Mauereidechse



Mauereidechse

Mauereidechse (Podarcis muralis)

Systematik
Klasse: Reptilien (Reptilia)
Ordnung: Schuppenkriechtiere (Squamata)
Familie: Echte Eidechsen (Lacertidae)
Unterfamilie: Lacertinae
Gattung: Mauereidechsen (Podarcis)
Art: Mauereidechse
Wissenschaftlicher Name
Podarcis muralis
(Laurenti, 1768)

Die Mauereidechse (Podarcis muralis) gehört zur Klasse der Kriechtiere (Reptilia), der Familie der Echten Eidechsen (Lacertidae) und zur Gattung der Mauereidechsen (Podarcis). Sie wurde von der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde zum Reptil des Jahres 2011 ausgerufen.[1]

Merkmale

Ein Pärchen der Unterart "Italienische Mauereidechse", Podarcis muralis nigriventris

Die Mauereidechse erreicht eine Gesamtlänge von 25 Zentimeter. Sie ist schlank und wirkt im dorsalen Bereich aufgrund ihrer Körperlänge häufig abgeflacht. Das Halsband ist gewöhnlich glattrandig, die Rückenschuppen leicht gekielt. Der Schwanz kann das Doppelte der Kopf-Rumpf-Länge erreichen. Die Rückenfärbung ist hell- bis mittelbraun oder grau, mitunter auch grünlich. Auffallend ist eine unregelmäßige schwärzliche Fleckung, die manchmal ein Netzmuster bildet. Die Unterseite ist sehr variabel gefärbt, von weißlich über gelblich bis rot und von ungefleckt bis stark gefleckt oder getüpfelt. Je nach Herkunft können die Tiere in Körperfärbung und Zeichnungsmuster stark variieren, dadurch sind die Tiere teilweise schwer bestimmbar. Insbesondere in Süd- und Südosteuropa existieren zahlreiche Unterarten.

Verbreitung und Lebensraum

Verbreitungsgebiet

Die Mauereidechse ist von Nord-, Nordost- und Mittel-Spanien ostwärts über Mitteleuropa und die Balkanländer bis zur Westküste des Schwarzen Meeres verbreitet. Die natürliche Verbreitungsgrenze im Norden wird auf den Kanal-Inseln, in Nordfrankreich, Südbelgien und im Süden der Niederlande erreicht. In Deutschland kommt die Art schwerpunktmäßig im Südwesten in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz vor. Dabei werden klimatisch begünstigte Hanglagen an Rhein, Neckar, Mosel, Nahe, Lahn, Rur und Ahr bevorzugt. Weitere Vorkommen existieren in Hessen und im Saarland. In Nordrhein-Westfalen kommt die Art natürlicherweise im Rheintal bei Bonn und in der Eifel vor. Die größte Population nördlich der Alpen lebt auf dem Gelände des Zürcher Hauptbahnhofs.[2]

Bemerkenswert sind die vielen Einbürgerungen und Verschleppungen außerhalb, aber auch innerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes. Beispiele für ortsfremde Populationen gibt es in Deutschland (u. a. Duisburg, Bochum, Düsseldorf, Dortmund, Bonn, Bielefeld, Frankfurt am Main, Hanau, Aschaffenburg, Dresden, Leipzig, Donauwörth, Kelheim, Passau und Freiburg), in Österreich (unter anderem Linz, Schärding, Klosterneuburg), im Süden von Großbritannien (Portland, Bournemouth, Ventnor, Shoreham-by-Sea), in Kanada (Umgebung von Victoria, Vancouver Island) und in den USA (Cincinnati und Umgebung, Ohio und Kentucky, Clarksville [Indiana]).

Die Mauereidechse besiedelt ein breites Biotopspektrum. Bevorzugt finden sich die Tiere auf nach Südosten oder Südwesten exponierten Flächen. In diesen Biotopen ergibt sich eine optimale Ausnutzung der Vormittags- beziehungsweise der Nachmittagssonne.

