Fluglärm


Vorlage:QS-Luftfahrt

Eine Boeing 747-400 der Qantas im Landeanflug auf London-Heathrow

Fluglärm ist Lärm, der von Flugzeugen und sonstigen Luftfahrzeugen verursacht wird.

Grundlagen

Fluglärm ist eine wesentliche ökologische Auswirkung des Luftverkehrs. Wegen seiner wechselnden (intermittierenden) Struktur ist er belastender als andauernder (kontinuierlicher) Lärm. Zum Vergleich mit anderen Lärmarten wird daher zum Fluglärm-Schallpegel ein Fluglärm-Malus von 10 dB(A) addiert und die Summe oft als dBl(A) bezeichnet.

Fluglärm entsteht

  • während der Startphase
  • im Steigflug
  • beim Flug auf Reiseflughöhe
  • im Sinkflug und
  • in der Landephase.

Er hängt vor allem ab

  • vom Flugzeugtyp
  • von den Triebwerken;
  • von der Geschwindigkeit des Flugzeugs;
  • davon, ob das Flugzeug beschleunigt, verlangsamt oder mit konstanter Geschwindigkeit fliegt;
  • von der Konstruktion der Flügel (siehe "adaptiver Flügel"),
  • von örtlichen Vorschriften,
  • vom Verkehrsaufkommen am Flughafen (z.B. Warteschleifen landewilliger Flugzeuge, die nicht sofort landen können)
  • (dadurch auch) von der Qualität der Fluglotsen,

und etwas vom Pilotenverhalten.

sowie von meteorologischen Parametern, besonders Windrichtung und -stärke.

Man kann Fluglärm als Emission betrachten (wie viel Lärm strahlen das ganze Flugzeug bzw. die Tragflächen, das Höhenruder, das ausgefahrene Fahrwerk usw. ab?) oder als Immission, d.h. was am Boden ankommt (Lärmteppich).

Auch die Passagiere im Flugzeug sind Fluglärm ausgesetzt.

Gesundheitlich besonders schädlich ist der Nachtfluglärm. Nachtflüge können nach Feststellung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die Europäische Charta der Menschenrechte verletzen, vor allem weil sie Schlafstörungen auslösen. Diese stören auch ohne Überschreiten der Aufweckschwelle den Corticoid-Stoffwechsel erheblich. Das löst Störungen des Immunsystems aus, was zu erhöhter Anfälligkeit gegenüber Infektionen, zu Neurodermitis, Asthma und zu anderen allergologischen Erkrankungen führen kann. Zudem erhöhen Nachtflüge das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Ein Nachtflugverbot ist ein durch Gesetz, Verordnung oder eingeschränkte Behördengenehmigung festgelegtes Flugverbot zum Schutz der Bevölkerung gegen Nachtfluglärm.

Fluglärmmessstation der Fraport AG im Frankfurter Stadtwald

Nach den Flugphasen unterscheidet man

  • Lärm beim Landeanflug
  • Lärm beim Start
  • Bodenlärm von Flughäfen
  • Tieffluglärm

Hauptquellen des Lärms sind die Triebwerke, aber auch das Fahrwerk und die das Luftfahrzeug umströmende Luft. Je nach Flugphase wirken diese Faktoren unterschiedlich stark.

Beim Start erzeugen Flugzeuge mit Kolbenmotoren und Turboprops Lärm in erster Linie an den Propellerblättern, bei Jet- und Turbojettriebwerke hauptsächlich durch Mischen heißer und schneller Austrittsgase mit der umgebenden Luft. Auch im Bereich des Fan, sowie der anderen Triebwerksschaufeln entsteht durch Interferenzen und Unregelmäßigkeiten des Luftstroms Lärm. Die Lärmbelastung durch Reiseflug ist wegen großer Flughöhen und Verteilung des Luftverkehrs über weite Flächen weitgehend vernachlässigbar. Im Landeanflug wird die Triebwerksleistung stark vermindert. Mehr als überwogen wird dies jedoch dadurch, dass die Flugbewegungen auf kleinem Raum konzentriert sind und die Flugzeuge natürlich schon sehr tief fliegen. Im Endanflug wird die Fluggeschwindigkeit mit den Landeklappen stark verringert, die zwar den Auftrieb stark erhöhen, jedoch auch mehr Luftwiderstand erzeugen, was deutlich mehr Schub als im Leerlauf erfordert. Außerdem brauchen Strahltriebwerke eine gewisse Drehzahl, um für ein Durchstartmanöver schnell hochfahren zu können.

