Der Nördliche Spinnenaffe (Brachyteles hypoxanthus) gehört zu den größten Primaten aus der Gruppe der Neuweltaffen (Platyrrhini). In den späten 1980er Jahren wurde die Gattung Brachyteles in zwei Arten aufgeteilt: den nördlichen (Brachyteles hypoxanthus) und den südlichen Spinnenaffen (Brachyteles arachnoides) [3]. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden besteht darin, dass bei den nördlichen Spinnenaffen ein kleiner Daumen vorhanden ist. Sonst aber sind sie fast identisch. Murikis, wie Spinnenaffen auch genannt werden, haben lange Beine und einen langen Greifschwanz, so dass sie sich besonders agil in den Bäumen fortbewegen können [4]. Das dicke Fell ist grau-braun gefärbt wobei Männchen manchmal eine gelbe Färbung haben [4] [5].


Lebensraum

Nördliche Spinnenaffen (Brachyteles hypoxanthus) sind endemisch in den atlantischen Regenwaldregionen des östlichen Brasiliens in den Bundesstaaten Minas Gerais, Espirito Santo, Rio de Janeiro und, zumindest früher, Bahia. Der Südliche Spinnenaffe (Brachyteles arachnoides) ist in den Bundesstaaten São Paulo und Parana [6] verbreitet.

Der Lebensraum der Nördlichen Spinnenaffen ist subtropischer, tropischer, feuchter Tiefland-Regenwald in Höhenlagen von Meeresspiegelniveau bis hinauf auf 1000 Meter [5].


Gruppenleben

Nördliche Spinnenaffen (Brachyteles hypoxanthus) sind baumlebende, tagaktive Primaten [6], die in Gruppen zwischen 8 bis 80 Affen leben und die aus mehreren Männchen und Weibchen bestehen (multimale-multifemale) [4]. Nördliche Spinnenaffen sind nicht territorial; es gibt wenig Aggressionen zwischen den Mitgliedern und verwandte Männchen kooperieren oft miteinander [4]. Gegenseitige Fellpflege (Grooming) unter den Gruppenmitgliedern scheint selten praktiziert zu werden, jedoch umarmen sich die Tiere oft, was als Festigung der sozialen Bindungen fungieren könnte [4]. In der Trockenzeit gebären Weibchen ein einzelnes Junges, Geburten finden zwischen Mai und September statt [6]. Männchen bleiben mit ihrer Geburtsgruppe, während sich die weiblichen Nachkommen bei Erreichen der Geschlechtsreife im Alter von 5 - 7 Jahren anderen Gruppen anschließen [6].


Ernährung

Junge Blätter und Früchte machen einen großen Teil der Ernährung bei Spinnenaffen aus. Oft hängen sie mit ihrem Greifschwanz im Geäst, um bei der Nahrungsaufnahme Hände und Füße frei zu haben [4]. Während der Regenzeit erweitern Spinnenaffen ihren Speiseplan um Samen, Rinden, Blüten und einige Insekten [6].


Schutz

Nördlicher Spinnenaffe (Brachyteles hypoxanthux)
Reserva Particular do Património Natural Feliciano Miguel Abdala

Der nördliche Spinnenaffe war in der Mata Atlântica einst weit verbreitet, aber heute gibt es nur noch eine Handvoll von Populationen in Naturschutzgebieten wie Rio Doce State Park, Caparaó Nationalpark Serra do Brigadeiro State Park, und Augusto Ruschi Biological Reserve [1] [3]. Die Gesamtpopulation ist bekanntlich sehr klein, nur 300 bis 400 Affen insgesamt gibt es noch. Die größte Population umfasst nur 157 Affen, was das Forpflanzungspotential erheblich einschränkt [1]. Nördliche Spinnenaffen sind hauptsächlich durch die Zerstörung ihres Lebensraums bedroht, wie es derzeit in einer der am dichtesten besiedelten Region Brasiliens der Fall ist [3]. Riesige Waldflächen sind verloren gegangen und die verbleibenden gesunden Wälder sind zersplittert und laufen Gefahr, ebenfalls zerstört zu werden. Darüber hinaus wurden diese großen Primaten als eine wichtige Nahrungsquelle der Menschen in der Region stark bejagt [3].

Die Spinnenaffen sind für Naturschutzorganisationen zu einer Art Aushängeschild für die Erhaltung der empfindlichen atlantischen Regenwälder Brasiliens geworden [7]. Es gibt jedoch immer noch sehr wenig Informationen über diese vom Aussterben bedrohten Primaten, so fehlen Daten über die Verteilung der Populationen und deren Status, die dringend erforderlich sind. Das Muriqui-Programm hat die Populationen in der Serra dos Organos National Park erforscht und die Möglichkeit der Wiederauswilderung untersucht. Darüber hinaus wurde ein fortlaufendes Weiterbildungsprogramm eingerichtet [8].

Die Art wird auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) als Critically Endangered eingestuft (vom Aussterben bedroht) und in Anlage I des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES) geführt (3).


Systematik


Literatur

[1] IUCN Red List (December, 2003); [2] CITES (December, 2003); [3] Mittermeier, R.A., Myers, N. and Mittermeier, C., 1999; [4] Primate Info Net (December, 2003); [5] Macdonald, D. (2001) The New Encyclopedia of Mammals. Oxford University Press, Oxford; [6] Animal Info (December, 2003); [7] Conservation Breeding Specialist Group (December, 2003) https://www.cbsg.org; [8] Programme Muriqui (December, 2003) https://www.programamuriqui.org.br/index2.htm; [8] Rowe, 1996.

