Hermann Rein


Friedrich Hermann Rein (* 8. Februar 1898 in Mitwitz, Oberfranken; † 14. Mai 1953 in Göttingen) war ein deutscher Physiologe und Hochschullehrer.

Wirken

Nach seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg als Marine-Flugzeugführer schloss er sich zunächst einem Freikorps an.[1] Rein studierte Medizin in Würzburg und München und wurde 1923 in München zum Dr. med. promoviert. 1926 folgte in Freiburg im Breisgau seine Habilitation im Fach Physiologie. Noch im gleichen Jahr nahm er eine Professur für Physiologie in Freiburg an und wechselte 1932 als Professor an die Universität Göttingen. Schon 1932 war Rein Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher „Leopoldina“.

Zum 11. November 1933 unterzeichnete er das Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat.[1] Rein trat zwar nicht der NSDAP bei, wurde aber 1934 förderndes Mitglied der SS und schloss sich dem NS-Fliegerkorps an.[1] Seit 1937 war er Direktor des Luftfahrtmedizinischen Forschungsinstituts, das dem Reichsluftfahrtministerium unter Hermann Göring unterstand. Wegen der Doppelbelastung wurde er von der Lehrtätigkeit befreit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde er Oberkriegsarzt und beratender Physiologe bei der Luftwaffe. Am 18. August 1942 ernannte ihn Adolf Hitler zum außerordentlichen Mitglied des wissenschaftlichen Senats des Heereswesens.[1] Im Oktober 1942 gehörte er zu den Referenten bei der Tagung „Ärztliche Fragen bei Seenot und Wintertod“, auf der über die Menschenversuche im KZ Dachau berichtet wurde[1]. 1943 gründete Rein in Göttingen eine Außenstelle des Luftfahrtmedizinisches Forschungsinstitut in Berlin. Zusammen mit Hubertus Strughold, Franz Büchner, Theodor Benzinger und Siegfried Ruff war er einer der Koordinatoren der gesamten luftfahrtmedizinischen Wissenschaft während des Nationalsozialismus[2]. 1944 wurde er in den wissenschaftlichen Beirat des Generalkommissars für das Sanitäts- und Gesundheitswesens, Karl Brandt, aufgenommen.[1][3]

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Rein 1946 Rektor der Universität Göttingen und verfasste die Universitätsschrift Die gegenwärtige Situation der Universität. 1952 wurde er Direktor des Max-Planck-Instituts für Medizinische Forschung und Physiologie in Heidelberg.

Rein war seit 1936 Verfasser beziehungsweise Mitverfasser des Hochschullehrbuches und Standardwerkes „Einführung in die Physiologie des Menschen“, in dem alle Bereiche der Physiologie des Menschen ausführlich, detailliert und umfassend dargestellt werden. Inzwischen liegt der „Rein-Schneider“ unter Mitarbeit entsprechender Fachautoren in zahlreichen Neubearbeitungen vor. 1977 erschien die „Physiologie des Menschen“ in einer 19., überarbeiteten Auflage im Springer-Verlag (Berlin, Heidelberg, New York) Herausgeber waren Robert F. Schmidt und Gerhard Thews.

Werke (Auswahl)

  • Die Gleichstrom-Leiter-Eigenschaften und elektromotorischen Kräfte der menschlichen Haut und ihre Auswertung zu Untersuchung von Funktionszuständen des Organes. J. F. Lehmann, München (1926). In: Zeitschrift f. Biol. Bd 85, S. 195-247; Freiburg i. B., Med. Hab.-Schr., 1926
  • Einführung in die Physiologie des Menschen. J. Springer, Berlin 1936. XI, 464 S. m. 366 Abb.
  • (und Mitarbeiter): Praktischer Lehrgang der Physiologie. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1942 (3. völlig neu bearb. Auflage)

Auszeichnungen und Ehrungen

  • 1929 wurde Rein mit dem Adolf-Fick-Preis ausgezeichnet. Dieser gilt als die wichtigste Auszeichnung auf dem Gebiet der deutschsprachigen Physiologie.
  • Hermann-Rein-Preis für hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der experimentellen oder klinischen Forschung in Mikrozirkulation und vaskulärer Biologie, gestiftet von Deutschland GmbH; der Preis ist mit € 2.000,- dotiert
  • Hermann-Rein-Straße in Göttingen

Literatur

  • Gerhard Müller-Strahl: Rein, Hermann. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, ISBN 3-428-11202-4, S. 340 f. (Digitalisat).
  • Internationales Biographisches Archiv 27/1953 vom 22. Juni 1953

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 486.
  2. Karl Heinz Roth: Tödliche Höhen: Die Unterdruckkammer-Experimente im Konzentrationslager Dachau und ihre Bedeutung für die luftfahrtmedizinische Forschung des ›Dritten Reichs‹. In Ebbinghaus/Dörner: Strukturen, Paradigmen und Mentalitäten in der Luftfahrtmedizinschen Forschung des ›Dritten Reichs‹ 1933 bis 1941: Der Weg ins Konzentrationslager Dachau. In: 1999. Zeitschrift für die Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts 15 (2000), Heft 2, S. 49–77, insbesondere S.52 und 55
  3. Ulrich Beushausen u.a.: Die medizinische Fakultät im Dritten Reich. In H.Becker/H.-J.Dahms/C.Wegeler (Hrsg.): Die Universität Göttingen unter dem Nationalsozialismus. München 1998, S.183-286

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