Gewürzvanille



Gewürzvanille

Gewürzvanille (Vanilla planifolia)

Systematik
Ordnung: Spargelartige (Asparagales)
Familie: Orchideen (Orchidaceae)
Unterfamilie: Vanilloideae
Tribus: Vanilleae
Gattung: Vanille (Vanilla)
Art: Gewürzvanille
Wissenschaftlicher Name
Vanilla planifolia
Jacks. ex Andrews
Vanilla planifolia Blütenanalyse

Die Gewürzvanille – Aussprache: [vaˈnɪlə; -ljə]; schweizerisch und süddeutsch [ˈvanɪl] – (Vanilla planifolia) oder Echte Vanille ist eine Orchideenpflanze. Der Name stammt über das französische vanille vom spanischen vainilla (‚kleine Hülse oder Schote‘, zu lat. vagina). Gewürzvanille wird im Handel unter den Bezeichnungen Bourbon-Vanille und mexikanische Vanille angeboten. Die Pflanze besitzt grün-gelbliche Blüten und bringt Samenkapseln hervor, aus denen das Gewürz Vanille hergestellt wird.

Beschreibung

Die Gewürzvanille ist eine immergrüne Kletterpflanze, der spärlich verzweigte Spross erreicht Längen von 10 bis 15 Meter. Die dunkelgrüne Sprossachse ist im Querschnitt rund und meist etwa 1, seltener bis 2 Zentimeter dick. Die Länge der Internodien ist recht variabel und beträgt 4 bis 10 Zentimeter, gelegentlich mehr. Die nicht oder nur sehr kurz gestielten Blätter sind länglich oder länglich-oval geformt, an der Basis abgerundet, am Ende spitz oder mit lang ausgezogener Spitze. Die Blattlänge beträgt 8 bis 25 Zentimeter, die Breite 2 bis 8 Zentimeter. Jedem Blatt gegenüber entspringt eine Luftwurzel, die zuerst im Querschnitt rund ist, sich bei Kontakt jedoch flach und fest an eine Unterlage heften kann.[1]

Der Blütenstand entspringt den Blattachseln im oberen Bereich der Pflanze, sehr selten sitzt er endständig am Trieb. Die Blütenstandsachse ist im Querschnitt leicht kantig und misst 0,4 bis 1 Zentimeter im Durchmesser. Sie wird 5 bis 8 Zentimeter lang, ist leicht gebogen und trägt 6 bis 15, gelegentlich auch 20 oder 30 Blüten. Jede Blüte steht in der Achsel eines kleinen länglichen bis ovalen Tragblattes. Die Tragblätter werden 0,5 bis 1,5 Zentimeter lang und 0,7 Zentimeter breit. Die duftenden, gelblich-grünen Blüten sind von wachsartigem Aussehen. Innerhalb eines Blütenstandes blühen sie nacheinander auf, wobei eine einzelne Blüte nur etwa acht Stunden geöffnet ist, bevor sie verwelkt. Der Fruchtknoten ist etwas gebogen, 4 bis 7 Zentimeter lang bei 0,3 bis 0,5 Zentimeter Durchmesser; im Querschnitt ist er fast rund. Die äußeren Blütenblätter (Sepalen) weisen auch bei geöffneter Blüte nach vorne, sie sind länglich bis leicht spatelförmig, die Enden sind stumpf und nach außen gebogen, die Länge beträgt 4 bis 7 Zentimeter bei 1 bis 1,5 Zentimeter Breite. Die seitlichen Petalen gleichen den Sepalen, sie sind etwas kleiner und nicht so dick. Auf ihrer Außenseite zeichnet sich die Mittelrippe als erhabener Kiel ab. Die Lippe wird 4 bis 5 Zentimeter lang und 1,5 bis 3 Zentimeter breit. Besonders im vorderen Bereich ist sie dunkler und klarer gelb als die übrigen Blütenblätter. An der Basis ist sie für ein Stück mit der Säule verwachsen, auch weiter vorn sind die Seiten der Lippe nach oben geschlagen und umhüllen die Säule, die Spitze ist ausgebreitet oder nach unten umgeschlagen. Der vordere Rand der Lippe ist leicht gewellt. Längs der Lippe laufen mehrere Reihen warziger Papillen, die in der Mitte am längsten sind. Mittig auf der Lippe sitzt ein nach hinten gerichtetes Haarbüschel. Die Säule wird 3 bis 5 Zentimeter lang, nach vorne leicht keulenförmig verdickt, auf der Unterseite behaart. Die Kapselfrucht (umgangssprachlich „Vanilleschote“ genannt) wird 10 bis 25 Zentimeter lang bei 0,8 bis 1,5 Zentimeter Durchmesser, sie ist nicht gebogen. Bei der Reife springt sie entlang zweier Schlitze auf und setzt zahlreiche glänzende, dunkelbraune bis schwarze Samen frei.[1]