Insgesamt ist die Belastung der Bevölkerung durch Fluglärm in den letzten 40 Jahren erheblich gestiegen. Obwohl die einzelnen Flugbewegungen leiser wurden, hat ihre zunehmende Anzahl dies mehr als ausgeglichen. Der Flugzeuglärm wurde hauptsächlich beim Start verringert; beim Landelärm gab es kaum Fortschritte. In letzter Zeit stellt man an einigen Flughäfen (zum Beispiel Frankfurt) sogar wieder eine Lärmzunahme fest - wahrscheinlich aufgrund veränderter Anflugverfahren.

Flugzeughersteller können Fluglärm hauptsächlich bautechnisch mindern (zum Beispiel durch Turbofantriebwerke mit hohem Nebenstromverhältnis), Fluggesellschaften können operationelle Maßnahmen treffen (Vorgabe von noise abatement procedures), die Flugsicherung kann durch Planung der An- und Abflugrouten über dünner besiedeltes Gebiet die Zahl der Lärmbelästigten senken.

Manche Flughafenbetreiber (zum Beispiel in Frankfurt am Main) staffeln ihre Landegebühren nach Lärmkriterien, so dass es für Fluggesellschaften weniger rentabel ist, mit unnötig lautem Gerät anzufliegen (vgl. Lärmklasseneinteilung der Flugzeuge nach ICAO).

Bei der Vergabe oder Änderung von Betriebsgenehmigungen für Flughäfen wird die zu erwartende Lärmbelastung nicht gemessen sondern berechnet und zu erwartende Lärmschutzzonen werden rechnerisch bestimmt. Die tatsächliche Lärmbelastung kann bei Abweichung von den Standard-Bedingungen (zum Beispiel Flugrouten, Temperatur, Luftdruck, geografische Höhe etc.) von der berechneten abweichen.

Situation in einzelnen Ländern

Deutschland

Das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm wurde am 30. März 1971 rechtsverbindlich und ist das erste Umweltschutzgesetz der Bundesrepublik Deutschland[1]. Dieses Gesetz legte in der ersten Fassung zwei Lärmschutzzonen für Verkehrsflughäfen fest. Grundlage für die Berechnung der Lärmschutzzonen waren zunächst Messungen. Lange Zeit galt diese Regelung jedoch nicht im Land Berlin, da hier Besatzungsrecht herrschte. Mit der Neufassung des Gesetzes seit dem 7. Juni 2007 sind in Deutschland neue Lärmschutzzonen vorgeschrieben, wobei erstmalig auch eine eigene Zone für den Nachtzeitraum festgelegt wurde. Dies soll die besondere Belastung und Schädigung durch den Nachtflugverkehr berücksichtigen.

Eine der ältesten Bürgerinitiativen zu Umweltthemen ist die „Interessengemeinschaft zur Bekämpfung des Fluglärms e.V.“; im April 1965 wurde sie von Bürgern aus der Umgebung des Flughafens Rhein-Main (Frankfurt) gegründet.

Örtliche Fluglärmkommissionen sollten eine bürgernahe Auseinandersetzung mit Fluglärmbeschwerden institutionalisieren. Diese Kommissionen sind aufgrund von § 32 b des Luftverkehrsgesetzes vom 7. Oktober 1971 vorgeschrieben. Ihre Arbeit wird von Fluglärmschutzbeauftragten unterstützt. Als bundesweite Organisation ist die Bundesvereinigung gegen Fluglärm tätig. Sie hat Sitz und Stimme in den Fluglärmkommissionen.

§ 19 a Luftverkehrsgesetz verpflichtet Betreiber eines Verkehrsflughafens, „Anlagen zur fortlaufend registrierenden Messung der durch die an- und abfliegenden Luftfahrzeuge entstehenden Geräusche einzurichten und zu betreiben. Die Mess- und Auswertungsergebnisse sind der Genehmigungsbehörde und der Kommission nach § 32b Luftverkehrsgesetz sowie auf Verlangen der Genehmigungsbehörde anderen Behörden mitzuteilen.“ Damit gehört der Fluglärm zu den kontinuierlich durch Messgeräte überwachten Umweltwirkungen und ist die einzige Lärmart, zu der dank diesem Gesetz umfangreiches Datenmaterial zur Auswertung vorliegt.

