Imatinib


Strukturformel
Strukturformel des Imatinib
Allgemeines
Freiname Imatinib
Andere Namen

4-[(4-Methylpiperazin-1-yl)methyl]- N-[4-methyl-3-[(4-pyridin- 3-ylpyrimidin-2-yl)amino] phenyl]benzamid

Summenformel C29H31N7O
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 152459-95-5
PubChem 5291
DrugBank APRD01028
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Arzneistoffangaben
ATC-Code

L01XE01

Wirkstoffklasse

Zytostatikum

Wirkmechanismus

Tyrosinkinase-Inhibitor

Eigenschaften
Molare Masse 493,60 g·mol−1
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Imatinib ist ein Arzneistoff zur Behandlung der chronischen myeloischen Leukämie (CML), von gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) sowie weiteren malignen Erkrankungen. Es wird von der Firma Novartis unter dem Handelsnamen Glivec® (Europa/Australien) oder Gleevec® (USA) vertrieben. In der Entwicklungsphase war der Name des Wirkstoffs CGP57148B bzw. STI-571. Es gilt als eines der teuersten Medikamente auf dem deutschen Markt.[2] Im Oktober 2012 hat das Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) eine Empfehlung zur Zulassung eines Nachahmerproduktes des israelischen Generika-Unternehmen Teva abgegeben.[3][4]

Erste Beobachtungen scheinen auch Therapieerfolge bei der pulmonalen Hypertonie zu bestätigen.

Wirkmechanismus

Bei über 90 % der Patienten mit einer chronischen myeloischen Leukämie (CML) findet sich das sogenannte Philadelphia-Chromosom. Es handelt sich dabei um ein verkürztes Chromosom 22, welches durch Austausch von genetischem Material zwischen Chromosom 9 und 22 entsteht. Diesen Vorgang nennt man Translokation. Dadurch wird das Gen für ein natürliches Enzym, die Tyrosinkinase ABL von Chromosom 9, mit einem Fragment des BCR-Gens auf Chromosom 22 verschmolzen. Die so mutierten Zellen produzieren ein sogenanntes Fusionsprotein BCR-ABL, eine im Vergleich zum ABL mit verstärkter Aktivität ausgestattete Tyrosinkinase, die zur unkontrollierten Vermehrung von weißen Blutkörperchen führt und eine entscheidende Rolle bei der Entstehung einer CML spielt.

Imatinib ist ein spezifischer Hemmstoff, der die Aktivität der Tyrosinkinase ABL in den erkrankten Zellen blockiert und damit die krankhaft gesteigerte Vermehrung der mutierten Blutstammzellen unterdrückt.

Ziel der Behandlung der chronischen myeloischen Leukämie mit Imatinib ist es, eine möglichst weitgehende Reduktion des pathologischen Zellklons zu erreichen. Eine molekulare Remission, bei der BCR-ABL-Transkripte auch mittels sensitiver Verfahren (RT-PCR) nicht mehr nachweisbar sind, erreicht nur eine kleinere Gruppe von Patienten. Etwa 40 % erreichen eine deutliche Reduktion von BCR-ABL in der quantitativen PCR (> 3 log-Stufen), bei mindestens 70 % sind keine Metaphasen mit dem Philadelphia-Chromosom mehr nachweisbar (komplette zytogenetische Reduktion). Eine Normalisierung des Blutbildes (komplette hämatologische Remission) wird unter Imatinib bei über 95 % der Patienten erreicht.

Molekularer Wirkmechanismus

Das aktive Zentrum der BCR-ABL-Kinase (grün), Verursacher der CML, wird durch das Imatinib-Molekül (rot) blockiert.

