Zwerge und Riesen auf Inseln sterben besonders leicht aus



Bio-News vom 09.03.2023

Inseln sind Lebensraum für viele Tierarten mit einzigartigen Eigenschaften, darunter sogenannte Zwerge, die im Vergleich zu ihren Verwandten auf dem Festland eine sehr geringe Größe erreichen, sowie Riesen, die wiederum vergleichsweise groß werden. Forschende fanden nun heraus, dass Arten, deren Körpergröße sich besonders stark von der ihrer Festlandsverwandten unterscheidet, mit größerer Wahrscheinlichkeit aussterben. Ihre Studie, die im Fachmagazin Science veröffentlicht wurde, zeigt außerdem, dass die Aussterberate von Säugetieren auf Inseln weltweit durch die Ankunft des Menschen deutlich angestiegen ist.

Inseln sind Hotspots der Biodiversität. Sie machen zwar weniger als 7 Prozent der Landmasse auf der Erde aus, beherbergen jedoch bis zu 20 Prozent der an Land lebendenden Arten. Doch sie sind auch Hotspots des Artensterbens. Die Hälfte der heute auf der Roten Liste eingetragenen bedrohten Arten sind auf Inseln heimisch.


Illustration von Sardischem Zwergmammut, Sardischem Riesenotter, Hirsch, Sardischem Rothund und Riesenpika

Publikation:


Roberto Rozzi, Mark V. Lomolino, Alexandra A. E. van der Geer, Daniele Silvestro, S. Kathleen Lyons, Pere Bover, Josep A. Alcover, Ana Benítez-López, Cheng-Hsiu Tsai, Masaki Fujita, Mugino O. Kubo, Janine Ochoa, Matthew E. Scarborough, Samuel T. Turvey, Alexander Zizka, Jonathan M. Chase
Dwarfism and gigantism drive human-mediated extinctions on islands
Science (2023)

DOI: 10.1126/science.add8606



Als Reaktion auf die einzigartigen Lebensbedingungen auf Inseln durchlaufen viele Lebewesen bemerkenswerte evolutionäre Veränderungen, wobei eine der auffälligsten und extremsten die Körpergröße betrifft. Dieses Phänomen wird als Zwergwuchs oder Gigantismus bezeichnet. Im Allgemeinen fallen Arten, die auf dem Festland große Körpergrößen entwickelt haben, auf Inseln eher kleiner aus und anders herum. Dazu gehören bereits ausgestorbene Arten wie das Zwergmammut oder Flusspferde, die gerade einmal ein Zehntel der Größe ihrer Festlandsvorfahren erreichten. Ebenso gab es Nagetiere, die über Hundertmal größer wurden.


Kalibasib, der weltweit letzte Tamarau in Gefangenschaft, starb 2020.

Unter den heute noch lebenden Vertretern finden sich viele vom Aussterben bedrohte Arten wie der Tamarau (Bubalus mindorensis), ein auf der Insel Mindoro heimischer Zwergbüffel mit einer Schulterhöhe von gerade einmal einem Meter, sowie die riesige Jamaika-Ferkelratte (Geocapromys brownie), die die Größe eines Kaninchens erreicht.

Ein Forschungsteam unter Leitung des Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) konnte nun bestätigen, dass die Entwicklung hin zum Zwergwuchs oder Gigantismus oftmals einhergeht mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für das Aussterben. „Die sogenannten Riesen versprechen zum einen als Beutetiere von Jägern potentiell einen größeren Ertrag“, erklärt Erstautor Dr. Roberto Rozzi, ehemals Wissenschaftler bei iDiv’s Synthesezentrum sDiv und am Museum für Naturkunde in Berlin, heute als Kustode für die Geowissenschaftliche Sammlung am Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen der MLU tätig. „Zwergarten sind auf der anderen Seite weniger abschreckend und daher attraktiv auch für neu eingeführte Räuber.“



Höheres Aussterberisiko für extreme Zwerge und Riesen

Um zu belegen, wie sich Zwergwuchs oder Gigantismus auf das Risiko auszusterben auswirken (sowohl vor als auch nach der Ankunft des Menschen), griffen die Forschenden auf Daten von 1,200 noch lebenden und 350 bereits ausgestorbenen Säugetierarten von insgesamt 182 Inseln und ehemaligen Inseln (die einst abgeschnitten waren, heute aber zum Festland gehören) auf der ganzen Welt zu.

So kamen sie zu einem ganz neuen Ergebnis: Arten, deren Körpergröße sich besonders extrem von der ihrer Festlandsverwandten unterscheidet, sind auf Inseln mit höherer Wahrscheinlichkeit vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben. Ein Vergleich zwischen den beiden Extremen – Zwerg oder Riese – zeigte ein etwas höheres Aussterberisiko für Riesenarten auf Inseln. Wurden bereits ausgestorbene Arten jedoch nicht berücksichtigt, war kein Unterschied zu den Zwergarten mehr erkennbar.

Seit der europäischen Expansion auf der ganzen Welt im 15. und 16. Jahrhundert sind Zwerg- und Riesensäugetiere gleichermaßen vom Aussterben betroffen. „Darin zeigen sich vermutlich die Auswirkungen zunehmender vielseitiger menschlicher Einflüsse, wie etwa Übernutzung und der Verlust von Lebensraum, aber auch die Verbreitung neuartiger Krankheiten und invasiver Raubtiere“, sagt Rozzi.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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