Wallhecke


Wallheckenlandschaft in Ostfriesland
Auf den Stock gesetzter Knick, nur noch Wall und Überhälter
Knicklandschaft mit Überhältern

Wallhecken (auch Knicks oder Över) sind von Gehölzen bewachsene breite Geländestreifen, häufig künstlich errichtete Erd-, Stein- oder Torfwälle oder Hochraine (Terrassenkanten). Einige von ihnen sind älter als 5000 Jahre. Sie sind weit verbreitete landschaftsprägende Elemente der Kulturlandschaft. Die Größe der Wälle, ihre Vegetation und Fauna ist regional unterschiedlich. Die meisten Wallhecken dienen oder dienten der Grenzmarkierung und der Einfriedigung. Die durchschnittliche Höhe der Wälle beträgt etwa 1,2 m und die durchschnittliche Breite bei Erdwällen 2,0 m (bei vorgeschichtlichen Flurgrenzen wesentlich mehr).

Entstanden sind die Wallhecken durch Rodung. Die ersten Felder und Weiden wurden durch umgebenden Wald begrenzt. Als immer mehr Waldflächen gerodet wurden, blieben zwischen den Flächen kleine Waldstreifen stehen. Mit zunehmender Nutzung wurden die Waldstreifen schmaler. Es blieben die Wallhecken als Feldbegrenzung, Brennholzlieferant und Schutz gegen äolische Erosion (Abtrag durch Wind). In der Geest entstanden sie zum Teil aus von den Äckern abgesammelten Steinen. Auf dem Wall (heutzutage auch einfach nur Streifen) aus Steinen und Erde findet man meist Haselnusssträucher, Hainbuchen, Eschen, vereinzelt eingestreut auch große Buchen und – in Ostfriesland als Hauptbaumgattung – Eichen. Als Schutz gegen Viehverbiss wurden vielfach auch Dornensträucher wie Heckenrosen, Sanddorn, Ginster, Brombeeren und Schlehdorn gepflanzt.

Die Wallhecken bilden einen wichtigen netzartig verbundenen Lebensraum für viele Tierarten. Insgesamt wurden ca. 7000 Tierarten gezählt, darunter viele Singvogelarten. Sie sind aber auch (je nach Anlage) beliebte Ziele für Beerensammler.

In Sonderfällen werden auch gehölzfreie Wälle mit Grenzfunktion als Wallhecken eingestuft. Eine Wallhecke kann auch eine Landwehr oder ein hoher Wall sein, welcher beispielsweise als Sandfang diente. Hierzu gehören auch die Wälle entlang der Hofeinfahrten.

Begriffsbestimmung

Je nach Mundart und Region werden die Wallhecken auch als Hecke, Wall, Öwer, Över oder Einfriedigung bezeichnet. Die in Schleswig-Holstein gebräuchliche Bezeichnung „Knick” (Mehrzahl: Knicke oder Knicks) ist erst 300 bis 400 Jahre alt und bezeichnet dort wallartige Baum- und Strauchhecken, die im 18. Jahrhundert im Rahmen der Verkoppelung als „lebende Zäune“ angelegt wurden. Ein typischer Knick bildet eine bis zu fünf Meter breite (meist jedoch schmalere) relativ dichte grüne „Wand“ aus Sträuchern und Bäumen. Der Begriff leitet sich von der Pflegetätigkeit ab, nämlich dem Knicken bzw. Beugen von Zweigen, dünnen Ästen oder sehr jungen Bäumen. Der Name Gebückbaum ist hiermit ebenfalls erklärt. Wallhecken beherbergen eine charakteristische artenreiche Pflanzen- und Tierwelt, wirken durch ihre große biologische Vielfalt weit in die Landschaft hinein und beeinflussen den Landschaftshaushalt positiv.

Merkmale

In der heutigen Intensivlandwirtschaft werden Wallhecken teilweise als „lästig” empfunden, es gibt in Schleswig-Holstein noch rund 46.000 Kilometer Knick. In Flurbereinigungsverfahren mit dem Ziel, größere und effizienter zu bewirtschaftende landwirtschaftliche Flächen zu schaffen, war nicht selten auch die Einebnung alter Wallhecken vorgesehen. Schätzungen gehen davon aus, dass nach dem Zweiten Weltkrieg noch über 80.000 Kilometer Knicks vorhanden waren. Dies macht Wallheckenlandschaften aktuell in den betroffenen Regionen immer wieder zum Streitobjekt zwischen ökonomischen und ökologischen Interessen. Schließlich haben sich Wallhecken-Grünlandkomplexe im Laufe der Jahrhunderte zu einem eigenen Lebensraum für Flora und Fauna der Tiefebene entwickelt und prägen das landschaftliche Erscheinungsbild mancher Gegenden.

Erscheinungsbild eines Redders

Besonders deutlich wird diese Entwicklung bei der Betrachtung der Knicks in Mecklenburg-Vorpommern[1]. Hier prägen Knicks nicht mehr das Landschaftsbild, da für die LPG-Betriebe ohne Rücksichtnahme riesige Ackerflächen angelegt wurden. In Schleswig-Holstein werden die Knicks heute durch § 30 Bundesnaturschutzgesetz i. V. m. § 21 Abs. 1 Landesnaturschutzgesetz[2] geschützt. Ziel ist es, eine Knickdichte von 60 laufenden Metern je Hektar in landwirtschaftlich geprägten Gegenden zu erhalten.

