben allerdings stehen.

Seine heutige Form erhielt das Schloss auf Befehl des Kurfürsten Johann Wilhelm, der in Düsseldorf regierte. Dieser ließ unter Leitung des Grafen Matteo Alberti – der Erbauer des Schlosses Bensberg – von dem Heidelberger Baumeister Johann Adam Breunig umbauen und durch zwei Flügelbauten wesentlich vergrößern. Das Bauwerk wurde in mehreren Bauabschnitten ab dem Jahre 1697 errichtet und ausgebaut. Im Jahr 1752 wurde eine Gartenerweiterung auf dem damals rund 70 Hektar großen Areal vorgenommen. Im gleichen Jahr wurde auch das Schlosstheater eröffnet. Obwohl das Schloss seit der Verlegung der Residenz des Kurfürsten Karl Theodor von Mannheim nach München im Jahr 1778 kaum mehr benutzt wurde, wurde in der Folgezeit am Garten weiter gearbeitet.

Unter Karl Theodor war Schwetzingen Sommerresidenz: Die Hofhaltung wurde in den warmen Monaten von Schloss Mannheim nach Schloss Schwetzingen verlegt. Die Schlichtheit der Wohnungen des Kurfürstenpaares und eine größere Informalität der Umgangsformen waren Ausdruck eines vorgeblich einfacheren, unbeschwerten „Lebens auf dem Lande“.

An der künstlerischen Ausgestaltung von Schloss und Garten waren nahezu alle am Hof in Mannheim beschäftigten Künstler beteiligt. Dazu gehörten Alessandro Galli da Bibiena und Peter Anton von Verschaffelt. Der Lothringer Nicolas de Pigage war Intendant der Gärten und Wasserkünste sowie der bestimmende Architekt in der Karl-Theodor-Zeit. Pigage erweiterte den Garten in allen Stilwandlungen der Zeit. Der Zweibrücker Hofgärtner Johann Ludwig Petri plante das Hauptparterre und den Zirkel des französischen Gartens. Der erste Hofgärtner, van Wynder, wurde aus Kassel nach Schwetzingen berufen.

Der zweite Hofgärtner war Johann Wilhelm Sckell, ein Hauptmitarbeiter Pigages. Sein Sohn Friedrich Ludwig Sckell wurde 1804 nach München berufen, wo er den Englischen Garten anlegte. Der erste badische Gartenbaudirektor war Johann Michael Zeyher, der den Flieder in Schwetzingen einführte.

Schloss Schwetzingen zählt heute zu den landeseigenen Monumenten und wird von der Einrichtung Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg betreut. Der Garten ist gegen Eintritt öffentlich zugänglich, Schloss und Theater können im Rahmen von Führungen besichtigt werden.

Im Jahr 2007 wurde die Aufnahme von Schloss und Schlossgarten Schwetzingen in die UNESCO-Welterbe-Liste beantragt. Am 18. Juni 2009 wurde der Antrag aufgrund eines negativen Votums des ICOMOS wieder zurückgenommen und infolgedessen im Herbst überarbeitet. Im Januar 2010 wurde der Neuantrag eingereicht. Der als Entscheidungsgrundlage dienende Bewertungsbericht der ICOMOS vom Mai 2012 empfahl jedoch, die Anlage nicht aufzunehmen.[1]

Schloss

Eine Anfahrt aus Heidelberg liegt auf der geraden Verbindung vom Königstuhl nach Schwetzingen. Die Trasse ist von erhöhter Position aus in der Landschaft noch gut erkennbar, aber nicht durchgehend befahrbar. Vom Königstuhl aus gesehen läuft diese Linie hinter dem Schloss weiter auf die Kalmit zu.

Vom Schwetzinger Schlossplatz gelangt man in den Ehrenhof. In den beiden ehemaligen Wachhäuschen am Schlosstor befinden sich heute ein Museumsladen und ein Café. Der Hof wird links und rechts von symmetrischen Wirtschaftsgebäuden flankiert. In der Mitte, an der Westseite, befindet sich das Corps de Logis, der Wohnbau des Schlosses.