Die Eidechsen, die in den Hohlräumen der Mauern leben, nutzen diesen Unterschlupf sowohl zum Schutz gegen Kälte in der Nacht als auch zum Schutz gegen die extrem hohen Temperaturen während der Mittagshitze im Hochsommer. Generell günstig sind Mauern mit gleichmäßig verteilten offenen Fugen und Spalten. Die Tiere bevorzugen einerseits vielfältig bewachsene Mauerflächen, die reichlich Insekten anlocken, andererseits unbewachsene Flächen, um sich dort zu sonnen. Ein geringer Mauerbewuchs kann durch angrenzenden naturnahen Bewuchs am Fuß der Mauer ausgeglichen werden. Ein Einfluss der Mauerhöhe auf die Besiedlung durch die Eidechsen ist nicht bekannt. Mauereidechsen, die an Burgruinen leben, nutzen im Prinzip die gesamte Mauerfläche. Das gleiche gilt für die Besiedlung von Felswänden und Geröllflächen. Als typischer Kulturfolger ist die Mauereidechse auch in Weinbergen, an Bahn- und Straßenböschungen sowie an Gebäuden in Siedlungen und Städten anzutreffen. Gelegentlich tritt die Art auch an offenen, vertikalen Gesteinsflächen von Steinbrüchen auf.

Die Mauereidechse ist stets tagaktiv. Sie ist sehr flink und klettert sehr gut. Das Gelege wird unter Steinen oder in kleinen selbstgegrabenen Gängen abgelegt. Es umfasst zwei bis zehn Eier. Bei günstigen Lebens- und Umweltbedingungen sind zwei bis drei Jahresgelege möglich. Die Jungtiere schlüpfen nach etwa sechs Wochen von Ende Juni bis Anfang August.

Gefährdung und Schutz

Die in den letzten Jahren durchgeführten Maßnahmen zur Rebflurbereinigung haben regional zu einigen Bestandseinbußen bei der Mauereidechse geführt. Probleme gibt es an Kletterfelsen, wo der Lebensraum im Einstiegsbereich von Kletterrouten verloren geht. Häufig kommt es zu Bodenverdichtungen und Erosion an den Kletterfelsen. Beispiele für solche Probleme von Mauereidechsen in Klettergebieten sind das NSG „Buntsandsteinfelsen im Rurtal zwischen Heimbach und Kreuzau“ in der Eifel[3] und der Steinbruch Stenzelberg im NSG Siebengebirge bei Bonn. Weitere Gefahren drohen den Tieren durch unsachgemäße Auffüllung von Steinbrüchen. Im Vorfeld solcher Eingriffe werden immer wieder Umsiedelungsmaßnahmen angesprochen und auch hin und wieder praktiziert. Die Erfahrungen und Beobachtungen zeigen jedoch generell, dass Verfrachtungen intakter Eidechsenpopulationen in andere (fremde) Lebensräume sehr in Frage zu stellen sind. Bei der Umsiedelung kann der neue Lebensraum je nach Anzahl der verfrachteten Tiere sehr rasch an die Grenzen seiner Nahrungs- und Habitatskapazitäten kommen, insbesondere wenn im ausgewählten Biotop bereits Mauereidechsen leben. Aber auch für andere Reptilienarten des gleichen Lebensraumtyps verschärft sich die Konkurrenzsituation hinsichtlich Nahrung und Ruhehabitat (zum Beispiel für die Blindschleiche). Daher sind Umsiedelungen als sogenannte „Rettungsmaßnahme“ des Naturschutzes in der Regel nicht vertretbar.