Verbreitung

Ursprung der Gewürzvanille ist Mexiko und Mittelamerika. Vor allem wegen des aromatischen Inhaltsstoffes Vanillin in den nach der Fermentation schwarzen Kapseln war sie schon bei den Ureinwohnern Mexikos, den Azteken, unter dem nahuatl-aztekischen Namen tlilxochitl (= schwarze Blume) als Gewürz bekannt. Die spanischen Eroberer brachten die Vanille nach Europa. Da sie nur in Mexiko wuchs, hatten die Spanier lange Zeit das Monopol auf Vanille. Heute wird sie in tropischen Gebieten rund um die Erde angebaut, wobei vor allem Madagaskar und Réunion als wichtigste Anbauregionen zu nennen sind.

Vanilleanbau

Die Vanillepflanze aus der Nähe
Die Vanille rankt sich oft an Bäumen im charakteristischen „Zick-Zack“-Muster hoch.
Die Blüte der Vanille wird auf kommerziellen Plantagen per Hand bestäubt.

Der kommerzielle Anbau der Vanille erfolgt fast ausschließlich zur Gewinnung des Gewürzes Vanille. Versuche, die Vanille außerhalb Mexikos anzupflanzen und zu züchten, scheiterten lange Zeit, da sie nur durch ganz bestimmte, ausschließlich in Mexiko und Zentralamerika vorkommende, Bienen- und Kolibriarten bestäubt werden kann. In anderen Ländern, wo diese natürlichen Pollenüberträger nicht vorkommen, muss der Mensch deren Funktion übernehmen. In Plantagen wird immer händisch bestäubt, da hierdurch der prozentuale Anteil an den entstehenden Vanilleschoten erhöht werden kann.

Erst 1837 gelang es dem belgischen Botaniker Charles Morren, den Fortpflanzungsmechanismus der Vanille aufzuklären und eine künstliche Bestäubung in einem Gewächshaus durchzuführen. Fast zur gleichen Zeit, im Jahr 1841, glückte dem Plantagensklaven Edmond Albius ebenfalls eine künstliche Bestäubung, als Lohn soll er später seine Freiheit zurückerhalten haben. Durch die arbeitsaufwändige künstliche Bestäubung mit einem Kaktus- oder Bambusstachel − etwa 1000 bis 1500 Blüten schafft eine geübte Plantagenarbeiterin am Tag − kann Vanille auch außerhalb Mexikos angebaut werden.

Die Insel Madagaskar liefert 80% des weltweiten Bedarfs. Bis zu 2.000 Tonnen Schoten der Gewürzvanille werden hier pro Jahr geerntet. Die Pflanze lässt sich nicht in Plantagen anbauen, sie gedeiht nur im Dickicht der Urwälder. Damit sie Früchte trägt, muss sie per Hand bestäubt werden. Die Ernte und Verarbeitung ist aufwendig. Die Früchte müssen blanchiert werden, wochenlang in der Sonne trocknen und anschließend in Kisten ausreifen, bevor sie ihren charakteristischen Geschmack bekommen. Seit 2006 engagiert sich der Holzmindener Konzern Symrise A.G. in Madagaskar. Er kaufte einen lokalen Verarbeitungsbetrieb und baute ein Vertrauensverhältnis zu den Bauern auf. Er gewährt den Bauern zinslose Kleinkredite, zahlt Zuschüsse zur Krankenversicherung, verhindert Kinderarbeit, investiert in Schulen und Lehrergehälter und schult Bauern im Anbau von Kakao und Nelken, damit sie sich zusätzliche Einkommensquellen erschließen können. 2012 beliefern 1100 Bauern in Madagaskar exklusiv das örtliche Werk von Symrise. Sie übernehmen selbst die Ernte, Auswahl, Vermessung und die Qualitätsprüfung. 100 Beschäftigte verarbeiten im Werk die Schoten der Gewürzvanille zu einem Extrakt, der in Holzminden zu etwa 2.800 verschiedenen Rezepturen auf Vanillin-Basis weiterverarbeitet wird.[2]