Innenräume

In einer langwierigen Restaurierung der Jahre 1975–1991 wurden die Innenräume des Schlosses wiederhergestellt und mit authentischen Möbeln des 18. Jahrhunderts eingerichtet. In der Beletage verdeutlichen im Rahmen eines Schlossmuseums die Gesellschaftsräume, die Wohnung des Kurfürsten und die Wohnung der Kurfürstin das Funktionsprofil des Schlosses in der Karl-Theodor-Zeit.

Von besonderem kunstgeschichtlichen Rang sind die Räume der in badischer Zeit ab 1803 umgestalteten Wohnung der Reichsgräfin Luise Karoline von Hochberg im zweiten Obergeschoss aufgrund der vorzüglich erhaltenen Handdrucktapeten (1804) der Firma Zuber et Cie in Rixheim (Compagniezimmer mit Alpenpanorama „Vues de Suisse“, Schlafzimmer, Grand Cabinet).

Zirkelbauten

nördlicher Zirkelbau
südlicher Zirkelbau

Die Zirkelbauten sind zwei eingeschossige, dank hoher Fenstertüren mit unmittelbarem Gartenzugang versehene Werksteinbauten, die sich seitlich an das Schloss zu einem Halbrund anschließen und das kreisrunde Gartenparterre gemeinsam mit dem Halbkreis der Wandelgänge aus Lattenwerk umfangen. Der nördliche Zirkelbau wurde in den Jahren 1748/1749 von Alessandro Galli da Bibiena erbaut, der südliche im Jahr 1753 von Franz Wilhelm Rabaliatti. Die Zirkelbauten wurden für die Hofgesellschaften (Speisetafel, Spiele und Konzerte, Bälle) genutzt. Solche zusätzlichen, repräsentativen Räumlichkeiten waren angesichts der beengten Verhältnisse im alten Wohnbau des Schlosses unverzichtbar. Heute werden die Zirkelbauten als Schlossrestaurant, Café und Theaterfoyer sowie für Konzerte und Ausstellungen genutzt.

Theater

Hauptartikel Schlosstheater Schwetzingen

Das kurfürstliche Hoftheater im frühklassizistischen Stil (oft fälschlich „Rokokotheater“ genannt) wurde am 15. Juni 1753 mit Oper Il figlio delle selve („Der Sohn der Wälder“) von Ignaz Holzbauer eröffnet. Hier wirkten Sänger, Instrumentalisten und Komponisten von internationalem Rang, darunter die Vertreter der Mannheimer Schule. Nachdem Karl Theodor seine Residenz nach München verlegt hatte, fanden nur noch gelegentliche Aufführungen in Schwetzingen statt, wenn der Kurfürst dort zu Besuch war. Auch in der badischen Zeit wurde das Theater nur selten benutzt. Es verfiel und konnte nicht mehr bespielt werden. 1936/37 und 2002/03 wurde das Theater völlig renoviert. Die Brüstungen der leicht ansteigenden Logenränge haben im Grundriss die Form einer Lyra. Die Pfeiler sind reich verziert und von Korbbögen überbrückt, die die Wirkung des Raumes vertiefen.

Nutzung durch Fachhochschule Schwetzingen

Im südlichen Flügel des Schlosses sind seit ihrer Gründung 1953 die Fachhochschule Schwetzingen - Hochschule für Rechtspflege bzw. deren Vorgängereinrichtungen untergebracht. Aufgrund umfangreicher Umbau- und Renovierungsarbeiten wurde der Studienbetrieb seit September 2009 in ein Ausweichquartier nach Mannheim-Wohlgelegen verlegt.

