Tentorium cerebelli


Schädel geöffnet, Sicht von lateral
Schädel geöffnet, Sicht von kranial
supratentorieller und infratentorieller Raum
Sicht auf das Tentorium cerebelli (7) bei eröffnetem Schädel

Das Tentorium cerebelli (dt. Kleinhirnzelt) ist eine querverlaufende Hirnhautstruktur zwischen dem Okzipitallappen des Großhirns und dem Kleinhirn.

Anatomie

Das Tentorium cerebelli ist eine bindegewebige Bildung der inneren Schicht (Lamina interna) der harten Hirnhaut (Dura mater).[1] Es überdeckt dachartig die hintere Schädelgrube (Fossa cranii posterior) [2] und befindet sich in der Fissura transversa cerebri (früher auch als Fissura telencephalicodiencephalis bezeichnet).[3]

Das Kleinhirnzelt spannt sich seitlich zwischen dem Felsenbein und dem Sinus transversus auf. Dabei ist es dorsal an der Protuberantia occipitalis interna, beidseits lateral an den Rändern des Sulcus sinus transversi sowie rostral an der Margo superior der Felsenbeinpyramide fixiert und zieht nahe der Felsenbeinspitze über die Impressio trigemini hinweg, läuft von dort nach medial zum Dorsum sellae, wo es den Processus clinoideus posterior und weiter rostral mit einem Ausläufer den Processus clinoideus anterior erreicht.[4] An diesen Strukturen bildet es die sogenannten Plicae petroclinoideae anteriores et posteriores aus. Am Sulcus sinus transversus umfasst die Wurzel des Tentoriums den Sinus transversus und an der Oberkante des Felsenbeins den Sinus petrosus superior. Medial, zwischen den Schenkeln des Tentoriums, wird die als Incisura tentorii (Tentoriumschlitz) bezeichnete Struktur gebildet, durch die das Mesencephalon mit den Arteriae cerebri posteriores, Nervi trochleares und Nervi oculomotorii hindurchzieht.[1] Den Boden des Tentoriumschlitzes bildet dabei das Dorsum sellae[4]. Die Incisura tentorii wird nach rostral vom Os sphenoidale begrenzt und bildet die einzige Verbindung zwischen dem supratentoriellen (oberhalb des Tentoriums befindlichen) und dem infratentoriellen (unterhalb des Tentoriums gelegenen) Raum, in deren Subarachnoidealräumen sich Liquor cerebrospinalis befindet.[3]

An der Mittellinie des Zeltfirstes befindet sich der Übergang zwischen Falx cerebri und Tentorium cerebelli, an dem auch der Sinus rectus lokalisiert ist. Gemeinsam mit der Falx cerebri bildet das Kleinhirnzelt ein Zuggurtungssystem, das die Schädelkapsel von innen mechanisch stabilisiert. Dabei trägt das Tentorium cerebelli die dorsale Hälfte des Telencephalons und verhindert damit dessen Druck auf das Cerebellum. Durch dieses System werden größere Massenverschiebungen des Gehirns bei Traumen verhindert und Deformierungen und Zerreissungen von Hirnstrukturen verringert.[1]

Besonderheiten bei Tieren

Die anatomische Struktur eines Tentorium cerebelli kommt regelmäßig bei Vögeln und Säugetieren vor, nicht aber bei Fischen, Amphibien und Reptilien. Die Morphologie unterscheidet sich dabei jedoch bei den einzelnen Spezies: Während bei einigen kleineren Säugern, wie Fledermaus, Meerschweinchen, Hamster, Maus, Opossum und Ratte nur eine bilaterale symmetrische Hirnhautpartition besteht, die lediglich die lateralen Teile des Kleinhirns und des Großhirns voneinander trennt, so sind bei größeren Säugetieren, wie Katzen, Hunden, Hirschen, Ziegen, Delphinen etc. diese Hirnhautpartitionen vereinigt und bilden ein Art Diaphragma, das die hinteren Anteile der Großhirn-Hemisphären vom Kleinhirn abscheidet und nur eine Durchtrittsstelle für den Hirnstamm freiläßt.[5]

Sagittalschnitt durch einen Pferdeschädel. 12 = Tentorium cerebelli osseum; 8 vordere, 9 mittlere, 10 hintere Schädelgrube


