Der Rote Uakari (Cacajao calvus) oder Scharlachgesicht ist ein kleiner, baumlebender Primat aus der Gruppe der Neuweltaffen (Platyrrhini). Sie sind in Kolumbien, Brasilien und Peru im zentralen Amazonasbecken verbreitet [3] und vom Aussterben bedroht.


Lebensraum

Ihr Lebensraum sind Primärwälder mit saisonalen oder dauerhaften Überschwemmungen. Rote Uakaris (Cacajao calvus) bevorzugen Palmsümpfe und Wälder in der Nähe von Flüssen, wo sie in mittleren und oberen Baumschichten leben.


Aussehen

Rote Uakaris (Cacajao calvus) erreichen eine Körperlänge von 36 - 57 cm und ein Gewicht von 2,3 - 3,5 kg. Der nicht greiffähige Schwanz ist im Vergleich zu anderen Neuweltaffen mit etwa 15 cm sehr kurz [5]. Das Fell der Roten Uakaris (Cacajao calvus) ist in den oberen Bereichen leuchtend orange, das rote Gesicht und die weißlich-gelbe Krone sind nackt. Der Kopf der Männchen sieht mit seinen geschwollenen Kopfmuskeln kantig oder quadratisch aus. Lange, grobe Haare formen eine Art Umhang über den Schultern [3][6].

Der Grund für die scharlachroten Gesichter sind fehlende Pigmente und reichliche Blutkapillaren unter der Haut [3]. Diese leuchtend rote Gesichtshaut ist ein Zeichen von guter Gesundheit und ermöglicht es dem anderen Geschlecht, einen gesunden Fortpflanzungspartner zu finden.

Es gibt vier anerkannte Unterarten des Roten Uakaris (Cacajao calvus) [1], von denen jede einzelne vom Aussterben bedroht ist:


Fortpflanzung

Paarungszeit bei Roten Uakaris (Cacajao calvus) ist von Oktober bis Mai. Das Weibchen macht durch Abgabe von Duftmarken auf seine Empfängnisbereitschaft aufmerksam. Die meisten Weibchen werden im Alter von drei Jahren geschlechtsreif, Männchen erst im Alter von 6 Jahren. Die Weibchen bringen in Abständen von etwa 2 Jahren ein einzelnes Junges zur Welt. Die Tragzeit ist unbekannt. Der Nachwuchs wird im Alter von 3 - 5 Monaten entwöhnt, ein Zeitraum, in dem die Jungen beginnen, weiche Früchte zu fressen. Der weibliche Nachwuchs verbleibt in seiner Geburtsgruppe und verhält sich philopatrisch , die Männchen verlassen ihre Geburtsgruppe [10].


Ernährung

Rote Uakaris (Cacajao calvus) ernähren sich in erster Linie von unreifen oder reifen Früchten, Samen, Blättern, Nektar und ein paar Insekten, wobei ihnen Raupen am besten zu schmecken scheinen. Der mächtige Unterkiefer der Roten Uakaris (Cacajao calvus) bildet einen sogenannten pseudodentalen Kamm, der die Affen in die Lage versetzt, unreife Früchte mit harten Schalen zu öffnen oder Nüsse zu knacken, was die meisten anderen Primaten nicht können [3]. Während der Regenzeit verbringen Rote Uakaris (Cacajao calvus) die meiste Zeit hoch in den Bäumen. In der Trockenzeit kommen sie jedoch gelegentlich auf den Waldboden, um nach Sämlingen und heruntergefallenen Samen zu suchen [7]. Anteilsmäßig ernähren sich Rote Uakaris (Cacajao calvus) zu 67% von Samen, zu 18% von Früchten, zu 6% von Blüten, zu 5% von tierischem Protein und Knospen [8]. Insekten werden gefressen, wenn sie ihnen über den Weg laufen, jedoch suchen sie nicht aktiv danach [9].


