Fetales Kälberserum


Fetales oder Fötales Kälberserum (FKS) wird aus dem Blut von Kuhfeten gewonnen und ist ein Hauptbestandteil vieler Nährmedien, die zur Aufzucht und Kultivierung von Zellen in der Zellkultur benötigt werden. Die Bezeichnung FKS wird jedoch kaum verwendet, üblicher sind die englischen Bezeichnungen fetal bovine serum (FBS), fetal calf serum (FCS) oder newborn calf serum (NCS).

Einsatzgebiete

Bestandteil von Nährmedien für die Zellkultur

Fetales Kälberserum enthält eine Vielzahl von Proteinen, von denen heute noch nicht alle bekannt sind. Unter diesen Proteinen befinden sich auch Wachstumsfaktoren, die für das Kultivieren von Zellen in Zellkulturflaschen notwendig sind. Zwar benötigen nicht alle Zellkulturen fetales Kälberserum, aber insbesondere die Kultur von empfindlichen Zellen (Stammzellen etc.) ist derzeit auf den Zusatz von fetalem Kälberserum angewiesen.

Zusatz bei der Kryokonservierung (Einfrieren)

Wenn Zellen oder empfindliche Proteine eingefroren werden sollen (Kryokonservierung), wird meist ein geringer Anteil Kälberserum (1 % bis 20 %) zugesetzt, um die Zellen vor Frostschäden zu schützen.

Unterbindung enzymatischer Reaktionen

In der Handhabung der Zellkulturen werden häufig Enzyme eingesetzt, hierzu gehört typischerweise das Trypsinieren der Zellen, um sie von der Kulturschale zu lösen. Nach einer Einwirkzeit muss die weitere enzymatische Reaktion unterbunden werden, dies geschieht häufig durch Zugabe von fetalem Kälberserum, da dieses dem Enzym eine Unmenge von alternativem Substraten bietet.

FKS und GMP

Unter dem Begriff Good Manufacturing Practice (GMP) (deutsch Gute Herstellungspraxis) sind Reinheits-/ und Qualitätsrichtlinien zusammengefasst, die bei der Herstellung eines Arzneimittels eingehalten werden müssen. Auch bei der Erzeugung von Zellkulturen für den therapeutischen Einsatz (beispielsweise zum Tissue Engineering oder Stammzelltransplantation) müssen die GMP-Richtlinien beachtet werden.[1] Die Verwendung von Kälberserum ist unter diesen Voraussetzungen aus vielen Gründen nicht möglich. Ein Grund liegt in der Vielzahl unbekannter Proteine, welche zu starken Nebenwirkungen und Allergien bei Patienten führen können. Des Weiteren kann Kälberserum Verunreinigungen enthalten und Krankheiten (z.B. durch Mykoplasmen) übertragen. Daher sind seit einigen Jahren Bestrebungen im Gange, fetales Kälberserum in den Kulturmedien durch synthetische Stoffe mit definierten Eigenschaften zu ersetzen.[2]

Erst, wenn serumfreie Kulturmedien zur Verfügung stehen, ist eine breite Anwendung von neuen Zelltherapiemethoden möglich.

Herstellung

Die Vorgehensweise zur Gewinnung der Substanz besteht in der Entnahme der Gebärmutter und des ungeborenen Fötus. Der Fötus wird aus der Hülle entnommen und abgenabelt. Anschließend wird dem (wahrscheinlich noch lebendigen) Fötus eine Nadel ins Herz gestochen und Blut entnommen, welches zur Serumsgewinnung verwendet wird.[3][4][5]

Kontroverses und Kritik

Durch die bislang synthetisch nicht erreichbaren Eigenschaften des fetalen Kälberserums, bleibt die Substanz das Serum mit den optimalen Wachstumsfaktoren. Der Bedarf an FKS weltweit ist enorm hoch, womit er bei zwei Millionen Kälbern jährlich liegt. Der Vorteil in der Verwendung künstlich hergestellter Seren wäre die Mikroben- und Keimfreiheit. Dennoch überwiegen bislang die Vorteile des FKS. Es ist abzusehen, dass große Unternehmen auf Grund von Wirtschaftlichkeit und Kosteneffizienz bei FKS bleiben, da die Entwicklung eines synthetischen Serums vergleichsweise ineffizient ist.

Quellen

  1. Rowley SD: Regulation of hematopoietic stem cell processing and transplantation. In: International Journal of Hematology. Nr. 75, 2002, S. 237–245 (Abstract).
  2. Taupin P: Derivation of embryonic stem cells for cellular therapy: Challenges and new strategies. In: Med Sci Monit. Nr. 12(4), 2006, S. RA75–78 (ArtikelAbstract [PDF]).
  3. Biologie Unserer Zeit, Ausgabe 37, Seite 289, Die Rolle des fetalen Kälberserums in Zellkulturmedien, 5/2007, "[1]", 27. Oktober 2010
  4. ETH Life, Wissen, was läuft, Weniger Dreck in Zellkulturen, 5. April 2005, "[2]", 27. Oktober 2010
  5. Die Tageszeitung, Ein Grausamer Nebeneffekt, 2005, "[3]", 27. Oktober 2010

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