Garten

Parterre

Der Schwetzinger Schlossgarten gliedert sich in einen Französischen Garten und einen Englischen Garten. Bei der kunsthistorischen Interpretation des Gartens wird auch unterschieden zwischen dem „Garten der Allegorien“, also jener Gartenteil, in welchem ohne tiefere Bedeutung allegorische Figuren stehen, und dem „Garten der Vernunft“. Zum „Garten der Vernunft“ zählen Minervatempel, Merkurtempel, Moschee, Apollotempel, Tempel der Botanik, das römische Wasserkastell sowie das Arboretum, also jene Gartenteile, in denen im Sinne aufklärerischen Denkens die Vernunft gefeiert wird. Der Schwetzinger Schlossgarten war, mit Ausnahme des Bereiches um das Badhaus, bereits in kurfürstlicher Zeit für die gesamte Bevölkerung zugänglich, damals noch ohne Eintrittsgeld. Eine Parkordnung regelte das angemessene Verhalten der Besucher.

Französischer Garten

Fontäne in der Gartenmitte

Längs der Hauptachse des Gartens blickt man nach Osten auf den Königstuhl im Odenwald und nach Westen auf die Kalmit im Pfälzerwald.

Der Barockgarten ist nach französischer Art in strengen geometrischen Formen angelegt. Die wichtigsten Elemente sind die Hauptachse, die Querachse und das Kreisrund. Der vordere Gartenteil zeigt Parterres und Boskette. Auf der Schlossterrasse befinden sich Urnen, die die vier Weltzeitalter darstellen (goldenes, silbernes, ehernes und eisernes Zeitalter). Zudem befinden sich dort zwei vergoldene Atalanten, die noch aus dem Vorgängergarten stammen. Eine Besonderheit des französischen Gartens ist die kreisförmige Anlage der zentrale Teil rund um den Arionbrunnen, das sogenannte Kreisparterre.

Der zentrale Arionbrunnen von Guibal hat eine Begebenheit der antiken Mythologie zum Thema: Arion (Arion von Lesbos) ist ein berühmter Sänger. Nach einem Wettstreit reich beschenkt, wird er auf See von den Schiffsleuten bedrängt. Er bittet, ein letztes Mal singen zu dürfen. Bei seinem Gesang erscheinen Delfine. Der Sänger stürzt sich in die Fluten und ein Delfin bringt ihn an die Küste, so dass er seinen Weg nach Korinth fortsetzen kann. Das Sternbild Delphin wird in manchen Überlieferungen als der von den Göttern ans Firmament entrückte Arion auf dem Delfin gedeutet.

Abgeschlossen wird der französische Garten durch die Darstellung einer Hirschjagd von Verschaffelt. In unmittelbarer Nähe sind die vier Elemente in Skulpturen dargestellt.

Englischer Garten

Die westlichen und nordwestlichen Teile des Gartens wurden als englischer Landschaftsgarten gestaltet. Im Gegensatz zum französischen Garten sind hier die Wege und Uferlinien leicht geschwungen. Am unregelmäßigen Waldbereich wurde fast nichts verändert.

Arboretum

Ein Arboretum ist eine Sammlung oft exotischer Gehölze. Der Gartenbaumeister Zeyher legte diesen Garten im Jahr 1802 mit exotischen Bildern aus aller Welt an. Besonders kunstvoll ist das schmiedeeiserne, teilvergoldete Tor von Rabaliatti. Auf derselben Fläche befand sich vorher eine Fasanerie mit Tiergehegen.

See

See mit Schloss im Hintergrund
See im Winter

Schon beim Betreten des Schlossgartens sieht der Besucher auf den großen See, der den Garten abschließt. An der Stelle des Sees befand sich ursprünglich ein ummauertes Bassin, das auf Vorschlag Zeyhers im Jahr 1823 auf Befehl des Großherzogs Ludwig von Baden erweitert und in einen See mit natürlicher Uferausformung umgewandelt wurde. Zwei Skulpturen (Kopien) von Verschaffelt ruhen auf der dem Schloss zugewandten Längsseite beidseitig der Blickachse: die Flussgötter Rhein und Donau. Die Originale sind in der Orangerie zu besichtigen.