Der Deutsche Fluglärmdienst bietet außerdem jedem Interessierten die Möglichkeit, eine eigene Fluglärm-Messstation zu betreiben. Die Messwerte werden live im Internet dargestellt und zum Teil mit den Flugspuren verknüpft.

Seit Anfang 2006 gelten für Flugzeuge neue Geräuschgrenzwerte der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO), die kumuliert eine Lärmreduzierung von 10 dB für große Passagierflugzeuge vorgeben (sogenannte „Kapitel-4-Luftfahrzeuge“).[2] Eine weitere Verschärfung dieser Grenzwerte wird sich angesichts der erforderlichen Weiterentwicklung bei den Antriebstechnologien erst im Laufe der nächsten Jahre durchsetzen lassen. Gleichwohl treiben die Hersteller die Entwicklung leiserer Flugzeuge voran, weil dies mitentscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit einzelner Flugzeugmodelle ist. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) wirkt sowohl auf der Ebene der einheitlichen Entwicklung europäischer Zulassungsstandards als auch im Umweltkomitee der ICAO aktiv an der Weiterentwicklung der Lärmzulassungsstandards mit. Im Umweltkomitee der ICAO fordert das BMVBS eine Überprüfung der aktuellen Lärmgrenzwerte und, soweit technisch möglich, auch eine Verschärfung der Grenzwerte.

Die Novelle des Fluglärmgesetzes 2007 hat die Lärmgrenzwerte zur Begrenzung der Lärmschutzbereiche um bis zu 15 dB(A) abgesenkt und eine Außenwohnentschädigung beim Aus- oder Neubau eines Flughafens eingeführt. Auf dieser Grundlage besteht jetzt Planungssicherheit für Flughäfen und ihr Umfeld, und auch der passive Schallschutz für die Flughafenanwohner wird hiermit deutlich verbessert.[2] Zur Umsetzung des Gesetzes gilt seit 30. Dezember 2008 die erste Fluglärmschutz-Verordnung mit Regelungen zur Datenerfassung und einer Aktualisierung des Lärmberechnungsverfahrens („AzB“); auf dieser Grundlage sollen die Lärmschutzbereiche neu festgelegt werden. Danach werden die neuen Lärmschutzzonen unter Berücksichtigung des auch bei anderen Lärmquellen gebräuchlichen äquivalenten Dauerschallpegels und in der Nacht zusätzlich durch ein Maximalpegelhäufigkeitskriterium bestimmt. Das verbessert besonders an Flughäfen mit Nachtflugverkehr den Schutz der Anwohner. Die zweite Fluglärmschutz-Verordnung wurde Ende Mai 2009 vom Bundeskabinett beschlossen und bestimmt die Anforderungen an Schallschutzmaßnahmen für neue Gebäude im Lärmschutzbereich. Darüber hinaus regelt sie, welche Kosten Flughafenanwohnern von den Flughäfen für Schallschutzmaßnahmen zu erstatten ist, bei einem Höchstbetrag von 150 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Aus der Verordnung ergeben sich als maßgebliche Innenpegel im Mittel für Neubauten 37/27 dB(A) Tag/Nacht, für Bestandsbauten 40/30 dB(A) Tag/Nacht und für Bauten, an denen Schallschutzmaßnahmen durchgeführt wurden, 45/35 dB(A) Tag/Nacht. Die dritte Verordnung soll die Außenwohnbereichsentschädigung behandeln. Dann haben Anwohner von Flughäfen einen geschlossenen Rechtsrahmen, der ihren Interessen unter Berücksichtigung der aktuellen Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung Rechnung tragen soll. Es wird erwartet, dass dadurch bis 2020 Lärmaufwendungen zu Gunsten der Anrainer in Höhe von nicht mehr als 75 Millionen Euro für militärische Flugplätze und 614 Millionen Euro für zivile Flugplätze ausgelöst werden." [3]

Österreich

In Österreich hat sich die Anzahl der Flugbewegungen von 125.000 im Jahre 1990 bis auf 346.000 in 2008 fast verdreifacht. Zum Schutz vor Fluglärm wurde eine Luftverkehr-Immissionsschutzverordnung am 16. Dezember 2009 als Entwurf veröffentlicht und eine Frist für Stellungnahmen bis 29. Januar 2010 festgelegt. Unter anderem hat das österreichische Umweltbundesamt hierzu Stellung genommen. Im Rahmen eines Aktionsplans gemäß der europäischen Umgebungslärmrichtlinie wurde eine Bundesverordnung erlassen, gemäß der ab einem Schwellenwert von 65 Dezibel im Tag-Abend-Nachtzeitraum Maßnahmen ergriffen werden müssen.[4] Rund um den Flughafen Wien wird an 14 festen Messpunkten der Fluglärm gemessen[5], in Innsbruck sind es 3 Messpunkte.