Die News der letzten 7 Tage

18.09.2023
Mikrobiologie | Taxonomie
Darmmikrobe produziert stinkendes Giftgas, schützt aber vor Krankheitserregern
Taurin abbauende Bakterien beeinflussen das Darmmikrobiom, so ein internationales Team von Wissenschafter*innen unter der Leitung des Mikrobiologen Alexander Loy von der Universität Wien.
17.09.2023
Insektenkunde | Ökologie
Dieselabgase schädigen Insekten: erstmals Auswirkungen auf Hummeln erforscht
Der Rückgang der Insekten bedroht weltweit viele Ökosysteme - Während die Auswirkungen von Pestiziden gut erforscht sind, fehlte es bisher an Erkenntnissen über die Folgen anderer anthropogener Schadstoffe.
17.09.2023
Mikrobiologie | Toxikologie
Wie man Giftschlangen auf den Zahn fühlt
Nicht nur in den Tropen führen Schlangenbisse zu gefährlichen Vergiftungen – auch Bisse europäischer Giftschlangen können ernste körperliche Beschwerden hervorrufen.
16.09.2023
Evolution | Paläontologie
Langzeitseen als Motor für die Evolution von Süßwasserschnecken
In Millionen Jahre existierenden Langzeitseen entwickelten Süßwasserschnecken im Laufe der Erdgeschichte eine besonders große Vielfalt an Arten.
13.09.2023
Biodiversität | Ökologie
Neue Bienenart aus dem Osten in Regensburg aufgetaucht
Neben der allseits bekannten Honigbiene sind aus Deutschland nach neuestem Stand 604 Wildbienenarten bekannt.
12.09.2023
Biochemie | Entwicklungsbiologie | Physiologie
Neues zur Bildung von Wurzelhaaren
Wurzelhaare sind ein wichtiger Bestandteil der Wurzeloberfläche, über die Pflanzen Nährstoffe aufnehmen: Bekannt ist, dass es bei einem leichten Stickstoffmangel zu einer Verlängerung der Haupt- und Seitenwurzeln kommt.
11.09.2023
Fischkunde | Physiologie
Große Fische werden kleiner und kleine Fische immer zahlreicher
Organismen werden im Laufe der Zeit weltweit immer kleiner – das liegt zum einen am Austausch der Arten untereinander und zum anderen an Veränderungen innerhalb der Arten selbst.
08.09.2023
Klimawandel | Paläontologie
Als üppige Laubwälder die Arktis bedeckten
Forschungsteam der Universität Tübingen untersucht das Pflanzenwachstum im nördlichen Polargebiet vor rund 50 Millionen Jahren – Paläoklima mit Parallelen zur aktuellen globalen Erwärmung.
07.09.2023
Fischkunde | Land-, Forst-, Fisch- und Viehwirtschaft | Meeresbiologie
Fast zwei Drittel aller Korallenriffe werden überfischt
Ein internationales Team von Forschenden hat mit einem umfangreichen Datensatz aus über 2000 Korallenriff-Standorten ermittelt, wie es um die Fischbestände und Vielfalt der Fischarten in den Riffen der Weltmeere bestellt ist.
06.09.2023
Land-, Forst-, Fisch- und Viehwirtschaft | Ökologie
Ackerbau-Studie zu Zwischenfrucht-Mischungen mit unerwartetem Ergebnis
Nach der Ernte im Herbst werden meist sogenannte Zwischenfrüchte angebaut, denn diese verhindern die Erosion und die Auswaschung von Nährstoffen.
06.09.2023
Neobiota | Ökologie
Invasive Arten: Globale Bedrohung für Natur, Wirtschaft, Ernährungssicherheit und menschliche Gesundheit
Neuer IPBES-Bericht liefert Belege, Instrumente und Optionen für den Umgang mit gebietsfremden Arten.
05.09.2023
Biodiversität | Ökologie
Die meisten Arten sind selten - Aber nicht sehr selten
Über 100 Jahre Naturbeobachtungen haben ein potenziell universelles Muster der Artenhäufigkeit enthüllt: Die meisten Tier- und Pflanzenarten sind selten, aber nicht sehr selten, und nur wenige Arten sind sehr häufig.
05.09.2023
Biodiversität
Grünflächen in Deutschland könnten deutlich größeren Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt leisten
Auf privaten und öffentlichen Grünflächen in Deutschland könnten rund 40 Prozent der rückläufigen und gefährdeten heimischen Pflanzenarten gepflanzt werden und seien damit für Conservation Gardening geeignet.
04.09.2023
Insektenkunde | Land-, Forst-, Fisch- und Viehwirtschaft
Mischfruchtanbau bietet Insektenschutz ohne Ertragsverluste
Wie können wir den drastischen Rückgang der Artenvielfalt stoppen?
02.09.2023
Biodiversität | Ökologie
Oasen sind Hotspots biologischer und kultureller Diversität
Ein Forschungsteam aus Frankfurt hat den Zusammenhang von kultureller und biologischer Vielfalt für ausgewählte Oasen der Sahara untersucht.
01.09.2023
Evolution | Mikrobiologie
Runzlige, schrumpelige Bakterien sind am besten an ihren Wirtsorganismus angepasst
Kieler Forschungsteam untersucht den Ursprung des symbiotischen Zusammenlebens und ermittelt, wie Bakterien evolvieren, um eine enge Verbindung mit einem Wirtsorganismus einzugehen.
01.09.2023
Mykologie | Ökologie
Rote Liste: phytoparasitische Kleinpilze stark gefährdet
Deutschland ist weltweit das erste Land, für das jetzt eine Rote Liste der auf lebenden Pflanzen wachsenden Kleinpilze – der phytoparasitischen Kleinpilze – vorliegt.