Gesetzlicher Schutzstatus (Auswahl)[4]

  • Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie): Anhang IV (streng zu schützende Art)
  • Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG): streng geschützt

Nationale Rote Liste-Einstufungen (Auswahl)[5][6]

  • Rote Liste der Bundesrepublik Deutschland: V – Vorwarnliste
  • Rote Liste Österreichs: EN (stark gefährdet)
  • Rote Liste der Schweiz: LC (nicht gefährdet)

Literatur (Auswahl)

  • Amo, L., P. Lopez & J. Martin (2006): Nature-based tourism as a form of predation risk affects, body condition and health state of Podaricis muralis lizads. Biological conservation 131: 402-409.
  • Blab, J., P. Brüggemann & H. Sauer (1991): Tierwelt in der Zivilisationslandschaft. Teil II: Raumeinbindung und Biotopnutzung bei Reptilien und Amphibien im Drachenfelser Ländchen. Schriftenr. Landschaftspflege Naturschutz 34: 94 S. Bonn-Bad Godesberg.
  • Chemla, C. (2005): Überleben kontra Freizeit: Mauereidechsen und Klettersport am Stenzelberg im FFh-Gebiet Siebengebirge. Rundbrief Herpetofauna NRW 26: 27-30.
  • Dexel R. (1986): Zur Ökologie der Mauereidechse Podarcis muralis (Laurent, 1768) (Sauria: Lacertidae) an ihrer nördlichen Arealgrenze. II. Populationsstruktur und Dynamik. Salamandra 22 (4), 259-271.
  • Fritz, K. (1987): Die Bedeutung anthropogener Standorte als Lebensraum für die Mauereidechse (Podarcis muralis), dargestellt am Beispiel des südlichen Oberrhein- und des westlichen Hochrheintals. Beih. Veröff. Naturschutz Landschaftspflege Bad.-Württ. 41, 427-462.
  • Gruschwitz, M. & W. Böhme (1986): Podarcis muralis (Laurenti, 1768) - Mauereidechse. In: Handbuch der Reptilien und Amphibien Europas. Böhme, W. (Hrsg.) 2, 155-208, Wiesbaden.
  • Haberbosch, R. & G. May-Stürmer (1987): Ökologische Ansprüche der Mauereidechse (Podarcis muralis) an Weinbergsmauern auf der Gemarkung Heilbronn. Beih. Veröff. Naturschutz Landschaftspflege Bad.-Württ. 41, 407-426.
  • Klünder, J. & D. Siehoff (1997): Naturschutzkonzept für die Buntsandsteinfelsen im Rurtal. Schriftenreihe Naturschutz im Kreis Düren, 1.
  • Kramer, G. (1938): Angaben zur Fortpflanzung und Entwicklung von Mauereidechsen. - Senckenbergiana 20, 66-80.
  • Kollar, R. (1986): Die Bedeutung des Paarungsmarsches von Podarcis muralis (Laurenti, 1768). Ann. Naturh. Mus. Wien 87, 69-81.
  • Licht, P., H.E. Hoyer & P.G.W.J. van Oordt (1969). Influence of photoperiod and temperature on testicular recrudescence and body growth in the lizards, Lacerta sicula and Lacerta muralis. J. ZOOL. 157, 469-501.

Weblinks

Commons: Mauereidechse – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Reptil des Jahres 2011: Die Mauereidechse. DGHT, abgerufen am 10. Dezember 2010.
  2. Neue Zürcher Zeitung vom 10. Februar 2007
  3. Naturschutzkonzept für die Buntsandsteinfelsen im Rurtal. Schriftenreihe Naturschutz im Kreis Düren, Heft 1. Hrsg: BUND/NABU (1997), 3. Auflage 2007
  4. Mauereidechse bei www.wisia.de
  5. Klaus-Detlef Kühnel, Arno Geiger, Hubert Laufer, Richard Podloucky & Martin Schlüpmann: Rote Liste und Gesamtartenliste der Kriechtiere (Reptilia) Deutschlands. S. 231–256 in: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Rote Liste der gefährdeten Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands 1: Wirbeltiere. Landwirtschaftsverlag, Münster 2009, ISBN 978-3784350332
  6. Online-Übersicht bei www.amphibienschutz.de

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