Der See und alle weiteren Gewässer werden seit Pigage von zwei Wasserwerken gefüllt, die den Leimbach als Antrieb für die Mühlräder der Pumpen nutzten. Dieser umschloss bereits die ursprüngliche Burganlage und fließt von Balzfeld im Kraichgau kommend in Richtung Rhein. Für die Fontänen wurde sauberes Grundwasser verwendet. Diese Pumpen befanden sich im nördlichen Schlossflügel (oberes Wasserwerk mit Hochbehälter im heutigen Finanzamt). Ein zweites Pumpwerk mit Hochbehälter, das einen gleichbleibenden Druck sicherstellte, war am Parkende hinter dem Aquädukt verborgen (unteres Wasserwerk).

Bauten

Im Schwetzinger Schlosspark befinden sich neben zahlreichen Statuen auch einige Bauwerke. Das Gebäudeprogramm zeigt einen philosophischen und architektonischen Bezug auf die klassische Antike und, im Falle des Moschee-Komplexes, auf den Islam und die orientalische Weisheitslehre. Neuere Forschungen wollen im Schwetzinger Garten ein freimaurerisches Programm erkennen, in dem christliche Vorstellungen eingebunden wären. Gartenbauten, Wegbeziehungen, Tore und Brücken sollten den Park nicht nur in Einzelräume unterteilen, sondern größer wirken lassen. Einen eigenen Komplex bietet das früher nur auf Einladung oder Befehl des Kurfürsten zugängliche Badhaus, ein kleines Lusthaus mit eigenem Garten und dem „Perspektiv“.

Nach Ansicht von Richard Benz führte das Erlebnis der „künstlichen Ruinen“ im Schwetzinger Schlosspark die Dichter des 18. Jahrhunderts zur Beschäftigung mit den echten Ruinen des Heidelberger Schlosses und damit zur im späten 18. Jahrhundert einsetzenden „Wiederentdeckung“ Heidelbergs.[2]

Merkurtempel

In den „Parties sauvages“, den südwestlichen landschaftlichen Partien des Schwetzinger Gartens wurde bereits 1784 ein „Monument“ gegenüber der Moschee geplant. 1787/88 entstand der Ruinenbau Pigages, der erstmals 1791 dem römischen Gott Merkur zugewiesen wird. Sein kellerartiger Unterbau aus großen Sandsteinblöcken erscheint als Rest eines älteren Vorgängers. Der dreigeschossige, turmartige Merkur-Tempel aus Tuffstein besitzt ein im Grundriss sechseckiges Hauptgeschoss, darüber ein Attikageschoss und eine abschließende Laterne. Auf Merkur verweisen Reliefs aus Stuckmarmor über den Eingängen der drei gleichartigen Fassaden.

Die Deutung der Parkruine ist kontrovers: Nach überkommener Lesart steht sie für die Überwindung von Geheimlehren durch die Vernunft. Diese Lesart verweist darauf, dass der Tempel die Form eines römischen Grabmals hat. Durch drei Reliefs, die ausschließlich negative Episoden aus dem Leben des Merkur zeigen, wird dieser mit dem antiken Hermes Trismegistos, einem Symbol für den Aberglauben, gleichgesetzt. Der Aberglaube ist also gewissermaßen in seinem eigenen Tempel begraben worden. In diesem Zusammenhang wird auch betont, dass man von der Moschee über einen Weiher auf den Merkurtempel blickt. Wenn man die Moschee als Symbol für die Weisheit versteht, bedeutet dies: Der Weise muss Tod und Aberglaube nicht fürchten. Eine neue freimaurerische Interpretation hingegen sieht verborgene Verweise auf den Salomonischen Tempel und seinen Architekten Hiram Abif.

Der Merkurtempel hat die Funktion eines Aussichtspunkts, das Obergeschoss gestattet einen Blick über den See und auf die Moschee. Derzeit (Sommer 2010) wird der Merkurtempel restauriert und ist deshalb nicht zugänglich.

Minervatempel

Minervatempel

Die römische Göttin Minerva ist mehrfach im Schlossgarten dargestellt. Symmetrisch zu dem Minerva-Tempel war als Gegenstück ein Tempel des Cupido geplant, der nicht zur Ausführung kam.

