Max Hilzheimer


Otto Jacob Max Hilzheimer (* 15. November 1877 in Kehnert; † 10. Januar 1946 in Berlin-Charlottenburg) war ein deutscher Zoologe auf dem Gebiet der Säugetierkunde (Mammalogie).

Leben

Hilzheimer war der erste amtliche Naturschützer Berlins. Im Jahre 1926 gründete er zusammen mit Hermann Pohle (1892–1982) und Kurt Ohnesorge (1878–1961) die Deutsche Gesellschaft für Säugetierkunde (DGS), deren Ehrenmitglied er wurde. Der Berliner Magistrat beschloss am 23. März 1927 die Einrichtung einer Berliner Stelle für Naturdenkmalpflege. Im folgenden Jahr wurde aus Vertretern der städtischen Körperschaften und der am Naturschutz interessierten Organisationen die Berliner Kommission für Naturdenkmalpflege, deren Geschäftsführer Hilzheimer als erster Berliner Naturschutzkommissar wurde. Gleichzeitig war er auch Direktor der Naturwissenschaftlichen Abteilung des Märkischen Museums. In diesen Funktionen arbeitete er bis Januar 1936, ab der zweiten Jahreshälfte 1935 als Provinzialbeauftragter für Naturschutz und Direktor der Kommission. Sein Arbeitsgebiet beinhaltete die 1920 geschaffene Gemeinde Groß-Berlin, die im Regierungsbezirk Potsdam gelegenen Güter und Forsten Berlins, dazu gehörten die Schutzgebietsverordnungen und unter anderem Anträge für

  • die Naturschutzgebiete Stölpchensee und Pohlesee, Schildhorn, Tegeler Fließ, Kameslandschaft und Ruhlebener See, Spandauer Forst und Pfaueninsel,
  • die Landschaftsschutzgebiete Pichelswerder und Krummes Venn,
  • die Vogelschutzgebiete Rudow und Imchen,
  • die Naturdenkmale in Zehlendorf und Spandau und
  • Schutzmaßnahmen für die Grunewaldmoore und das Havelufer.

Nebenher war Hilzheimer Ständiges Mitglied der Brandenburgischen Provinzialkommission für Naturdenkmalpflege. Außerdem war er in der Bundesleitung des Volksbund Naturschutz e. V. aktiv, und unter seiner Leitung wurden 1932 in den Berliner Bezirken Auskunftsbüros für den Naturschutz errichtet. Im Jahre 1937 studierten er und Prof. Richard N. Wagner peruanische mumifizierte Haushunde und ausgegrabene Hundeskelette und entdeckten dabei gewisse Ähnlichkeiten zwischen dem Körperbau (insbesondere beim Schädel) der heute ausgestorbenen Chincha Bulldogs und dem der French Bulldogs. Heute nimmt man an, dass die Chincha Bulldogs nach Europa eingeschleppt wurden.

Hilzheimer wurde wegen seiner jüdischen Herkunft 1935 seine deutsche Staatsbürgerschaft genommen und ab 1936 alle Ämter und Ehrenämter aberkannt. Hans Klose, Leiter der staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege und Vorsitzender des Volksbund Naturschutz, einer von Hugo Conwentz und ihm geplanten und begründeten Naturschutzorganisation, führte dort 1936 den Arierparagraphen ein, in dessen Folge er Hilzheimer, bis dahin im wissenschaftlichen Beirat des Volksbundes, „mit dankbaren Worten“ entließ. Nur weil seine als „arisch“ eingestufte Ehefrau Walburga mutig für ihn kämpfte, hat Hilzheimer den Terror des Nationalsozialismus in Berlin sowie die Missachtung durch seine Kollegen und Vereinskameraden knapp überlebt. Ab 1936 erlitt er drei schwere Schlaganfälle und wohnte unter schikanösen Bedingungen und Einschränkungen bis zu seinem Tode 1946 in Berlin-Charlottenburg.

Gedenken

Nach dem Krieg wurde Hilzheimer im Zuge der „Erinnerungspolitik“ von Klose und anderen aus der Naturschutzgeschichte verdrängt, während ansonsten eine weitgehende personelle und inhaltliche Kontinuität im deutschen Naturschutz festzustellen war. Anders als in der DGS, deren Mitbegründer und erster Nachkriegs-Geschäftsführer Hermann Pohle Hilzheimer in Reden und Artikeln ausführlich würdigte, blieben im Naturschutzbereich seine Verdienste bis auf eine Ausstellung 2004 in Potsdam ohne angemessene Berücksichtigung. Naturschutzhistoriker sprechen von einem „Umweltschutz, der sich ganz auf den Schutz von Natur und Landschaft konzentriert und allgemeine gesellschaftliche Bezüge systematisch ausblendet“, was bis heute zu einem „Desinteresse an den Menschenrechten, wenn nicht gar zu einer verächtlichen Haltung diesen gegenüber“ führen könne.[1]

Werke

  • Studien über den Hypopharynx der Hymenopteren. Fischer, Jena 1904.
  • Geschichte unserer Haustiere. Thomas, Leipzig 1912/13.
  • Handbuch der Biologie der Wirbeltiere. Enke, Stuttgart 1913.
  • Die im Saalburgmuseum aufbewahrten Tierreste aus römischer Zeit. Berlin 1924.
  • Natürliche Rassengeschichte der Haussäugetiere. De Gruyter, Berlin, Leipzig 1926.
  • Das Naturschutzgebiet Schildow. Neumann-Neudamm, Berlin 1931.

Literatur

  • Hermann Pohle: Max Hilzheimer, 1877–1946. In: Zeitschrift für Säugetierkunde. Bd, 19 (1954), S. 66–82.
  • Bernd Schütze: Erinnerungspolitik im Naturschutz – das Beispiel Professor Dr. Max Hilzheimer. In: Institut für Umweltgeschichte und Regionalentwicklung e.V. an der Fachhochschule Neubrandenburg: Studienarchiv Umweltgeschichte. Nr. 9 (2004), S. 42–51 (online).
  • Bernd Schütze: Juden in der Naturschutzgeschichte? Fragen eines lesenden Naturschützers. In: Uwe Schneider und Joachim Wolschke-Bulmahn (Hrsg.): Gegen den Strom, Gert Gröning zum 60. Geburtstag (= Beiträge zur räumlichen Planung. Bd. 76). Institut für Grünplanung und Gartenarchitektur, Hannover 2004, S. 267–293.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Frank Uekötter: Der Alltag des Naturschutzes. Anmerkungen zu gegenwärtigen Entwicklungen in der Historiographie der Umweltbewegungen. In: Sozial.Geschichte.Extra. 30. August 2006, abgerufen am 25. August 2012.

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