Bei vielen Säugetieren besteht das Kleinhirnzelt auch aus einem knöchernen Teil. Dieser wird bei Pferden und Raubtieren Tentorium cerebelli osseum, bei Schweinen und Wiederkäuern als Eminentia cruciformis bezeichnet. Der bindegewebige Abschnitt wird dann häutiges Kleinhirnzelt (Tentorium cerebelli membranaceum) genannt. Es entspringt bei Pferden, Rindern, Hunden und Katzen an der Crista petrosa, bei Schweinen an der Crista squamosa. [6] [7] Die teilweise Ossifikation des Tentoriums bei vielen Tierarten, durch die Deckknochen entsteht, geschieht unter der Beteiligung des Scheitel-, Zwischenscheitel- und Hinterhauptsbeins.[8]

Pathologie

Durch raumfordernde Prozesse im supra- oder infratentoriellen Raum kann es zur Protrusion von Hirnanteilen (häufig Uncus und Gyrus parahippocampalis) kommen, die sich in der Incisura cerebelli einklemmen (obere axiale Einklemmung). Als Folge dessen kann darüber hinaus eine Stenose des Aquaeductus mesencephali entstehen sowie eine Kompression des Mesencephalon auftreten. Ohne neurochirurgische Entlastung verläuft dieser Vorgang für den Patienten meist tödlich. [3]

In seltenen Fällen sind bei Vitamin D-Intoxikation oder Erkrankungen, wie dem sekundären oder tertiären Hyperparathyreoidismus sowie Pseudoxanthoma elasticum, Kalkablagerungen im Bereich des Tentoriums beschrieben.[9]

Quellen

  1. 1,0 1,1 1,2 von Düring, Monika/ Dermietzel, Rolf/ Drenckhahn, Detlev: Nervensystem. Hirnhäute, Ventrikelauskleidung, Liquor cerebrospinales, in: Drenckhahn, Detlev (Hrsg.): Benninghoff. Anatomie. Makroskopische Anatomie, Histologie, Embryologie, Zellbiologie, Bd. 2, 16. Aufl., München 2004, S. 272f. ISBN 3-437-42350-9
  2. Kugler, Peter: Nervensystem. Grundzüge der Organisation, in: Drenckhahn, Detlev (Hrsg.): Benninghoff. Anatomie. Makroskopische Anatomie, Histologie, Embryologie, Zellbiologie, Bd. 2, 16. Aufl., München 2004, S. 242. ISBN 3-437-42350-9
  3. 3,0 3,1 3,2 Bechmann, Ingo/ Nitsch, Robert: Zentrales Nervensystem, Systema nervosum centrale, Gehirn, Encephalon, und Rückenmark, Medulla spinalis, in: Fanghänel, Jürgen et al. (Hrsg.): Waldeyer. Anatomie des Menschen, 17. Aufl., Berlin/ New York 2003, S. 373. ISBN 3-11-016561-9 Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „Bechmann, Ingo“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „Bechmann, Ingo“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  4. 4,0 4,1 Töndury, Gian/ Kubik, Stefan/ Krisch, Brigitte: Hirnhäute und Hirngefäße in: Leonhardt, Helmut et al. (Hrsg.): Rauber/Kopsch. Anatomie des Menschen, Lehrbuch und Atlas, Bd. 3: Nervensystem, Sinnesorgane , Stuttgart/ New York 1987, S. 178. ISBN 3-13-503501-8 Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „Töndury, Gian“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  5. Klintworth, Gordon K.: The comparative anatomy and phylogeny of the tentorium cerebelli, in: The Anatomical Record (1968) 160, S. 635 - 641. [1]
  6. Salomon, Franz-Viktor: Skelett des Kopfes, in: Salomon, Franz-Viktor et al. (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin, Stuttgart 2005, S. 80 - 110. ISBN 3-8304-1007-7
  7. Koch, Tankred/ Berg, Rolf: Lehrbuch der Veterinär-Anatomie, Bd. 3: Die großen Versorgungs- und Steuerungssysteme, 5. Aufl., Jena/ Stuttgart 1993, S. 410. ISBN 3-334-60427-6
  8. Stark, Dietrich: Vergleichende Anatomie der Wirbeltiere auf evolutionsbiologischer Grundlage, Bd. 2: Das Skelettsystem. Allgemeines, Skelettsubstanzen, Skelett der Wirbeltiere einschließlich Lokomotionstypen, Berlin/ Heidelberg/ New York 1979, S. 392. ISBN 3-540-09156-4
  9. Dorenbeck, Ulrich et al.: Tentorial and dural calcification with tertiary hyperparathyroidism: a rare entity in chronic renal failure, in: European Radiology (2002) 12, S. 11 - 13. (PDF)

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