Der von Pigage entworfene Tempel war 1769 vollendet. Seine viersäulige Front korinthischer Säulenordnung ist durch ein antik-römisches Vorbild angeregt, den Eingangsbau zur Portikus der Octavia. Einmalig ist die Umkehrung des Verhältnisses von Säulenhalle und Cella: Die Tempelcella wird zu einer gegenüber der Natur geöffneten Raumhülle umgedeutet, innerhalb derer sich die Säulenstellung fortsetzt.

Minerva, Göttin der Weisheit, erscheint vor der Rückwand in einem umgearbeiteten Standbild von Grupello. Sie ist, auch nach Ausweis des Giebelfeldes, die Göttin der friedlichen Künste und Wissenschaften, insbesondere der Gartenkunst. Die mit Marmorbänken ausgestattete Cella dient Parkbesuchern als Ruheraum, kann aber auch als imaginärer Versammlungsort derjenigen, die Weisheit erlangt haben, verstanden werden.

Unterhalb des Tempels befindet sich ein rechteckiger Raum, mit Nischen und runden Fensteröffnungen. Dieser Raum ist von außen zugänglich und zeigt Merkmale eines geheimen Versammlungsortes. Er wird von Pan regiert, wie eine Maske über der Tür anzeigt. Der Minerva-Tempel, der sich über dieser irrationalen Sphäre erhebt, wird so ein aufklärerisches Monument der gestaltenden Vernunft und der menschlichen Zivilisationsleistung.

Apollotempel

Im Jahr 1762 plante man an dieser Stelle ein Belvedere. Nach dem Entwurf von Nicolas de Pigage entstand ein hoher, terrassierter Unterbau, auf dessen oberster Plattform sich ein Monopteros, ein Rundtempel mit zwölf Säulen ionischer Säulenordnung ohne Cella erhebt. Der Tempel ist dem griechischen Gott Apollo gewidmet. Die Statue des Apollo stammt von dem Bildhauer Anton von Verschaffelt. Sie zeigt den Gott beim linkshändigen Lyra-Spiel, was dem Künstler einigen Hohn eingebracht hat. In einem Briefwechsel zwischen Gleim, Wilhelm Heinse und Johannes von Müller heißt es, er stehe zwar »gar heilig« auf einer Anhöhe, »nur hat der linke Gott darin einen erbärmlichen Hintern«.

Der Apollo-Tempel krönt eine nach zwei Seiten gerichtete Anlage: Vom Eingang an der Westseite steigt der Besucher durch felsige, dunkle und verwirrende Korridore zur lichtumfluteten Plattform mit dem klassischen Monopteros empor. Aus der Sicht der Zuschauer im östlichen Heckentheater krönt der Tempel den Bühnenprospekt. Apoll erscheint als Gott der Künste und Führer der Musen auf dem Berg Helikon, wo der Hufschlag des Pegasus die Quelle Hippokrene, deren Wasser durch die Najaden über die Kaskade an die Menschen weitergegeben wird.

Tempel der Waldbotanik

Tempel der Waldbotanik

Der von Pigage entworfene Tempel der Waldbotanik – „Botanicae Silvestris“ – wurde schon 1777 geplant. Die Weiheinschrift nennt das Datum 1778, aber erst 1780 wurde der Bau fertig. Er bildet den Abschluss des „Arboretum Theodoricum“, der Baumsammlung im sogenannten Wiesentälchen. Der aufgesockelte, zylindrische Baukörper weist außen Rauputz nach Art von Eichenrinde auf. Eine Freitreppe, auf deren Wangen Sphingen wachen, führt zur Eingangstür. Innen vermittelt eine runde Öffnung von circa 20 cm Durchmesser in der Fußbodenmitte zu einem dunklen Gewölbe darunter. Das Bildprogramm handelt vom Wachsen, Reifen und Absterben der Natur. Vier große Relieffelder zeigen Symbole der vier Jahreszeiten in Verbindung mit einem antiken Dreifuß. Die Naturrhythmen werden mit der modernen Naturwissenschaft verknüpft: Bildnismedaillons der älteren Autoritäten Theophrastos von Eresos und Plinius stehen solche der modernen Naturforscher Joseph Pitton de Tournefort und Carl von Linné gegenüber. Linnés revolutionäres Buch über die Pflanzensystematik bildete das inzwischen verschwundene Attribut einer Statue der Göttin Ceres in der Mittelapsis.