Das Niedersächsische Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz vom 19. Februar 2010[3] enthält im § 22 Abs. 3 Bestimmungen zu Wallhecken: Mit Bäumen oder Sträuchern bewachsene Wälle, die als Einfriedung dienen oder dienten, auch wenn sie zur Wiederherstellung oder naturräumlich-standörtlich sinnvollen Ergänzung des traditionellen Wallheckennetzes neu angelegt worden sind, (Wallhecken) sind geschützte Landschaftsbestandteile im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG; ausgenommen sind Wälle, die Teil eines Waldes im Sinne von § 2 des Niedersächsischen Gesetzes über den Wald und die Landschaftsordnung sind. Wallhecken dürfen nicht beseitigt werden. Alle Handlungen, die das Wachstum der Bäume und Sträucher beeinträchtigen, sind verboten.

Die Verbote nach den Sätzen 2 und 3 gelten nicht

  1. für Pflegemaßnahmen der Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten,
  2. für die bisher übliche Nutzung der Bäume und Sträucher, wenn deren Nachwachsen nicht behindert wird,
  3. für Maßnahmen zur Durchführung des Pflanzenschutzgesetzes,
  4. für rechtmäßige Eingriffe im Sinne der §§ 14 und 15 BNatSchG sowie
  5. für das Anlegen und Verbreitern von bis zu zwei Durchfahrten pro Schlag, jeweils bis zu zwölf Metern Breite.

Das Anlegen und Verbreitern ist der Naturschutzbehörde spätestens einen Monat vor ihrer Durchführung anzuzeigen. Die Naturschutzbehörde kann im Einzelfall oder allgemein durch Verordnung Ausnahmen von den Verboten nach den Sätzen 2 und 3 zulassen, wenn dies mit den Zielen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar oder im überwiegenden öffentlichen Interesse geboten ist oder wenn die Erhaltung den Eigentümer oder Nutzungsberechtigten unzumutbar belastet. Die Eintragung einer Wallhecke in das Verzeichnis nach § 14 Abs. 9 wird den Eigentümern und Nutzungsberechtigten der Grundstücke, auf denen sich die Wallhecke befindet, schriftlich und unter Hinweis auf die Verbote nach den Sätzen 2 und 3 bekannt gegeben. Bei mehr als zehn Betroffenen kann die Eintragung öffentlich bekannt gegeben werden. Die Naturschutzbehörde teilt dem Grundeigentümer oder Nutzungsberechtigten auf Verlangen mit, ob sich auf seinem Grundstück eine Wallhecke befindet oder ein bestimmtes Vorhaben des Grundstückseigentümers oder Nutzungsberechtigten nach Satz 2 oder 3 verboten ist.

Wird eine Straße beiderseitig von Knicks begrenzt, so ist dafür der Begriff Redder verbreitet. Redder schützten früher die angrenzenden Felder gegen Verbiss oder Vertritt durch Vieh. In ländlichen oder auch vormals ländlichen Gegenden Norddeutschlands tragen vielerorts Straßen diesen Namen.

Siehe auch

Der Alte Postweg durch den Landkreis Cuxhaven führt auch an Wallhecken vorbei. Ihnen ist die Informationstafel 19 in Dorfhagen gewidmet.
  • Bocage
  • Gebück
  • Landgraben
  • Alter Postweg (Landkreis Cuxhaven)[4]

Literatur

  • Müller, Georg: Zerstörung von Wallhecken. Information des Ort- und Heimatvereins Ganderkesee 1986
  • Müller, Georg: Was ist ein Schlatt, Ganderkesee 1987
  • Georg Müller: Wallhecken, Entstehung – Pflege – Neuanlage. BSH Verlag 1989, ISBN 3-923788-16-9.
  • Müller, Georg. Namenserklärungen aus dem Niederdeutschen zu Feld, Flur, Haus, Hof, Flora und Fauna, des 17. bis 20. Jahrhundert, Ganderkesee 1989
  • Müller, Georg: Aktuelle Fragen zum Schutz von Wallhecken, Ganderkesee 2001
  • Georg Müller: Kleine Namenserklärung aus dem Niederdeutschen. 2002.
  • Georg Müller: Eine Landschaft im Wandel. Agenda 21 Verein, Ganderkesee 2003.
  • Georg Müller: Wallhecken / Knicks. 2005.
  • Müller, Georg: Europas Feldeinfriedigungen, Wallhecken / Knicks /Steinwälle / Feldmauern / Flechtzäune / Holzzäune (1000 Seiten, unveröffentlicht, Veröffentlichung geplant 2011).
  • Gerhard Siebels: Zur Kulturgeographie der Wallhecke. Ein Beitrag zur Lösung des Heckenlandschaftsproblems auf Grund kulturgeographischer Untersuchungen im Landkreis Aurich (Ostfriesland). Rautenberg & Möckel, Leer (Ostfriesland) 1954.
  • Renate Hüser: Lebensraum Wallhecke. Hrsg.: Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Landesbildstelle Westfalen, Münster 1991.
  • Jürgen Eigner: Unsere Knicks im Natur- und Landschaftshaushalt. in: Schleswig-Holstein, Band X, 1975, Seiten 172 bis 176.
  • Jürgen Eigner: Ökologische Knickbewertung in Schleswig-Holstein. in: Die Heimat, Band 85, 1978, Seiten 241 bis 249.

Einzelnachweise

  1. Naturschutzausführungsgesetz von Mecklenburg-Vorpommern
  2. Landesnaturschutzgesetz von Schleswig-Holstein
  3. Niedersächsische Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz
  4. Auf dem Alten Postweg durch den Landkreis Cuxhaven ist den Wallhecken eine Informationstafel in Dorfhagen (Gemeinde Hagen im Bremischen) gewidmet.

Weblinks

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