Qualle


Lebenszyklus einer Schirmqualle
1-8: Festsetzen der Planulalarve und Metamorphose zum Polyp
9-11: Abschnürung (Strobilation) der Ephyralarven
12-14: Umwandlung der Ephyren zur ausgewachsenen Qualle
Qualle
Qualle der Gattung Chrysaora
Kompassqualle (Chrysaora melanaster)
Ohrenqualle (Aurelia aurita)
Qualle
Angeschwemmte Qualle an der ionischen Küste in Italien, Rhizostoma pulmo
Spiegeleiqualle (Cotylorhiza tuberculata)
Gepunktete Wurzelmundqualle (Phyllorhiza punctata)
Eine Qualle im Sealife, München

Als Qualle, im wissenschaftlichen Sprachgebrauch auch Meduse oder Medusa (Pl. Medusen; Medusae) genannt, bezeichnet man ein Lebensstadium von Nesseltieren (Cnidaria) und Rippenquallen (Ctenophora). Im populärwissenschaftlichen Sprachgebrauch hat sich die Bezeichnung Quallen für die Gruppen der Nesseltiere eingebürgert, die ein Medusenstadium bilden. Das ist aber nicht bei allen Gruppen der Nesseltiere der Fall. Außerdem wird der Begriff auch für die Rippenquallen (Ctenophora) benutzt. Früher wurden die Rippenquallen ebenfalls zu den Nesseltieren gestellt oder sie wurden zusammen mit den Nesseltieren als Hohltiere (Coelenterata) zusammengefasst. Sie bilden heute einen eigenen Tierstamm, da ihnen die typischen Nesselzellen und der Generationswechsel der Nesseltiere fehlen. Rippenquallen sind nicht näher mit den Nesseltieren verwandt. Quallen sind also keine systematisch-taxonomische Gruppe.

Die meisten Arten mit einem Quallenstadium leben im Meer. Es gibt aber auch Süßwasserquallen, die aus Asien stammen und mittlerweile auch in deutschen Gewässern heimisch sind. Quallen bevölkern seit mehr als 500 Millionen Jahren die Weltmeere.

Merkmale

Quallen sind gallertartige Organismen, die zu rund 98 bis 99 Prozent aus Wasser bestehen. Ihre Gestalt ist schirmartig mit einem hängenden Magenstiel (Manubrium), an dessen Unterseite sich eine Mundöffnung befindet. Sie bestehen aus zwei einschichtigen, nur knapp ein fünfzigstel Millimeter dicken Gewebslagen, der Außenhaut (Exodermis) und der Innenhaut (Endodermis), zwischen denen eine zellfreie Schicht, die Mesogloea, liegt.

Die meisten Quallen haben lange Tentakel, die mit Nesselzellen ausgestattet sind. Diese benutzen sie zum Fang von Beutetieren oder zur Verteidigung. Diese Nesselzellen sind über die Fangarme verstreut und bilden ein giftiges Sekret. Kommt es zu einer Berührung am Cnidocil (einem Fortsatz der Nesselzellen), platzt die Nesselkapsel im Innern der Nesselzelle mit einem Druck von 150 bar auf und stülpt einen Nesselfaden nach außen, der gleichzeitig das in der Nesselkapsel enthaltene, lähmende Gift abgibt. Nachdem die Qualle auf diese Weise ihr Gift verbreitet hat, werden die Nesselkapseln abgestoßen und neue gebildet.

Fortbewegung

Quallen schwimmen durch eine sich zusammenziehende Bewegung ihres Schirmes, bei der sie nach dem Rückstoßprinzip gleichzeitig Wasser nach unten ausstoßen. Dabei bewegen sie sich schräg nach oben, um sich danach wieder etwas nach unten fallen zu lassen. Sie schwimmen daher oft nahe der Wasseroberfläche. Mit diesem Prinzip können sie bis zu zehn Kilometer pro Stunde zurücklegen. Oft lassen sie sich jedoch auch einfach mit der Strömung treiben.

Fortpflanzung

Bei den Quallen kommt es meistens zu einem Generationswechsel: Die Quallen produzieren Geschlechtszellen, die zur Zygote verschmelzen. Aus dieser entsteht eine Planulalarve, die sich am Boden festsetzt und aus der ein Polyp entsteht. Dieser bildet auf ungeschlechtlichem Wege durch Abschnürung (Strobilation) Ephyralarven, die wieder zu neuen Quallen werden (Polypengeneration). Einige koloniebildende Quallen, wie die Röhrenqualle, können sich geschlechtlich fortpflanzen, indem sie Geschlechtsglocken für Spermien und Eier bilden.