Schweiz

Seit den 1960er Jahren hat die Zahl der Flugbewegungen am Flughafen Zürich stark zugenommen. Die damit verbundene Lärmbelastung für die Bevölkerung in Gebieten der Schweiz und Deutschlands führte zum bis heute andauernden Fluglärmstreit.

Der am Flughafen Zürich anfallende Fluglärm wurde mit dem Zürcher Fluglärm-Index berechnet.

Die vom Verein Helvetia Nostra und der Fondation Franz Weber begründete eidgenössische Volksinitiative «Gegen Kampfjetlärm in Tourismusgebieten» erreichte eine Volksabstimmung, deren Begehren am 24. Februar 2008 mit 68,1% abgelehnt wurde.

Vereinigte Staaten

In den USA wurde Fluglärm Ende der 1960er Jahre zu einem öffentlichen Thema. In den 1980er Jahren beauftragte der US-Kongress die Bundesluftfahrtbehörde {FAA), Programme zum Schutz von Häusern in der Nähe von Flughäfen zu entwickeln. Die ersten Flughäfen, bei denen diese Programme angewendet wurden, waren San Francisco International Airport und San Jose International Airport in Kalifornien.

Siehe auch

  • Geräuschkulisse = Die Gesamtheit der Geräusche bezeichnet, die den akustischen Rahmen für einen Vorgang oder eine Handlung bilden.
  • Tonaudiogramm beschreibt das subjektive Hörvermögen eines Menschen für Töne, also seine frequenzabhängige Hörempfindlichkeit

Literatur

  • Andreas Fecker: Fluglärm. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-613-03400-6.
  • Christoph Alber: Zum Rechtsschutz gegen Fluglärm. Insbesondere gegen die Festlegung so genannter Flugrouten. Frankfurt 2004, ISBN 3631531729
  • Sonja Franke: Lärmgrenzwerte für die Planung von Verkehrsflughäfen. Duncker & Humblot, Berlin 2003, ISBN 3428110528
  • Jan Ziekow (Hrsg.): Bewertung von Fluglärm - Regionalplanung - Planfeststellungsverfahren. Vorträge auf den Vierten Speyerer Planungsrechtstagen und dem Speyerer Luftverkehrsrechtstag ... für Verwaltungswissenschaften Speyer, Duncker & Humblot, Berlin 2003, ISBN 3428111648
  • Felix Ekardt und Patrick Schmidtke: Die Reichweite des neuen Fluglärmrechts. Zugleich zu einigen Grundproblemen von Grenzwerten. Die öffentliche Verwaltung, 2009, S. 187 ff.
  • Steffen Schleiden: Rechtliche Grundfragen der Flugroutenfestlegung. Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2009, ISBN 978-3-8300-4039-2.
  • Stephan Zaß: Handlungsstrategien für eine nachhaltige Flächennutzungspolitik in Flughafenregionen. Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Forschungsbericht 2008-16, Köln 2008 (Dissertation), ISRN DLR-FB--2008-16.
  • Rüdiger Sterzenbach, Roland Conrady, Frank Fichert: Luftverkehr - Betriebswirtschaftliches Lehr- und Handbuch. 4. Auflage. Oldenbourg Verlag, Oldenbourg 2009. ISBN 978-3-486-58537-7
  • Giemulla/Rathgeb, "Das neue Fluglärmgesetz", in: Deutsches Verwaltungsblatt ([DVBl), 2008, S. 669-677
  • Ulrich Rathgeb: "Das Fluglärmgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.Oktober 2007", in: Giemulla/Schmid, Kommentar zum LuftVG, Bd. 1.1, § 6 LuftVG, IX. Anhang 1 (Stand: August 2010)

Weblinks

Wiktionary: Fluglärm – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Gesetze und Verordnungen

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