Magerrasen


Die Hochfläche und der Südhang der Osterwiese auf dem Hesselberg in Mittelfranken ist ein typischer Kalk-Magerrasen
Wacholderheide bei Alendorf in der Eifel
Sand-Magerrasen mit Blauschillergras, Moosen und offenen Bodenanrissen im Sandgebiet bei Darmstadt.

Als Biotoptyp Magerrasen werden unterschiedliche Typen extensiv genutzter Rasen (Biotop) an besonders nährstoffarmen, „mageren“ Standorten zusammengefasst. Die Artenzusammensetzung des Magerrasens ist geprägt von Kraut- und Halbstrauchpflanzen. Als Trockenrasen bezeichnet man einen Typ von Magerrasen, bei dem die Trockenheit als Verursacher der Ertragsarmut besonders im Vordergrund steht. Heute sind die meisten Magerrasen in ihrem Bestand bedroht. Als Rückzugsgebiete sehr vieler gefährdeter Arten werden die verbleibenden Gebiete oft besonders geschützt.

Allgemein als Magergrünland, bei Mahd als Magerwiesen, bei Beweidung als Magerweiden, werden meist Übergangsbestände zwischen „echten“ Magerrasen und Intensivgrünland bezeichnet. Sie können genauso arten- und blütenreich sein wie die eigentlichen Magerrasen, wobei sich deren Artenbestand mischt. Sie sind oft durch schwache Düngung aus Magerrasen hervorgegangen. Nach pflanzensoziologischer Nomenklatur würde man sprachlich nicht besonders elegant von „mageren Fettwiesen“ sprechen.

Würde man einen idealtypischen, beweideteten Hang in einer karstigen Gegend wie der Schwäbischen Alb im 19. Jahrhundert betrachten, so fände man an den trockensten und sonnenexponiertesten Stellen Trockenrasen vor, mit zunehmender Feuchtigkeit Halbtrockenrasen, der schließlich über Magerweiden in Fettweiden am Talgrund überginge. Trockenrasen und Halbtrockenrasen sind dabei wissenschaftliche Untergliederungen des Magerrasens, die landwirtschaftlich nicht vorgenommen wurden.

Landwirtschaftlich wurden die Magerrasen im Unterschied zu den mageren und fetten Weiden nur extensiv mit Schafen und Ziegen beweidet und als Hute oder Trift bezeichnet. Seit der Aufgabe der meisten Wanderschäfereien seit dem Ende des 19. Jahrhunderts sind die Magerrasen starken Veränderungen unterworfen. Entweder wurde die Weidewirtschaft durch künstliche Düngung intensiviert oder die Weiden wurden aufgeforstet oder einfach der Verbuschung überlassen. Doch Karstgebirge sind nur ein Landschaftstyp, der zur Entstehung von ertragsarmen Magerrasen führte.

Wortbedeutung

Der Begriff mager bezieht sich zur Unterscheidung von fettem Grünland erst einmal auf den geringeren Ertrag.[1] Sekundär denkt man aufgrund des wichtigen Zusammenhanges auch an den Nährstoffgehalt, doch der ist nicht der einzige Faktor, welcher den Ertrag bestimmt. Nicht zu verwechseln ist diese Bedeutung mit dem Gebrauch in der Bodenkunde, wo ein tonreicher Lehm als fett bezeichnet wird, ein tonarmer als mager.

Standortbedingungen

Magerrasen kommen auf unterschiedlichen Böden und Bodentypen vor, denen nur ihre Armut an Nährstoffen, vor allem an Stickstoff, gemeinsam ist. Die meisten Bestände finden sich auf extremen Böden mit besonderen Standortbedingungen, da Böden „mittlerer“ Standorte meist von der Landwirtschaft durch Düngung verändert wurden. Besonders blütenreich sind Magerrasen auf kalkreichen Böden (Kalktrockenrasen). Auf sauren Böden kommen sie vor allem auf Sand vor (Sandtrockenrasen), oft verzahnt mit Heiden. Auch Almwiesen und alpine Matten stellen in der Regel Magerrasen dar. Pflanzenarten der Magerrasen besitzen oft eine hohe Trockenheitsresistenz. Entscheidend ist aber ihre Fähigkeit, auf nährstoffarmen Böden zu gedeihen. Die Arten der Magerrasen unterliegen in gedüngten Wiesen und Weiden aufgrund ihrer geringen Konkurrenzkraft anderen Pflanzen im Kampf um das Überleben.

