Facettensyndrom


Als Facettensyndrom oder Facettengelenksyndrom bezeichnet man eine (pseudoradikuläre) Schmerzsymptomatik, die durch (meist chronische) Reizung der sogenannten Facettengelenke (Wirbelgelenke) bedingt ist. Das Facettensyndrom stellt eine häufige Ursache des Rückenschmerzes dar, welcher wiederum eine der häufigsten Gründe für einen Arztbesuch darstellt. Ursache des Facettensyndroms ist in der Regel der Verschleiß dieses Gelenkes (Spondylarthrose) bzw. dieser Gelenke.

Symptome

Das Krankheitsbild tritt am häufigsten an der Lendenwirbelsäule auf, da hier die Belastung durch das aufliegende Körpergewicht und die starke Beweglichkeit am höchsten ist und somit der Verschleiß am frühesten einsetzt. Typisch sind hierbei Schmerzen in Höhe der krankhaft veränderten Gelenke bzw. knapp darunter, häufig mit Ausstrahlung in Richtung der Beine. Da die Facettengelenksnerven Seitenäste der unmittelbar benachbarten Nervenwurzel sind, ist die Schmerzausstrahlung eines Facettensyndroms ähnlich der Reizung einer Nervenwurzel (Wurzelreizsyndrom, Radikulopathie), jedoch ohne die für das Wurzelreizsyndrom charakteristischen Empfindungsstörungen wie Taubheit, Kribbeln oder pelziges Gefühl. In der Regel strahlen die Schmerzen auch nicht so weit nach unten aus und folgen nicht dem typischen, von einer Nervenwurzel versorgten, Hautareal (Dermatom). Typischerweise verschlimmern sich die Schmerzen durch Belastung der Facettengelenke, z. B. durch Beugung ins Hohlkreuz (Retroflexion) oder Seitneigung, aber auch durch längeres Stehen oder Gehen.

Diagnose

Die Diagnose ergibt sich hauptsächlich durch die Krankheitsgeschichte (Anamnese) und die körperliche Untersuchung. Da das Facettensyndrom im Anfangsstadium schwer von unspezifischen Rückenschmerzen unterscheidbar ist und sich unspezifische Rückenschmerzen oft ohne weitere Maßnahmen (spontan) bessern, wird eine bildgebende Diagnostik wie Röntgen, Computertomographie (CT) oder Kernspintomographie (Magnetresonanztomographie, MRT) bei fehlenden Hinweisen auf einen gefährlichen Verlauf nur im Falle länger dauernder Beschwerden (> 6–12 Wochen) ohne Besserungstendenz unter konservativer Therapie empfohlen.[1] Während das Röntgen des entsprechenden Wirbelsäulenabschnittes eine grobe Übersicht über die Form und Anordnung von Wirbelgelenken und Wirbelkörpern gibt, können CT und MRT den Verschleiß der Wirbelgelenke überlagerungsfrei nachweisen, gegebenenfalls direkte Hinweise auf einen akuten Reizzustand eines bestimmten Wirbelgelenkes liefern sowie andere in Frage kommende Erkrankungen, wie z. B. einen Bandscheibenvorfall (s. Differentialdiagnose) ausschließen.

Hinweise auf einen möglichen gefährlichen Verlauf (sog. „Red Flags“) wären Schmerzen infolge eines Sturzes, neu aufgetretene Lähmungen, eine bekannte oder vermutete Tumorerkrankung, Hinweise auf eine Infektion der Wirbelsäule oder ein Alter unter 30 Jahren.[1]

Differentialdiagnose

Als alternative Diagnosen (Differentialdiagnose) sind Bandscheibenvorfall, Spinalkanalstenosen, Wirbelgleiten, Fraktur (Bruch) eines Wirbelkörpers oder des Kreuzbeins, Hüftgelenksarthrose, Reizzustände des Kreuz-Darmbein-Gelenks, seltener Tumoren oder Metastasen der Wirbelsäule, noch seltener Hüftkopfnekrose, sehr selten Irritationen des lumbosakralen Plexus durch retroperitoneale Tumoren und Piriformis-Syndrom in Betracht zu ziehen.

Therapie

In der Regel werden zunächst unspezifisch Antiphlogistika eingesetzt. Bei ausbleibender Besserung kann eine Facettenblockade Linderung bringen, bei der ein Lokalanästhetikum, meist in Kombination mit einem Cortison-Präparat (Kortikoid), in das betreffende Gelenk injiziert wird. Dies erfolgt in der Regel unter bildgebender Kontrolle im CT, da eine blinde Injektion das Wirbelgelenk und insbesondere den Gelenkspalt verfehlt. Bei zumindest kurzfristiger Besserung werden Kryotherapie und Facettendenervierung als länger wirksame Maßnahmen in ausgewählten Fällen eingesetzt.

Literatur

  • K.J. Münzenberg: Orthopädie in der Praxis. VCH Verlagsgesellschaft, Weinheim 1988, ISBN 3-527-15320-9, S. 297–299.
  • Nationale Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz 2010

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 [1]

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