Mechlorethamin

Strukturformel
Struktur von Mechlorethamin
Allgemeines
Freiname Mechlorethamin
Andere Namen
  • N,N-bis-(2-Chlorethyl)-N-methylamin
  • Chlormethin
  • Stickstofflost
  • N-Lost
  • HN2
Summenformel C5H11Cl2N
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
  • 51-75-2
  • 55-86-7 (Hydrochlorid)
PubChem 4033
DrugBank APRD00249
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Arzneistoffangaben
ATC-Code

L01AA05

Wirkstoffklasse

Alkylantien

Eigenschaften
Molare Masse 156,05 g·mol−1
Dichte

1,12 g·cm−3 (bei 25 °C)[1]

Schmelzpunkt

−60 °C[1]

Siedepunkt

87 °C (bei 24 hPa[1]

Dampfdruck

0,39 hPa (bei 20 °C)[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [2]

Gefahr

H- und P-Sätze H: 300​‐​314​‐​317​‐​334​‐​350
P: 201​‐​261​‐​264​‐​280​‐​301+310​‐​305+351+338 [2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Mechlorethamin (Stickstoff-Lost) ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Alkylantien, welcher als Zytostatikum zur Therapie von Morbus Hodgkin eingesetzt wird (Handelsnamen Mustargen®, USA, CH).

Klinische Angaben

Anwendungsgebiete (Indikationen)

Mechlorethamin wird angewendet zur palliativen Therapie bei generalisiertem Morbus Hodgkin. Ebenfalls kann es beim Bronchialkarzinom, generalisiertem Lymphosarkom und lokal bei Mycosis fungoides[3] angewendet werden. Bei Mycosis fungoides kann die Applikation als Salbe das Auftreten von allergischen Reaktionen vermindern[4]. Es zeigte in Studien beim Plattenepithelkarzinom der Lunge gegenüber anderen Alkylantien Vorteile in der Überlebensrate der Patienten.

Bei chronischen Leukämien und ebenfalls bei akuten Leukämien ist es nicht die Therapie der Wahl. Auf Notfallsituationen sollte es beschränkt bleiben, wenn es notwendig ist, eine rasche Verminderung einer bedrohlich hohen Leukozytenzahl zu erreichen.

Kontraindikationen

Bei Patienten bei, durch Knochenmarkbefalls hervorgerufene Thrombozytopenie, Leukopenie und Anämie sollte der Einsatz unter Einbeziehung des Risikos der Verstärkung dieser Blutbildungstörungen abgewägt werden. Beim vorliegen von Infektionskrankheiten, ist die Anwendung von Mechlorethamin kontraindiziert.

Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten

Eine Impfung mit Lebendvirus-Impfstoffe nur nach Abklärung des hämatologischen Status da Mechlorethamin einen Immunsupprimierden Effekt aufweist.

Anwendung während Schwangerschaft und Stillzeit

Stickstoff-Lost-Derivate können fetale Missbildungen verursachen, besonders in der Frühschwangerschaft. Daher ist bei der Verabreichung an Frauen das voraussichtliche Risiko abzuwägen. Bei schwangeren Patientinnen, sollte bis zum dritten Trimenon die Anwendung vermieden werden.

Unerwünschte Wirkungen

Übelkeit, Erbrechen und Auswirkungen auf das blutbildende System können zur Dosislimitierung zwingen. Haarausfall und Schwerhörigkeit können auftreten. Ebenfalls sind Appetitlosigkeit, Schwäche und Diarrhoe bei der Therapie mit Mechlorethamin beschrieben.

Studien berichten über eine immunsuppressive Wirkung von Mechlorethamin. Nachgewiesen ist ein hemmender Effekt von Mechlorethamin auf dem Metabolismus von Lymphozyten.[5][6] Der Einsatz des Mechlorethamin kann Patienten für bakterielle, virale oder Pilzinfekte prädisponieren.
In vitro zeigte Mechlorethamin toxische Effekte auf Zellen des Respirationstraktes bei Säugetieren.[7] Ein Teil von Patientinnen die gegen Morbus Hodgkin nach dem MOPP-Schema (Mechlorethamin, Vincristin, Procarbazin, Prednison) behandelt wurden, entwickelten eine sekundäre Amenorrhoe.[8]

Pharmakologische Eigenschaften

Pharmakodynamik

Die zytotoxische Wirkung des Mechlorethamin beruht als biologischer alkylierender Wirkstoff auf Einzel- und Doppelstrangbrüchen in der DNA von rasch proliferierenden Zellen.

Pharmakokinetik

Nach intravenöser Gabe wird es schnell in ein reaktiven Metaboliten umgewandelt. Die Ausscheidung erfolgt renal.

Sonstige Informationen

Geschichtliches

Bereits während des Zweiten Weltkrieges konnten Gilman, Goodman und Dougherty den Nachweis der Induktion von Remissionen, auf das transplantierte Lymphosarkom der Maus, durch Lost erbringen. Da Lost während des Ersten Weltkrieges als Giftgas eingesetzt wurde, mussten sie ihre Entdeckung zunächst geheim halten.

Siehe auch

Literatur

  • Apisarnthanarax et al. Treatment of cutaneous T cell lymphoma: current status and future directions. Am. J. Clin. Dermatol. 2002 PMID 11978140

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Eintrag zu N-Methylbis(2-chlorethyl)amin in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich)
  2. 2,0 2,1 Datenblatt Mechlorethamine hydrochloride bei Sigma-Aldrich (PDF).Vorlage:Sigma-Aldrich/Abruf nicht angegeben
  3. Hultgren et al. Topical nitrogen mustard for the treatment of granulomatous slack skin. Am J Clin Dermatol. 2007 PMID 17298108
  4. Kim YH. Management with topical nitrogen mustard in mycosis fungoides. Dermatol Ther. 2003 PMID 14686971
  5. Kenar et al. Effect of nitrogen mustard, a vesicant agent, on lymphocyte energy metabolism. Clin Chem Lab Med. 2006 PMID 17032138
  6. Purzyc et al. The influence of mechlorethamine on the activity of ecto-ATPase of rat lymphocytes. Ann Pharm Fr. 2001 PMID 11223577
  7. Giuliani et al. Toxic effects of mechlorethamine on mammalian respiratory mucociliary epithelium in primary culture. Cell Biol Toxicol. 1994 PMID 7895152
  8. Schilsky et al. Long-term follow up of ovarian function in women treated with MOPP chemotherapy for Hodgkin's disease. Am J Med, 1981 PMID 7282743

Weblinks

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