Gigantopithecus (Hominidae)



Gigantopithecus ist eine Primatengattung innerhalb der Familie Hominidae, deren 4 Mitglieder ab dem frühen Neogen (Miozän) im Tortonium lebten, das vor ungefähr 11,6 Millionen Jahren begann und bis vor 7,2 Millionen Jahren andauerte. Viele Überreste wurden in China gefunden.

Gigantopithecus ist der Gattungsname zweier riesiger Primatenarten aus der Unterfamilie Ponginae (Tribus Sivapithecini innerhalb der der Familie Hominidae, Überfamilie Hominoidea). Dieser Artikel widmet sich der Erforschung von Gigantopithecus, seiner Arten, Entdeckungsgeschichte, Morphologie und den Rätseln, die diese gigantischen Primaten umgeben.

Gigantopithecus ist ein naher Verwandter von Sivapithecus und der größte Primat, der jemals lebte. Die beiden Arten der Gattung Gigantopithecus stammen fast sicher von einem großen asiatischen Menschenaffen der Gattung Sivapithecus ab.

Fundorte

Die Arten von Gigantopithecus

G. giganteus (G. bilaspurensis)

Die ältere, kleinere Art G. giganteus (= G. bilaspurensis) wurde in spätmiozänen Sedimenten in Indien und Pakistan gefunden.

Steckbrief
Die Welt zur Zeit von Gigantopithecus
Landmassenverteilung im Miozän
Ernährung/Lebensraum
Basierend auf den Fossilien glaubt man, dass die Primatengattung Gigantopithecus Allesfresser (omnivor) waren. Ihr Leben verbrachen die Tiere vermutlich auf dem Boden, wo sie auch ihre Nahrung fanden.
* Daten nach Zhang and Harrison, 2017
Geographie, Epoche
Lebte im:
System: Neogen
Serie: Miozän
Stufe: Tortonium
Verbreitung:
Ostasien
China
Physiologie
Gewicht: ?
Schwestertaxa

G. blacki

Die Überreste der jungeren, größeren Art G. blacki stammen aus pleistozänen Höhlen in China und Vietnam. Die "kleine" Art war etwa so groß wie ein Gorilla mit 125 Kilogramm Körpergewicht, die pleistozäne Spezies war um ein Vielfaches größer und erreichte ein geschätztes Gewicht von wahrscheinlich 300 Kilogramm. Die Schätzung basiert vor allem auf dem großen Unterkiefer.


Größenvergleich zwischen Gigantopithecus und Homo sapiens. Links ein Zahn von Gigantopithecus blacki, im Hintergrund der Urmenschenforscher Friedemann Schrenk.

Morphologie der Zähne

Diese außergewöhnlichen Primaten sind nur von Unterkiefern und isolierten Zähnen bekannt. Sie wurden zunächst in chinesischen Drogerien entdeckt, wo die Zähne zu Pulver zermahlen und als Medizin verkauft wurden (von Koenigswald, 1983). Die unteren Schneidezähne sind sehr klein und vertikal ausgerichtet. Die Eckzähne sind dick, aber relativ kurz. Die unteren vorderen Prämolaren sind relativ breit anstatt verlängert. Ähnlich wie bei Sivapithecus haben die Zähne von Gigantopithecus einen dicken Schmelz und niedrige, flache Höcker. Bei beiden Arten ist der Unterkiefer im Vergleich zu heute lebenden Menschenaffen sehr dick und tief.

Ähnlichkeiten mit Sivapithecus

Die Zähne von Gigantopithecus weisen Ähnlichkeiten mit denen von Sivapithecus auf. Der dicke Schmelz und die niedrigen, flachen Höcker deuten auf eine Anpassung an harte, faserige Pflanzen hin, möglicherweise Bambus.

Gigantopithecus und die Legende des Yeti

Falls der Gigant tatsächlich bis ins späte Quartär überlebte, wäre es durchaus denkbar, dass er die ersten Menschen in Asien so stark beeindruckte, dass hierin die Legende vom Yeti wurzelt. Ob Gigantopithecus das Vorbild für den sagenhaften Schneemensch Yeti ist, wird man wohl nie klären können - auch wenn ihn Einzelne unserer Zeitgenossen in einsamen Tälern des Himalaya gesehen haben wollen.

Gigantopithecus giganteus in Indien

Das Typusexemplar mit der Bezeichnung GSI D175 ist ein rechter unterer Backenzahn (M3).

Feldforschung in den Siwalik Bergen

Die Entdeckung von Gigantopithecus giganteus in Indien erfolgte durch Feldforschung in den Siwalik Bergen. Der Geologe K. N. Prasad entdeckte 1962 und 1964 11 Exemplare eines fossilen Hominoiden in der Nähe von Chakrana. Dies weckte das Interesse von Primatologen wie Elwyn Simons von der Yale University.