Entstehung

Magerrasen als Pflanzengesellschaft nährstoffarmer Standorte gehen in Mitteleuropa auf die Tätigkeit des Menschen zurück. Entstanden sind sie zumeist durch Beweidung ursprünglich bewaldeter Flächen. Da die Weidetiere (vor allem Ziegen und Schafe) die jungen Bäume und Sträucher verbeißen, öffnet sich der beweidete Hutewald immer mehr, es entstehen Lichtungen, bis schließlich die Holzgewächse ganz verschwinden und ein Magerrasen zurückbleibt. Magerrasen waren deshalb typisch für die von allen Dorfbewohnern gemeinsam genutzten Teile der Gemarkung, die Allmende (regional auch „Mark“, „Hute“, „Heide“ usw. genannt). Unter den heutigen Bedingungen der Landwirtschaft ist die Bewirtschaftung von Magerrasen nicht mehr rentabel. Sie werden im Kataster häufig als „Ödland“ oder „Unland“ bezeichnet. Die früher existierenden Magerrasen sind deshalb bis auf geringe Reste entweder durch Düngung melioriert oder aufgeforstet worden.

Ob in Mitteleuropa eventuell untergeordnet auch natürliche Magerrasen existiert haben könnten, ist umstritten. Nach der „Megaherbivoren-Hypothese“ sind sie möglicherweise teilweise Relikte von natürlichen Weiderasen, wie sie vor dem Auftreten des Menschen in der damaligen Landschaft durch die Weidetätigkeit der natürlich vorkommenden großen Pflanzenfresser entstanden sein könnten. Erst die Ausrottung der großen Weidetiere durch den Menschen habe zur Zurückdrängung der offenen Weidemagerrasen Mitteleuropas geführt. Waren für das frühzeitliche Aussterben der großen Pflanzenfresser Mammut, Altelephant, Waldnashorn, Wollnashorn und Steppenwisent das Klima neben der Jagd möglicherweise mitverantwortlich, so ist das Aussterben bzw. die weitgehende Ausrottung von Wildpferd, Riesenhirsch, Elch, Auerochs, Waldwisent, Höhlenbär und Braunbär, die einst zahlreich unsere Landschaft bevölkerten, durch den Menschen bedingt. Der Vegetationskundler E. Gradmann bezeichnete diese (hypothetischen) natürlichen Magerrasen in Süddeutschland als „Steppenheiden“. Die ursprünglich also möglicherweise bereits parkartigen Weidewälder wurden im Umfeld menschlicher Siedlungen ab der Jungsteinzeit durch die übliche Waldweide von Haustieren weitertradiert und haben sich im Zug der Weiterentwicklung der Weidewirtschaft ausgebreitet. Aufgrund der durch den Menschen geförderten Entstehung haben die meisten Tier- und Pflanzenarten der Magerrasen in Mitteleuropa nicht ihr Verbreitungszentrum. Viele Arten kommen aus den (natürlichen) Steppen Osteuropas oder sind aus Felsrasen des Mittelmeergebiets (Garigue) eingewandert.

Magerrasen sind durch extensive landwirtschaftliche Nutzung (einschürige Mähwiesen oder Schafweiden) auf nährstoffarmen Flächen entstandene (oder zumindest stark geförderte) Ökosysteme, bei denen in der vorindustriellen Landwirtschaft nur eine extensive Landnutzung stattfand. Typisch für Magerrasen war die Wanderschäferei, für die große Weideflächen gebraucht wurden. Entsprechend sind sie auch heute dauerhaft nur durch Nutzung (oder als Ersatz durch angepasste Pflege)zu erhalten. Wird die Nutzung dauerhaft eingestellt, verbrachen sie und viele der besonderen Tier- und Pflanzenarten gehen verloren.

Als exotisches Beispiel für eine heutige Nutzung mit Entstehung von Magerrasen können Flächen auf Truppenübungsplätzen genannt werden. Hier kommt es durch ständiges Aufreißen der Vegetationsdecke sandiger, flachgründiger Standorte, als Folge der Fahrtätigkeit von Kettenfahrzeugen, ebenfalls zum Zurückdrängen von Holzgewächsen. Da Truppenübungsplätze (im Gegensatz zu nahezu allen heute landwirtschaftlich genutzten Flächen) nicht gedüngt werden, können Magerrasen entstehen (Beispiel: Mainzer Sand).

