Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie


Die Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.V. (kurz FS Arzneimittelindustrie e.V., FSA) ist ein eingetragener Verein von Pharmaunternehmen in Deutschland mit Sitz in Berlin. Er wurde 2004 gegründet. Der Verein ist kein Interessenverband, sondern hat die Aufgabe, verbindliche Regeln für ethisches Pharmamarketing aufzustellen, diese Regeln bekannt zu machen und sie durchzusetzen.

Ziele und Grundsätze

Ziel des FSA ist es, ethisches Verhalten zwischen Pharmaindustrie und Angehörigen der medizinischen Fachkreise sowie den Organisationen der Patientenselbsthilfe zu fördern und einen fairen Wettbewerb der Unternehmen untereinander sicherzustellen. Zentrales Instrument des FSA sind zwei Kodizes, die „Gesetzbücher“ des Vereins, die verbindliche Regeln für die Zusammenarbeit zwischen Pharmaunternehmen und medizinischen Fachkreisen sowie Patientenorganisationen festschreiben.[1]

Die Mitgliedsunternehmen verpflichten sich durch die Anerkennung des FSA-Kodex Fachkreise, die Beschaffungs-, Entscheidungs- und Therapiefreiheit des Arztes nicht unlauter zu beeinflussen. Dazu zählen Transparenzanforderungen, das Verbot von Schleichwerbung, Regeln zum Verteilen von Produktmustern, zur Einladung zu wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltungen und Kongressen, zur Bewirtung von Ärzten sowie zu Geschenken. [2]

Mit dem FSA-Kodex Patientenorganisationen verpflichten sich die Mitgliedsunternehmen offenzulegen, welche Selbsthilfegruppen sie unterstützen und in welcher Weise. Ziel des FSA-Kodex Patientenorganisationen ist es, eine verdeckte, unlautere Einflussnahme auf Selbsthilfegruppen zu verhindern. So müssen die Unternehmen einmal jährlich veröffentlichen, welche Patientenorganisationen sie unterstützen und mit welchen Beträgen.[3]

Im Jahr 2010 wurde die freiwillige Selbstkontrolle ausgeweitet und Empfehlungen für die Zusammenarbeit von Pharmaunternehmen mit Einrichtungen im Gesundheitswesen und deren Mitarbeitern erarbeitet. Dazu gehören etwa Krankenkassen, Kassenärztliche Vereinigungen oder Behörden. [4]

Sanktionsmöglichkeiten

Als eine der wenigen Organisationen für Selbstkontrolle verfügt der FSA über direkte Sanktionsmöglichkeiten gegenüber seinen Mitgliedsunternehmen. Der FSA kann strafbewehrte Unterlassungserklärungen und Untersagungsverfügungen verhängen. Weiter wurde ein Verfahren über zwei Instanzen eingeführt, das einen Strafrahmen von 5.000 (Mindeststrafe) bis 400.000 Euro vorsieht.[5]

Sowohl Vorstand als auch Geschäftsführung des Vereins können ein Verfahren einleiten. Beanstandungen können darüber hinaus aber von Jedermann beim FSA eingereicht werden, egal ob es sich um Ärzte, Patienten, Krankenkassen oder Behörden handelt. Von 317 Beschwerden seit Gründung im Jahr 2004 waren 139 Fälle begründet, was eine Abmahnung oder die Zahlung von Ordnungs- und Strafgeldern nach sich zog. Außerdem nennt der Verein bei Verstößen den Namen des Unternehmens und erteilt öffentliche Rügen. Die Namen verurteilter Unternehmen wurden bislang drei Mal veröffentlicht. Die höchste bislang verhängte Geldstrafe lag bei 200.000 Euro.[6]

Organe

Der Aufbau des FSA ist in der Vereinssatzung festgelegt und ist mit dem Aufbau staatlicher Organe vergleichbar. [7]

  • Die Mitgliederversammlung besteht aus je einem Vertreter der Mitgliedsunternehmen und verabschiedet Änderungen an den Kodizes („die Gesetze“).
  • Die Spruchkörper 1. und 2. Instanz entscheiden auf Basis der Kodizes über die Rechtmäßigkeit des Verhaltens von Pharmaunternehmen und verhängen gegebenenfalls Strafen. Der Spruchkörper 1. Instanz kann aus dem Geschäftsführer oder Dritten bestehen und wird durch den Vorstand betraut. Der Spruchkörper 2. Instanz besteht zur Hälfte aus Unternehmensangehörigen der Vereinsmitglieder, ein Viertel sind Vertreter der Ärzteschaft und ein weiteres Viertel Vertreter der Patienten, die jeweils von ihren Verbänden vorgeschlagen werden können. Der unabhängige Vorsitzende des Spruchkörpers 2. Instanz muss über die Befähigung zum Richteramt verfügen und darf nicht für ein Mitglied des Vereins oder ein anderes Unternehmen der pharmazeutischen Industrie tätig sein.
  • Der Vorstand wird von der Mitgliederversammlung auf drei Jahre gewählt. Die Vorstände vertreten den Verein nach außen und entwickeln den Verein weiter, beispielsweise indem sie der Mitgliederversammlung Änderungen oder Ergänzungen der Kodizes vorschlagen.
  • Der Geschäftsführer wird vom Vorstand bestellt und führt die Geschäfte, die die laufende Verwaltung des Vereins mit sich bringen und die ihm von Vorstand und Mitgliederversammlung übertragen wurden. Dazu zählen unter anderem die Aufklärung der Fachkreise und der Öffentlichkeit über den Verein und die Kodizes, sowie die Beratung der Mitglieder zu allen Kodexfragen.

Entwicklung

Der FSA wurde 2004 von 39 Unternehmen des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) gegründet. 2006 traten die Hersteller verschreibungspflichtiger Arzneimittel des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) dem Verein bei. Im Jahr 2008 gründeten die Unternehmen des BPI jedoch ihren eigenen Verband der Selbstkontrolle („Arzneimittel und Kooperation im Gesundheitswesen e. V.“, AKG) und traten zum überwiegenden Teil wieder aus dem FSA aus. Wie auch der FSA setzt der AKG seinen Schwerpunkt auf präventive Maßnahmen. Sanktionen wurden vom AKG bislang nicht verhängt.[8]

Derzeit hat der FSA nach eigenen Angaben 67 Mitgliedsunternehmen, 25 Unternehmen haben sich unterworfen. Diese Unternehmen decken über 70 Prozent des deutschen Pharmamarktes für verschreibungspflichtige Arzneimittel ab.[9] Der Vereinsbeitrag liegt umsatzabhängig zwischen 1.000 und 24.000 Euro pro Jahr.[10]

Einzelnachweise

Weblinks

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