Studie zur Funktionsweise aquatischer Ökosysteme



Bio-News vom 07.05.2021

Die Funktionen wassergeprägter Ökosysteme können durch hydrologische Schwankungen erheblich beeinflusst und verändert werden. Von entscheidender Bedeutung sind dabei die variierenden Zustände redoxaktiver Substanzen. Dies haben Forscherinnen und Forscher der Universität Bayreuth in Kooperation mit Partnern an den Universitäten Tübingen und Bristol sowie am Umweltforschungszentrum Halle-Leipzig herausgefunden. In der Zeitschrift „Nature Geoscience“ stellen sie ihre Entdeckung vor. Die neue Studie ermöglicht ein genaueres Verständnis biogeochemischer Prozesse, die zum Abbau von Schadstoffen und zur Verringerung von Treibhausgas-Emissionen beitragen.

Die Entstehung von Treibhausgasen zu verringern, Kohlenstoff zu speichern, Umweltschadstoffe wie Nitrat zu beseitigen und qualitativ hochwertiges Trinkwasser zu liefern – dies sind wichtige Dienstleistungen von Ökosystemen, die vom Wasser geprägt sind, wie beispielsweise Seen, Bäche, Sumpf- und Moorlandschaften. Die Funktionen solcher aquatischer Ökosysteme sind eng mit den Kreisläufen von Sauerstoff, Stickstoff, Kohlenstoff und anderen Elementen in der Natur verknüpft. Seit langem ist bekannt, dass es sich bei den Elementkreisläufen um vernetzte biogeochemische Vorgänge handelt, die von hydrologischen Schwankungen erheblich beeinflusst werden können. Beispiele hierfür sind Schwankungen des Wasserspiegels in Feuchtgebieten, Mooren und im Grundwasser oder veränderte Strömungsrichtungen des Grundwassers.

Dem von Prof: Dr. Stefan Peiffer an der Universität Bayreuth geleiteten Forschungsteam ist es nun gelungen, die Abhängigkeit der Elementkreisläufe von hydrologischen Fluktuationen genauer zu verstehen. Wie sich in zahlreichen Laborstudien herausgestellt hat, haben redoxaktive Substanzen dabei eine Schlüsselfunktion. „Wer einmal durch einen Sumpf gestapft ist oder an einem Badesee im Sand gewühlt hat, dem sind diese Substanzen aufgrund ihrer Farbenvielfalt aufgefallen. Auf engstem Raum wechseln sich Farbtöne ab, die von tiefschwarz über grau und braun bis zu hellrot reichen. Dahinter verbirgt sich ein Wechselspiel von mikrobiologischen und chemischen Vorgängen, bei denen Elektronen übertragen werden. Wir bezeichnen sie in der Forschung als Redoxreaktionen“, sagt Peiffer.

Publikation:


S. Peiffer et al.
A biogeochemical–hydrological framework for the role of redox-active compounds in aquatic systems
Nature Geoscience (2021)

DOI: 10.1038/s41561-021-00742-z

Eine vergleichsweise einfache Form von Redoxreaktionen ist die Atmung von Menschen und Tieren: Kohlenstoff wird dabei durch Sauerstoff zu Kohlendioxid oxidiert. Bei mikrobiell getriebenen Redoxreaktionen, die beispielsweise in einem Sumpf ablaufen, wird die Rolle des Sauerstoffs von einer Vielzahl redoxaktiver Substanzen übernommen – von Eisen-, Schwefel- und Manganverbindungen oder von Huminstoffen. Die Lebensdauer dieser Substanzen ist sehr kurz, aber sie zeigen eine sehr starke Tendenz, Redoxreaktionen einzugehen. Sie werden daher als „redoxaktive metastabile Phasen“ (RedoxActive Metastable Phases, RAMPs) bezeichnet. Aufgrund ihrer hohen Reaktionsbereitschaft haben RAMPs einen großen Anteil an den Elementkreisläufen in Ökosystemen: Sie sind beispielsweise in der Lage, Schadstoffe wie Nitrat oder verschiedene organische Chemikalien abzubauen.

Austritt von eisenhaltigem Grundwasser auf einer Viehweide. Die rote Farbe kommt durch ein Gemisch aus oxidiertem Eisen und Kohlenstoffverbindungen zustande, die hochreaktive Redoxphasen sind.

Ein Grund für die kurze Lebensdauer von RAMPs ist ein ständiger Wechsel zwischen elektronenabgebenden und elektronenaufnehmenden Bedingungen. Die in „Nature Geoscience“ veröffentlichte Studie kommt nun zu einem für die Ökologie und Umweltforschung entscheidenden Ergebnis: Die Dynamik der Redoxreaktivität von RAMPs wird durch hydrologische Schwankungen ausgelöst, die an Uferzonen, in Feuchtgebieten, in staunassen Böden, in Reisböden oder an den Oberflächen von Sedimenten in Seen und Flüssen auftreten. Diese biogeochemischen Reaktionen im kleinen Maßstab beeinflussen wiederum die Reaktionen des Ökosystems im großen Maßstab, beispielsweise die Menge an Treibhausgasen, die an die Atmosphäre abgegeben werden. Damit wird erstmals verständlich, wie hydrologische Fluktuationen auf die Elementkreisläufe in der Natur und somit auf die Funktionen von Ökosystemen einwirken.

„Unsere Studie zeigt, dass biogeochemische Reaktionen im Maßstab von nur wenigen Mikrometern ein wichtiges Scharnier zwischen zwei großräumigen Vorgängen bilden: zwischen hydrologischen Schwankungen einerseits und Ökosystem-Funktionen andererseits. Unsere neuen Erkenntnisse werden daher in Zukunft helfen, den Schadstoffabbau in aquatischen Ökosystemen besser vorherzusagen. Auch die Folgen des Klimawandels für den Kohlenstoff- und Stickstoffumsatz in diesen Ökosystemen werden sich künftig genauer abschätzen lassen“, sagt Peiffer.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Universität Bayreuth via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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