Badhaus

Badhaus

Das von Pigage errichtete Badhaus ist ein kleines Lusthaus nach Art einer italienischen Villa. Während unter Karl Theodor der übrige Schlossgarten öffentlich zugänglich war, durfte der Badehaus-Bereich, zu dem ein eigener Garten gehört, nur auf Einladung oder mit Genehmigung des Kurfürsten betreten werden. Hier konnte Karl Theodor wie ein Privatmann leben und sich seinen musischen Neigungen hingeben. Vom Apollo-Bezirk her wird das Badhaus durch eine im Grundriss halbkreisförmige Exedra betreten, eine gleich gebildete liegt an der Rückseite. Durch beide Eingangsbereiche gelangt der Besucher in den Ovalsaal mit der Aurora als Deckengemälde und vier Horen als vergoldeten Plastiken, der das Zentrum des Schlösschens bildet. Vom Ovalsaal gehen nach Westen und nach Osten flurartige Vorzimmer mit fein eingelegtem Parkett aus drei Hölzern ab. Über sie gelangt der Besucher in das Schlafzimmer des Kurfürsten (Südwestseite, mit separater Toilette) und in den Baderaum (Nordwestseite) mit einem vertieften Marmorbecken (etwa 1‚2 m tief) mit zwei Sitzbänken in einer elliptischen Nische. Die Wasserleitungen sind als bekrönte Schlangen ausgearbeitet. An der Nordostseite liegt das Chinesische Zimmer mit chinesischen Papiertapeten, an der Südostseite das Schreibzimmer mit Landschaftsgemälden von Ferdinand Kobell.

In der beim Badhaus gelegenen Badhausküche befand sich der Kessel zum Erhitzen des Badewassers. Bemerkenswert ist, dass das Badhaus im Verhältnis zum Hauptschloss in der gleichen Position gelegen ist wie sein Vorbild, das Grand Trianon, im Schlosspark von Versailles.

Wasserspeiende Vögel

Eine Attraktion des Badhausgartens ist der Brunnen der wasserspeienden Vögel (alle aus Eisenblech gearbeitet). Im mittleren Bassin sitzt in Angriffshaltung mit gespreizten Flügeln ein Uhu, der in seinen Fängen einen von ihm geschlagenen Fasan hält. Oben auf der Einfassung aus Lattenwerk, das die Anlage umgibt, sitzen zwanzig andere Vögel, die den Uhu (mit Wasser) bespucken. Das Thema des Brunnens geht auf eine Fabel von Äsop zurück, die vom Zorn der guten Vögel über den bösen Uhu handelt. Die Schwetzinger Figuren stammen aus dem lothringischen Schloss La Malgrange des polnischen Exkönigs Stanislaus I. Leszczyński. Vier Volieren mit lebenden, zwitschernden Vögeln erhöhen die Illusion. Zu der Anlage zählen zwei weitere kleine Gebäude, die sogenannten Achathäuschen.

Perspektiv

Das Perspektiv, im Volksmund als „Ende der Welt“ bezeichnet, schließt die Hauptachse des Badhausgartens nach Norden hin ab. Es handelt sich um eine Treillage, an deren hinterem Ende eine Flusslandschaft zu erkennen ist. Es handelt sich dabei um eine durch geschickt genutzten Lichteinfall realistisch erscheinende Kopie eines Gemäldes von Ferdinand Kobell auf einer Mauer, das durch den zuführenden Gang und einen Architekturrahmen vor der Mauer eine starke Tiefenwirkung entfaltet.