Die Bourbon-Vanille hat ihren Namen vom langjährigen Hauptlieferanten von Vanille, der Insel Réunion im Indischen Ozean, die bis zur Französischen Revolution und danach wieder von 1810 bis zur Februarrevolution 1848 Île Bourbon hieß. Heute sind die Hauptanbaugebiete Madagaskar (der Norden Madagaskars liefert über 50 % der Weltproduktion), die Komoren und an dritter Stelle Réunion; Mexiko liefert nur noch etwa 10 % der Vanilleproduktion. Weitere Anbaugebiete sind Mauritius, Indonesien (Java), die Seychellen, Tahiti und Sansibar. Zu den weltgrößten Abnehmern zählen Coca-Cola und Pepsi-Cola, die jeweils etwa 40 Tonnen abnehmen.

Preisentwicklung und der „Coca-Cola-Crash“ 1985

Der Marktpreis von Vanille unterliegt seit Jahrzehnten starken Schwankungen. Er stieg drastisch Ende der 70er Jahre infolge eines Taifuns. Mitte der 80er Jahre löste sich das seit 1930 bestehende Kartell auf, das die Vanillepreise und -verteilung steuerte. Außerdem führte einer der Hauptabnehmer, der Coca-Cola-Konzern, im Jahre 1985 New Coke ein. New Coke wurde mit einem synthetisch hergestellten Vanillin erzeugt, das preisgünstiger und weniger preisvolatil als echte Vanille war. Der Marktpreis begann nun auf fast 20 US-Dollar pro Kilogramm zu sinken. Dadurch brach die Wirtschaft Madagaskars zusammen. Sie erholte sich erst wieder, als sich New Coke am Markt als Flop herausstellte.

2002 wurde von Coca-Cola als neues Produkt Vanilla-Coke vorgestellt, das noch stärker mit Vanille aromatisiert ist. Außerdem hatte der Taifun Huddah im Jahr 2000 Anbaugebiete verwüstet. All dies, zusammen mit politischen Instabilitäten, bewirkte einen Anstieg der Vanillepreise auf 500 US-Dollar pro Kilogramm im Jahre 2004. Im Jahre 2005 war der Marktpreis wieder auf 40 US-Dollar pro Kilogramm gesunken.

Diagramm der Preisentwicklung der Vanille-Exporte Madagaskars. Der extreme Preisanstieg 2004 ist gut sichtbar.

Literatur

  • Le Vanillier et la Vanille dans le Monde. In: Gilbert Bouriquet (Hrsg.): Encyclopédie Biologique. Band XLVI. Paul Lechevalier, Paris 1954.
  • Tim Ecott: Vanilla: Travels in Search of the Luscious Substance, Penguin Books London, 2004, ISBN 0-8021-1775-9
  • Katja Chmelik: Vanille: Die schwarze Königin, Geschichte, 3/2007, S. 56–57, ISSN 1617-9412
  • Björn Bernhard Kuhse: "Wilhelm Haarmann auf den Spuren der Vanille", Verlag Jörg Mitzkat Holzminden, 2012, ISBN 978-3-940751-57-7

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Roland Portères: Le Genre Vanilla et ses Espèces. In: Le Vanillier et la Vanille dans le Monde. S. 234–239.
  2. Quelle: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 24. Dezember 2012 Nr. 301 Seite 9.

Weblinks

Commons: Gewürzvanille (Vanilla planifolia) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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