Replik eines Fundes von Gigantopithecus giganteus in einer Ausstellung im Institut Català de Paleontologia Miquel Crusafont in Sabadell (Katalonien) 2012–2013

Der Fund von G. giganteus

Ein Bauer namens Sunkar Ram zeigte Grant Meyer, einem Mitglied des Yale-Punjab-Teams, einen fossilen Unterkiefer. Dieser stammte aus geologischen Ablagerungen der Khok Pathan Formation, die auf das mittlere Pliozän datiert werden konnte. Diese Entdeckung belegte die Existenz von Gigantopithecus in Indien.

Dank Sunkar Ram's Entdeckung war nun die Existenz von Gigantopithecus in Indien durch einen Unterkiefer belegt. Die Gattung dieses fossilen Menschenaffen war bereits von Zähnen aus China bekannt (Gigantopithecus blacki). Die neue Art erhielt den Namen Gigantopithecus bilaspurensis (= G. giganteus, Szalay und Delson, 1979), um den indischen Hominoiden vom chinesischen zu unterscheiden.

Unterschiede zu G. blacki

Gigantopithecus giganteus lebte vor etwa 8,5 bis 10 Millionen Jahren und war kleiner als die chinesische Art aus dem Pleistozän. Die Interpretation basiert auf den Dimensionen der Kiefer und Zähne, da es von Gigantopithecus keine postcranialen Knochen gab

Wenn die Körpergröße im Verhältnis zu den massiven Kiefern stand, dann war der jüngere, chinesische Gigantopithecus wahrlich riesig und muß einen heutigen Gorilla um ein Vielfaches übertroffen haben. Er muss aufrecht stehend etwa 2,75 Meter groß gewesen sein (owohl keiner weiß, ob er sich jemals aufrichtete) und zwischen 150 bis 230 Kilogramm gewogen haben (Simons und Ettel 1970; Conroy, 1987).

Die Bedeutung der Zähne

Die Frontzähne von Gigantopithecus sind vergleichsweise klein, während die Backenzähne massiv sind und einen dicken Zahnschmelz aufweisen. Dies sind Anpassungen, die den Widerstand gegen abrasiven Verschleiß erhöhen, ähnlich wie beim Großen Panda.

Analogien mit dem Großen Panda

Elwyn Simons stellte Analogien mit dem Großen Panda fest, einem Pflanzenfresser, der sich vollständig an die Nahrungssuche auf dem Boden angepasst hat. Diese Ähnlichkeiten werfen Licht auf die Ernährungsgewohnheiten von Gigantopithecus.

Das Wort zum Schluss

Gigantopithecus bleibt eine der faszinierendsten ausgestorbenen Primaten. Die Untersuchung seiner Überreste hat nicht nur unser Verständnis von Primatenevolution erweitert, sondern auch zu Spekulationen über seine Rolle in Legenden wie dem Yeti geführt. Während viele Fragen weiterhin unbeantwortet sind, hinterlässt Gigantopithecus ein beeindruckendes Vermächtnis als der Gigant unter den Primaten.

Systematik


Literatur

E. L. Simons, S. R. K. Chopra 1969, Gigantopithecus (Pongidae, Hominoidea) a new species from North India. Postilla. 138, p. 1 - 18
J. H. Schwartz, T. H. Vu, L. C. Nguyen, K. T. Le, I. Tattersall 1994, A diverse hominoid fauna from the late middle Pleistocene breccia cave of Tham Khuyen, Socialist Republic of Vietnam. Anthropological Papers of the American Museum of Natural History. 73, p. 1 - 11
C. Z. Jin, D. G. Qin, W. S. Pan, Z. L. Tang, J. Y. Liu, Y. Wang, C. L. Deng, Y. Q. Zhang, W. Dong, H. W. Tong 2008, A newly discovered Gigantopithecus fauna from Sanhe Cave, Chongzuo, Guangxi, South China. Chinese Sciene Bulletin. 54, p. 1 - 10, DOI: 10.1007/s11434-008-0531-y
W. Wang, D. G. Qin, W. S. Pan, Z. L. Tang, J. Y. Liu, Y. Wang, C. L. Deng, Y. Q. Zhang, W. Dong, H. W. Tong 2009, New discoveries of Gigantopithecus blacki teeth from Chuifeng Cave in the Bubing Basin, Guangxi, south China. Journal of Human Evolution. 57:3, p. 229 - 240, DOI: 10.1007/s11434-008-0531-y
Y. Zhang, T. Harrison, W. S. Pan, Z. L. Tang, J. Y. Liu, Y. Wang, C. L. Deng, Y. Q. Zhang, W. Dong, H. W. Tong 2017, \r\nGigantopithecus blacki: a giant ape from the Pleistocene of Asia revisited. American Journal of Physical Anthropology. 162:3, p. 153 - 177, DOI: 10.1002/ajpa.23150