Orangerie

Orangerie

Hauptartikel: Orangerie (Schwetzingen)

Ab dem 16. Jahrhundert kamen an den europäischen Fürstenhöfen Sammlungen von Orangen und anderen Zitrusbäumen in Mode. Diese überwinterten in abschlagbaren, nur für die kalte Jahreszeit um die Pflanzen herum errichteten Gebäuden. Im späten 17. und im 18. Jahrhundert wurden die Pflanzen in Pflanzkästen und Kübeln gehalten, die in einem festen Gebäude überwinterten und in den warmen Monaten in einem Orangerieparterre ins Freie gestellt wurden.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts konnte der Bedarf an Räumlichkeiten für höfische Festivitäten in Schwetzingen nicht annähernd gedeckt werden. Eine Orangerie mit großem Festsaal westlich des Schlosses sollte hier Abhilfe schaffen. So hatte es jedenfalls Kurfürst Karl Philipp entschieden, der 1716 die Nachfolge des überwiegend in Düsseldorf residierenden Kurfürsten Johann Wilhelm angetreten hatte.

Die unter Karl Theodor errichtete Schwetzinger Orangerie mit ihren Fassadenmalereien wurde von Nicolas de Pigage entworfen. Die Malereien täuschen Naturstein als Material vor, wo nur simple Backsteinmauern sind. Davor liegt das Orangerieparterre, das gegenüber den anderen Gartenbereichen zugunsten eines Binnenklimas abgesenkt und zur warmen Südseite ausgerichtet ist. An den Ecken des Parterres befinden sich Statuen von drei Jahreszeiten, die vierte fehlt. In der Mitte stehen die Orangen- und Zitronenbäume in Kübeln auf einer rechteckigen Insel.

Moschee

Hauptartikel: Moschee Schwetzingen

Im hinteren (südlichen) Bereich, dem Türkischen Garten, steht die Rote Moschee von Pigage, errichtet von 1778 bis 1785. Das Bauwerk hat keine liturgische Funktion, es handelt sich vielmehr um ein Gartenfolly mit ausschließlich ästhetischer Bedeutung. Die Schwetzinger Moschee ist der erste und größte Bau dieser Art in einem deutschen Park. Das Gebäude des späten Barock ist mit zahlreichen orientalischen Elementen versehen. Der Moscheehof wurde gelegentlich für Freilichtaufführungen von Opern genutzt. Die Moschee wurde im 20. Jahrhundert zeitweise von Muslimen genutzt.

Vor der Moschee befinden sich der ehemalige fürstliche Obstgarten, dahinter eine Baumschule und die Schlossgärtnerei.

Römische Wasserleitung

Römische Wasserleitung

Im Sommer 1779 wurde die am nördlichen Rand des Gartens gelegene künstliche Ruine nach Entwürfen von Nicolas de Pigage begonnen. Ein Torbau, auf dem noch ein Turmaufsatz erhalten scheint, erinnert an einen römischen Triumphbogen. In seiner mittleren Arkade rauscht ein Wasserfall. Von diesem Torbau greifen nach drei Seiten die Reste eines Aquäduktes aus, wobei der östliche Arm einen Freiplatz hinterfängt, auf dem sich ein Obelisk erhebt.

Pigage konnte auf eigene Antikenstudien während seiner Italienreise 1767/68 zurückgreifen. Die Verbindung von Torbogen und Aquädukt begegnet an der römischen Porta Maggiore und am Aquädukt der Acqua Vergine. Das Turmfreigeschoß könnte durch mittelalterliche Wehraufbauten auf römischen Brücken angeregt sein. Die Vorbilder finden sich in Veduten von Piranesi. Die Bezeichnung als Römisches Wasserkastell erscheint erst 1828.