Typen von Magerrasen

  • Sand-Magerrasen siehe Trockenrasen
  • Kalk-Magerrasen (Halbtrockenrasen) siehe Beitrag Trockenrasen
  • Steppentrockenrasen (Lehm) im östlichen Mitteleuropa
  • Übergangsformen mit günstigeren Nährstoff- und Feuchtebedingungen wie Magerrasen und Halbtrockenrasen.
  • Silikattrockenrasen
  • Wacholderheide (diese Bezeichnung ist gebräuchlich, sagt aber nichts über die Pflanzengesellschaft aus)
  • Brenne, kleinflächiges Rasenbiotop in Auwäldern
  • Schwermetall-Magerrasen, z.B. im Harz und Harzvorland (siehe auch Schwermetallrasen)
  • Borstgrasrasen

Naturschutz/Pflegemaßnahmen

Pflegearbeiten, hier abharken von Mähgut, auf dem Magerrasen im NSG Wulsenberg, Marsberg, NRW

Die genannten Bedingungen machen den Magerrasen zum Rückzugsgebiet gefährdeter Tier- und Pflanzenarten. Viele Arten der Roten Liste existieren hier. Um den Magerrasen zu erhalten und seine Weiterentwicklung zum Gehölz (Verbuschung) zu verhindern, müssen die Flächen in der Regel gepflegt werden. Zu den Pflegemaßnahmen zählen extensive Beweidung (Beweidung durch Schafe) und Entbuschungsmaßnahmen (Entkusselung). Diese Tiere knabbern die Sprösslinge von Büschen und Sträuchern ab und verhindern dadurch das Aufkommen von Gehölzen. Wacholderbüsche sind allerdings häufig auf Magerrasen anzutreffen, weil sie von den Weidetieren gemieden werden.

Siehe auch

Literatur

  • Olaf von Drachenfels: Rote Liste der gefährdeten Biotoptypen in Niedersachsen. In: Naturschutz und Landschaftspflege in Niedersachsen. Band 34, 1996, S. 1–146.
  • G. Jeckel: Syntaxonomische Gliederung, Verbreitung und Lebensbedingungen nordwestdeutscher Sandtrockenrasen (Sedo-Scleranthetea). In: Phytocoenologia. Band 12, Nr. 1, 1984, S. 9–153.
  • A. Jentsch, W. Beyschlag, W. Nezadal, T. Steinlein, W. Welß: Bodenstörung – treibende Kraft für die Vegetationsdynamik in Sandlebensräumen. In: Naturschutz und Landschaftsplanung. Band 34, Nr. 2/3, 2002, S. 37–44.
  • Heinz-Dieter Krausch: Die Sandtrockenrasen (Sedo-Scleranthetea) in Brandenburg. In: Mitteilungen der Floristisch-Soziologischen Arbeitsgemeinschaft, Neue Folge. Band 13, 1968, S. 71–100.
  • R. Pott, J. Hüppe: Die Hudelandschaften Nordwestdeutschlands. In: Abhandlungen aus dem Westfälischen Museum für Naturkunde. Band 53, Nr. 1/2, Münster 1991.
  • R. Tüxen: Zur Geschichte der Sand-Trockenrasen (Festuco-Sedetalia) im nordwestdeutschen Alt-Diluvium. In: Mitteilungen der Floristisch-Soziologischen Arbeitsgemeinschaft. Neue Folge. Band 8, 1960, S. 338–341.
  • B. Beinlich, H. Plachter (Hrsg.): Schutz und Entwicklung der Kalkmagerrasen der Schwäbischen Alb. In: Beiheft Veröffentlichungen für Naturschutz und Landschaftspflege Baden-Württemberg. Band 83, 1995.
  • Katja Funke (Bearb.): Schwermetall-Magerrasen und Heiden im Harz sowie Schwermetall-Magerrasen entlang Innerste und Oker im Harzvorland. Erfassung der nach § 28a NNatG geschützten Biotope. Seesen 1995.
  • Heiko Rein: Kalkmagerrasen. In: Naturschätze der Rhön. Kaltensundheim 1997, 20 S.

Einzelnachweise

Weblinks

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