Mini-Schnecke im steinernen Sandwich



Bio-News vom 19.06.2023

Forschende aus den USA und der Schweiz haben die ersten fossilen Carychium-Landschnecken aus Florida beschrieben. Die Gesteinsschicht mit den nur wenige Millimeter großen Schneckenfossilien wurde zufällig bei Bauarbeiten freigelegt und stammt aus der Zeit des Pleistozäns vor 2,58 Millionen bis 11.700 Jahren. In ihrer in der frei zugänglichen Zeitschrift „ZooKeys“ veröffentlichten Studie beschreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zudem eine bislang noch unbekannte fossile Schneckenart.

Die winzigen, maximal 2,5 Millimeter hohen und 1,5 Millimeter breiten Schnecken der Gattung Carychium sind auf den amerikanischen Kontinenten von Kanada bis Panama in geschützten, feuchten Habitaten verbreitet.


Erster fossiler Nachweis für die Art Carychium floridanum.

Publikation:


Jochum A, Bochud E, Haberthür D, Lee HG, Hlushchuk R, Portell RW
Fossil Carychiidae (Eupulmonata, Ellobioidea) from the Lower Pleistocene Nashua Formation of Florida, with the description of a new species

ZooKeys 1167: 89-107 (2023)

DOI: 10.3897/zookeys.1167.102840



„Anders als die rezenten Arten, sind Fossilien der Zwerghornschnecken aber östlich des Mississippis selten. Wir haben in unserer jüngsten Forschungsarbeit nun den ersten fossilen Beleg der Gattung im Südosten der USA sowie den ersten fossilen Nachweis überhaupt für die Art Carychium floridanum erbracht“, erläutert Dr. Adrienne Jochum vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt und dem Naturhistorischen Museum in Bern.


Die weniger als 1,6 Millimeter große Art Carychium nashuaense wurde neu entdeckt.

Dabei hatten die Forschenden das Glück auf ihrer Seite: Bei Bauarbeiten für ein Gleisbett der Brightline-Eisenbahn, die Port Canaveral mit dem internationalen Flughafen von Orlando verbinden soll, stießen die Forschenden zufällig auf eine ein Meter mächtige Schicht versteinerter nicht-mariner Schnecken zwischen zwei marinen Muschelbänken.

„Dieses ‚Gesteinssandwich‘ ist während des Pleistozäns entstanden. Dieses Erdzeitalter ist durch wiederholte Vergletscherungen, Klimaveränderungen und Schwankungen des Wasserspiegels gekennzeichnet und hat die Region um das heutige Florida stark beeinflusst und geformt. Die Muschelschicht liegt zwischen Gesteinsschichten aus dem Unterpleistozän vor 2,58 bis 0,77 Millionen Jahren und dem Oberpleistozän vor 140.000 bis 120.000 Jahren und enthält 14 Süßwasser- und 28 Landschneckenarten.“

Darunter befindet sich auch die Schneckenart Carychium floridanum, deren heutiger Vertreter noch in feuchten, waldigen und ungestörten Lebensräumen in Zentral- und Nordflorida lebt. Neu beschrieben haben die Forschenden die weniger als 1,6 Millimeter große Art Carychium nashuaense, die der Wissenschaft bislang unbekannt war.

„Um die fossilen Miniatur-Schnecken aus den Gesteinsschichten zu lösen, haben wir sie durch eine abgestufte Reihe von Sieben gewaschen. Im Anschluss wurden 32 Carychium-Schalen unter dem Mikroskop aus einer Mischung von anderen Mollusken und Gesteinsresten herausgefiltert. Ein hochauflösender Röntgentomograph half uns, die Struktur in den fragilen fossilen Schalen zu untersuchen und sie mit 3D-Rekonstruktionen der inneren Schale noch lebender Dornschneckenarten aus den südöstlichen USA, Mexiko, Mittelamerika und Jamaika zu vergleichen“, erklärt Jochum die Methodik.

Während sich die Ausprägung der inneren Schalenstruktur von Carychium floridanum seit dem Pleistozän bis heute kaum verändert hat, deutet der Schalenaufbau von Carychium nashuaense auf eine Verwandtschaft mit mittelamerikanischen Landschnecken hin.

„Wir vermuten, dass die Ausbreitung der Schnecken über Vögel, Säugetiere und Reptilien erfolgte. Die kleinen Schnecken reisten im Darm, im Fell oder im Gefieder zu den Feuchtgebieten, aus denen die angeschwemmten Sedimente der von uns untersuchten Gesteinsschicht stammen. Die anschließende Vermischung mit Artgenossen führte zur Entstehung von neuen Spezies“, schließt Jochum.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Senckenberg Forschungsinstituts und Naturmuseen via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.

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