Palladio-Brücke („Chinesische Brücke“)

Blick über die Chinesische Brücke, im Hintergrund der Merkurtempel

Die oft als „chinesisch“ bezeichnete Brücke im hinteren, nordwestlichen Bereich des Gartens verbindet den französischen mit dem englischen Gartenteil. Das Bauwerk geht tatsächlich auf einen Brückenentwurf des in Venetien tätigen Renaissance-Architekten Andrea Palladio zurück. Die Brücke hat den populären Beinamen „Lügenbrücke“, denn wer auf deren unregelmäßigen Stufen ins Straucheln kommt, soll schon einmal geschwindelt haben.

Berühmte Besucher des Schwetzinger Schlosses

Voltaire kam im Jahr 1753 zum ersten Mal nach Schwetzingen und war 14 Tage lang Gast des mit ihm befreundeten Kurfürsten. Im Sommer 1758 kam Voltaire erneut zu einem kurzen Aufenthalt nach Schwetzingen. Wolfgang Amadeus Mozart wirkte zusammen mit seinem Vater und seiner Schwester an einem Hofkonzert am 18. Juli 1763 mit. Der Komponist Christoph Willibald Ritter von Gluck war im Jahr 1774 Gast des Kurfürsten. Friedrich Schiller fand in Schwetzingen Anregungen zu den gegensätzlichen „Aranjuez-Stimmungen“ des ersten Aktes von Don Karlos. Der Schauspieler August Wilhelm Iffland schilderte in einem Brief vom 26. November 1779 eine Jagd bei Schwetzingen, die 50.000 Gulden gekostet hatte und bei der für 9.000 Menschen Zuschauergerüste aufgebaut waren. Kaiser Joseph II. hielt sich im Jahr 1781 unter dem Namen Graf von Falkenstein in Schwetzingen auf.

Siehe auch

  • Schloss Benrath – 1755 bis 1773 von Pigage im Auftrag von Kurfürst Karl Theodor erbaut am Übergang vom Rokoko zum Klassizismus. Der Garten ist eine geometrisch achsensymmetrische Barockanlage nach französischem Vorbild, der Privatgarten des Kurfürsten wurde im 19. Jahrhundert landschaftlich umgestaltet. Im Nebengebäude des Schlosses befindet sich das Museum für Europäische Gartenkunst.
  • Maulbeerbaumallee nach Heidelberg – im Zusammenhang mit der Seidenraupenzucht.

Literatur

  • Carl Ludwig Fuchs, Claus Reisinger: Schloss und Garten zu Schwetzingen. 2. Auflage. Wernersche Verlagsgesellschaft, Worms 2008, ISBN 978-3-88462-266-7
  • Volker Hannwacker: Friedrich Ludwig von Sckell. Der Begründer des Landschaftsgartens in Deutschland. Deutsche Verlagsanstalt: Stuttgart 1992, ISBN 3-421-03012-X, S. 11–21.
  • Ralf R. Wagner: In seinem Paradiese Schwetzingen ... Das Badhaus des Kurfürsten Carl Theodor von der Pfalz. Hrsg. von Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg. Verlag Regionalkultur, 2009, 302 S. ISBN 978-3-89735-587-3.
  • Wegweiser durch den Schwetzinger Garten. Mit zwölf Ansichten von Conrad Caspar Rordorf. Engelmann, Heidelberg 1830 (Digitalisat)
  • Karl Wörn: Schwetzingen Lebendige Stadt. 3. Auflage. K. F. Schimper-Verlag, Schwetzingen 1980.
  • Oswald Zenker: Schwetzinger Schlossgarten. Ein Führer durch das Französische Gartenparterre und den Englischen Landschaftsgarten, mit Informationen über Schloss und Rokokotheater sowie Sehenswürdigkeiten der Umgebung. K. F. Schimper-Verlag, Schwetzingen 2002, ISBN 3-87742-170-9

Einzelnachweise

  1. ICOMOS Evaluations of Nominations of Cultural and Mixed Properties
  2. Richard Benz: Heidelberg. Schicksal und Geist, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen, 2. Auflage 1975, ISBN 3-7995-4008-3, Seite 296

Weblinks

Commons: Schloss Schwetzingen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 49° 23′ 2″ N, 8° 34′ 11″ O

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