Der Wirkmechanismus von Imatinib besteht in der kompetitiven und selektiven Blockade der ATP-Bindungsstelle spezifischer Tyrosinkinasen, wie z. B. Abl, Bcr-Abl, c-Kit und der PDGF-Rezeptor. Durch diese Blockade wird die Übertragung eines Phosphatrestes auf das Substrat verhindert. Imatinib wirkt auch auf das physiologisch vorkommende Abl. Gesunde Zellen besitzen jedoch zusätzliche Signalwege und werden kaum in ihrer Funktion gestört. Krebszellen hingegen sind abhängig von der Aktivität von Bcr-Abl und werden in ihrer Teilungs- und Überlebensfähigkeit stark beeinträchtigt.

Stoffliche Weiterentwicklungen mit ähnlichen Wirkmechanismen, die bei Imatinib-Resistenz oder -unverträglichkeit eine therapeutische Alternative darstellen können, sind die Tyrosinkinase-Inhibitoren Dasatinib, Nilotinib und SGX393.

Metabolismus

Bioverfügbarkeit 98 %
Plasmaeiweißbindung 95 %
Metabolismus Hepatisch, vorwiegend Cytochrom P450 3A4
Halbwertzeit 18–22 Stunden
Ausscheidung Hepatisch
Verabreichungsform Oral
Schwangerschaft sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung
(teratogen im Tierversuch)

Imatinib wird hauptsächlich von dem Cytochrom P450-Isoenzym CYP3A4 verstoffwechselt, wobei das N-Desmethyl-Piperazin-Derivat als Hauptmetabolit mit Restaktivität entsteht. Inhibitoren dieses Isoenzyms (zum Beispiel Erythromycin, Cimetidin oder Grapefruitsaft) können die Metabolisierung von Imatinib hemmen und somit zu einer Erhöhung der Plasmakonzentrationen und in der Folge zu höherer Toxizität führen. Des Weiteren findet man N-Oxide am Piperazin- und am Pyrimidin-Ring sowie die Oxidation der aromatischen Methylgruppe zum Alkohol. Die Ausscheidung erfolgt größtenteils über die Galle (biliär), zu einem geringeren Teil über die Niere. Unverändert werden 25 % ausgeschieden. Imatinib ist kompetitiver Hemmstoff der Cytochrome CYP2C9, CYP2D6, CYP3A4/5. Der Zeitpunkt der maximalen Plasmakonzentration liegt bei 1 bis 2 Stunden.

Unerwünschte Wirkungen und Gegenanzeigen

Imatinib wird im Allgemeinen gut vertragen. Zu den unerwünschten Wirkungen zählen Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Muskelschmerzen (Myalgie), Muskelkrämpfe, Hautrötungen, erhöhte Leberwerte (Transaminasenanstieg), Schwellungen (Ödeme) und Hautveränderungen. Imatinib ist im Tierversuch teratogen und sollte deshalb während der Schwangerschaft nicht angewendet werden.

Einzelnachweise

  1. Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  2. http://www.wiwo.de/unternehmen-maerkte/galerien/die-teuersten-medikamente-1055/9/glivec.html Abgerufen am 17. Dezember 2010
  3. Imatinib Teva von der WebSite der EMA, abgerufen am 3. Dezember 2012
  4. Bittere Pille für Novartis Ärzte Zeitung online, 23. Oktober 2012

Literatur

  • Deininger, M. et al. (2005): The development of imatinib as a therapeutic agent for chronic myeloid leukemia. In: Blood. Bd. 105, S. 2640-2653. PMID 15618470
  • O'Brien, SG et al. (2003): Imatinib compared with interferon and low-dose cytarabine for newly diagnosed chronic-phase chronic myeloid leukemia. In: N. Engl. J. Med. Bd. 348, S. 994–1004. PMID 12637609.
  • Savage, D.G. & Antman, K.H. (2002): Imatinib Mesylate — A New Oral Targeted Therapy. In: N. Engl. J. Med. Bd. 346, S. 683–693. PMID 11870247

Handelsnamen

Imatinib ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz unter dem Namen Glivec im Handel erhältlich.

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