Ernährung

Quallen sind Fleisch- und Pflanzenfresser. Sie ernähren sich meist von Kleinstlebewesen wie Plankton, Kieselalgen oder kleinen Krebsen. Die Nahrung wird zuerst betäubt und dann durch die Mundöffnung verschlungen. Quallen der Gattung Cassiopea können außerdem in Symbiose mit Algen leben, die ihren Wirt mit der nötigen Nahrung versorgen.[1]

Feinde

Zu den wenigen natürlichen Feinden der Quallen gehören Thunfisch, Karettschildkröte, Schwertfisch, Mondfisch und Delfin.

Entwicklungsgeschichte

Quallen bevölkern bereits seit mindestens 505 Millionen Jahren die Meere. Dies wurde durch Fossilienfunde aus Utah belegt.[2] Die Funde belegen zudem, dass Quallen bereits damals so aussahen und gebaut waren wie heute. Daraus lässt sich schließen, dass sich Quallen entweder damals sehr rasch entwickelt haben müssen oder dass es sie noch erheblich länger gibt.

Gruppen

Quallen in Zoologischen Gärten

Die Haltung und Zucht von Quallen ist sehr aufwendig und schwierig, da in den Aquarien immer eine Wasserströmung aktiv sein muss. Auch benötigen die einzelnen Entwicklungsstadien ganz bestimmte (und meist unterschiedliche) Lebensbedingungen, wie Wassertemperatur und Nahrungsangebot (Plankton). Auch kann man Quallen meist nicht mit anderen Arten halten, da diese sich verletzen könnten. Quallen werden daher nur in wenigen Aquarien präsentiert. Im April 2006 eröffnete der Vergnügungs- und Tierpark Ocean Park Hong Kong das Sea Jelly Spectacular, ein spezielles Quallenhaus mit über 1000 Exemplaren.

Gefahren

Gesundheitliche Gefährdung des Menschen

Bei Menschen verursacht das über die Nesselzellen abgesonderte Sekret meist einen brennenden Schmerz, Hautrötungen oder juckende Ausschläge (Blasenbildungen, Schwellungen). Unbehandelt ist die Wirkung mit einer leichten Verbrennung zu vergleichen, es können über Monate sichtbare Pigmentveränderungen oder sogar Narben zurückbleiben. Das Gift einiger weniger Arten kann Atembeschwerden, Brechreiz oder gar einen Kreislaufkollaps verursachen. Bleiben die Tentakel oder Teile davon am Menschen haften, so sollten diese nicht mit bloßen Händen berührt werden, da sie noch sehr lange Gift absondern können. Aus dem gleichen Grund ist auch die Berührung gestrandeter Quallen nicht ratsam.

Einige Quallenarten entwickeln eine starke, bisweilen für den Menschen lebensgefährliche Nesseltätigkeit. Dazu gehören Würfelquallen (Cubomedusae), Solmundella bitentaculata, die mit ihren Tentakeln Fische greift, und Chiropsalmus, deren Nesseln Schwellungen der Haut und Krampfzustände hervorrufen können. Besonders berüchtigt ist das Gift der australischen Seewespe.

Nutzung

Wissenschaft

Quallen spielen in der Wissenschaft eine immer größere Rolle. Bereits in den 1960er-Jahren wurde grün fluoreszierendes Protein (GFP; engl. green fluorescent protein) aus Aequorea victoria untersucht, das seit Mitte der 1990er-Jahre eine große Rolle in der Molekular- und Zellbiologie spielt.[3][4]

Seit der Problematik um BSE geraten Quallen auch als Lieferant von Kollagen ins Visier von Forschung und Industrie. Neben dem Einsatz bei Kosmetika und plastischer Chirurgie untersuchen Wissenschaftler die Verwendung als Knorpelersatz bei verschlissenen Gelenken.[5][6]

Photo of gold-colored jellyfish strips on plate.
Vorspeise Quallenstreifen in Sojasauce, Sesamöl und Chilisauce

Verwendung als Nahrungsmittel

Vor allem in der asiatischen Küche werden einige nicht giftige Quallen auch als Speise bereitet und gegessen.

Einzelnachweise

  1. Edward A. Drew, The biology and physiology of alga-invertebrate symbioses. I. Carbon fixation in Cassiopea sp. at aldabra atoll, Journal of Experimental Marine Biology and Ecology, 1972
  2. Quallen in Stein.
  3. Interview mit Martin Chalfie. in-cites. Dezember 2002.
  4. B. Steipe, A. Skerra: GFP: Das Grün Fluoreszierende Protein. Nach einem Artikel in: Biospektrum. Bd. 3, Nr. 1, 1997, S. 28–30.
  5. Pressemitteilung Universität zu Lübeck. 4. Dezember 2003.
  6. I. Niermann: Quallen als Gelenkschmiere. In: stern. 15. September 2007.

Literatur

Sabine Holst: "Ursprünglich und faszinierend: Quallen an Nord- und Ostseeküste." Biologie in unserer Zeit 41(4), S. 240 - 247 (2011), ISSN 0045-205X

Weblinks

Commons: Qualle – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Qualle – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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