Gruppenleben

Rote Uakaris (Cacajao calvus) sind sehr aktive und intelligente Primaten, die in großen sozialen Gruppen von etwa zehn bis dreissig Affen (manchmal bis zu 100) leben. Bei der Futtersuche teilen sich diese großen Gruppen in kleine Unterguppen mit 1 - 10 Tieren. Die tagakiven Primaten verbringen die Nacht in den oberen Bereichen der Bäume und schlafen auf dünnen Ästen. Sie sind sehr verspielte Primaten, insbesondere die Jugendlichen, die oft ihre "eigenen Spiele" haben. Rote Uakaris (Cacajao calvus) verhalten sich normalerweise ruhig, schreien aber laut, wenn es darum geht, ihre Territorien zu verteidigen. Außerdem wedeln sie dabei mit dem Schwanz und ihre Fellhaare richten sich auf [9]. Die Reviergröße beträgt 500 bis 600 ha, innerhalb deren Grenzen sie bei der Nahrungssuche täglich bis zu 4,8 km zurücklegen [11].


Unterarten

  • Cacajao calvus calvus ist im nordwestlichen Brasilien verbreitet und hat ein weißes oder helloranges Fell.
  • Cacajao calvus novaesi ist in Brasilien verbreitet und zeichnet sich durch ein orangegelbes Fell mit hellen Schultern aus.
  • Cacajao calvus ucayalii kommt in Peru und den angrenzenden Regionen Brasiliens vor. Die Unterart hat ein rötlich-oranges oder gelbes Fell.
  • Cacajao calvus rubicundus ist entlang der brasilianisch-kolumbianischen Grenze verbreitet und hat ein rotes oder rotbraunes Fell.


Systematik


Gefahren

Rote Uakaris (Cacajao calvus) sind stark gefährdet, was auf mehrere Faktoren zurückzuführen ist, darunter die Tatsache, dass sie wegen ihres Fleisches gejagt werden. Schlimmer ist aber, dass sie sehr schnell ihres Lebensraums beraubt werden, vor allem durch die Holzindustrie. Tropische Regenwälder sind die einzigen Regionen, in denen Rote Uakaris (Cacajao calvus) existieren können, genau wie viele andere Tierarten, die aus dem gleichen Grund gefährdet sind. Zwischen 1980 und 1990 stellte man fest, dass etwa 15,4 Millionen Hektar Tropenwald jährlich vernichtet wurden und die Neotropen mit einem enormen Waldflächenverlust in Regionen wie die südlichen und östlichen Teile des Amazonasgebiets konfrontiert sind [12]. Im Jahr 1997 erlebte das Amazonasgebiet die höchste Rate der Waldzerstörung von allen verbliebenen tropischen Regenwälder weltweit [13].

Im Jahr 2008 stufte die Weltnaturschutzunion (IUCN) die Art auf ihrer Roten Liste von gering gefährdet (near threatened) auf gefährdet (vulnerable) herauf, da die Populationen in den vergangenen 30 Jahren (drei Generationen) durch Jagd und Lebensraumverlust um mindestens 30% zurückgegangen sind [2]. Dies ist zwar wesentlich besser als die Einschätzung von 1994, als man die Art als stark gefährdet (endangered) einstufte, aber die tatsächlichen Bestandszahlen befinden sich immer noch auf einem Abwärtstrend, obwohl sich der Zustand der Art gebessert hat [2]. Da diese besonderen Primaten nur in von Weißwasser überfluteten Wäldern leben, sie sind sehr anfällig, wenn Menschen Einfluß auf ihren Lebensraum nehmen, z.B. in Form von Grunderwerb für die Landwirtschaft oder für Viehweiden [2].


Literatur

[1] Groves, 2005; [2] Veiga, L.M., Bowler, M., Silva Jr., J.S., Queiroz, H.L., Boubli, J.-P. & Rylands, A.B. 2008. Cacajao calvus. In: IUCN 2010. IUCN Red List of Threatened Species. Version 2010.1. <www.iucnredlist.org>. Downloaded on 01 April 2010; [3] Falk, 2000; [4] Ford, 1994; [5] Napier, 1976; [6] Erwin, 1987; [7] Emmons und Feer, 1990; [8] Kinzey, 1992; [9] Fontaine, 1981; [10] Pusey und Packer, 1987; [11] Ayres, 1986; [12] Whitmore 1997; [13] Wildlife Conservation Society, 2008; [14] Uhl und Vieira, 1989; [15] Laurance und Fearnside, 1999; [16] Laurance, Vasconcelos und Lovejoy, 2000; [17] Rowe, 1996.

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