Eisen-Stoffwechsel


Der Eisenstoffwechsel ist die Aufnahme, Verteilung und Ausscheidung von Eisen im Organismus.

Eisen

Das Element Eisen ist ein wichtiges Spurenelement im menschlichen Körper. Der Sauerstofftransport, die Sauerstoffaufnahme, Zellfunktionen wie der mitochondriale Elektronentransport und letztlich der gesamte Energiestoffwechsel sind von einem ausreichenden Eisenangebot abhängig.

Der Körper eines Menschen enthält durchschnittlich 4-5 g Eisen. Es kommt in Enzymen (Zytochromen, Peroxidasen, Katalase), in Hämoglobin und Myoglobin sowie als Depot- oder Reserve-Eisen in Form von Ferritin und Hämosiderin vor. Das Depot-Eisen befindet sich hauptsächlich in Leberzellen und Macrophagen des retikulohistiozytären Systems.[1]

Verteilung im Körper

Die folgende Verteilung findet sich bei Männern mit 70 kg Körpergewicht.[2]

Hämoglobin 66,1 % 2800 mg
Depot-Eisen (Ferritin, Hämosiderin) 18,8 % 800 mg
Nichthämenzym-Eisen 10 % 420 mg
Myoglobin 4,7 % 200 mg
Transport-Eisen (Transferrin) 0,2 % 10 mg
Eisenhaltige Enzyme 0,2 % 10 mg

Täglicher Bedarf

Der tägliche Eisenbedarf beträgt zwischen 0,5-1,5 mg/Tag bei Kleinkindern bis hin zu 2-5 mg/Tag bei Frauen in der Schwangerschaft. Mit Ausnahme von Menstruationsblutungen sind die täglichen Eisenverluste, zum Beispiel durch Abschilferung von Haut- und Mucosazellen sowie über den Urin gering. Der tägliche Eisenverlust von ca. 1 mg bei einem gesunden erwachsenen Mann wird normalerweise über die Nahrung ersetzt. Die tatsächlich aufgenommene Menge an Eisen sollte jedoch über dem täglichen Bedarf liegen, da nur etwa 10-15 % des zugeführten Eisens für den Körper verfügbar sind. Es empfiehlt sich eine Zufuhr von 10 mg/Tag für Männer sowie 15 mg/Tag für Frauen. Bei Schwangeren und Stillenden kann sich die Menge auf bis zu 30 mg/ Tag erhöhen.[3]

Blutverluste können den Eisengehalt des Körpers beträchtlich verringern: pro 2 ml Blut gehen 1 mg Eisen verloren. Der durchschnittliche Blutverlust bei der Menstruation beträgt 30-60 ml, bei Hypermenorrhoen bis zu 800 ml, beim Uterus myomatosus bis zu 1200 ml.

Stoffwechsel

Im Unterschied zu Metallen wie Natrium und Calcium kann der Eisen-Haushalt nur über die Resorption reguliert werden, da die normalen Verluste nicht steuerbar sind. Die Resorptionsquote des in der Nahrung vorhandenen Eisens beträgt 6 % (Mann) bis 12 % (Frau), bei Eisenmangel bis zu 20 %.[4]

Resorption

Bei der in Europa üblichen Nahrung liegt das Eisen zu einem Drittel als Hämin vor, ein Abbauprodukt von Hämoglobin und Myoglobin, das in Fleisch vorkommt. Das restliche Nahrungs-Eisen liegt in Form von Eisen(III)-Salzen vor, z. B. als Hydroxid oder Phosphat gebunden. Obwohl Häm-Eisen nur ein Drittel des Nahrungseisens ausmacht, liefert es wegen seiner guten Resorbierbarkeit zwei Drittel des resorbierten Eisens. Wegen des hohen Hämingehalts kann Eisen aus tierischem Eiweiß im Allgemeinen etwa 10- bis 20-mal besser aufgenommen werden als aus pflanzlicher Nahrung.

Pflanzliche Nahrung enthält einerseits Liganden, welche die Eisenresorption erleichtern, andererseits auch Phosphate, Polyphenole und Phytate, die mit Eisen schwer lösliche Verbindungen eingehen. So ist z. B. die geringe Verfügbarkeit des Eisens im Spinat und ähnlichen Gewächsen auf den hohen Gehalt von Oxalsäure zurückzuführen, die mit Eisen schwer lösliche Komplexe bildet. Die Resorption kann bei phytathaltigen Lebensmitteln durch gleichzeitigen Fleischverzehr und Zusatz von Reduktionsmitteln wie Ascorbinsäure (Fruchtsäfte) verbessert werden. Sojabohnen sind wegen ihres hohen Proteingehalts Quellen gut resorbierbaren Eisens. Dies erklärt, warum Eisenmangel selbst bei strengen Vegetariern in der Regel nicht auftritt.

Die Resorptionsquote des Nahrungs-Eisens liegt normalerweise bei ca. 6 bis 12 %. Sie ist bei Eisenmangel erhöht und kann bis zu 20 % betragen.[4] Die Resorptionsquote wird vom Organismus in Abhängigkeit vom Eisenbedarf und der Eisen-Speichergröße reguliert, wobei die Regulationsmechanismen noch weitgehend unerforscht sind. Genetisch bedingte Fehlsteuerungen bei der Eisenresorption können über Jahre zu einer Eisenüberladung führen, die sich in lebensbedrohlichen Organschäden manifestiert.

Der menschliche Organismus resorbiert sowohl zweiwertige (Fe2+) als auch dreiwertige (Fe3+) Eisen-Ionen. Die meisten Eisen(III)-Verbindungen werden bei ausreichender HCl-Produktion im Magen gelöst und für die Resorption verfügbar. Liganden wie Citronensäure bzw. Reduktionsmittel wie Cystein und Ascorbinsäure bilden mit dreiwertigem Eisen Komplexe bzw. reduzieren es zum besser löslichen zweiwertigen Eisen. Das Hämin-Eisen ist dreiwertig (Fe3+) und wird im sauren Milieu (pH 5-7) des Duodenums löslich und resorbierbar. Die Resorption findet im oberen Dünndarm durch Mucosa-Zellen (Enterozyten) statt.

Dreiwertiges Nonhäm-Eisen muss für die Resorption zunächst zu Fe2+ reduziert werden. Dies geschieht entweder durch beigegebene Reduktionsmittel oder durch eine Ferrireduktase (membranständiges, duodenales Cytochrom b) in der Darmzellmembran. Die zweiwertigen Eisen-Ionen werden dann durch das Transportprotein DMT1 (divalent metal transporter 1) in die Darmzellen befördert.

Das Hämin passiert dagegen unverändert die Zellmembran des Enterozyten. In der Darmzelle folgt dann eine Häm-Oxygenase, die das im Hämin enthaltene Fe3+ freisetzt und in den labilen Eisen-Pool der Darmzelle überführt. Das Glykoprotein Gastroferrin, ein eisenbindendes Protein des Magensafts, dürfte für die Steigerung der Eisen-Resorption von geringer Bedeutung sein.[5]

Im Enterozyten wird das Eisen entweder als Depot-Eisen in Ferritin gespeichert oder durch das Transportprotein Ferroportin an das Blut abgegeben. Dieser Vorgang wird durch Hepcidin gehemmt, wodurch im Wesentlichen die Eisenaufnahme reguliert wird. Das von Ferroportin abgegebene zweiwertige Eisen wird auf die kontraluminale Zelloberfläche transportiert und durch das Membranprotein Hephästin oxidiert. In dieser oxidierten dreiwertigen Form bindet es sich an Apotransferrin und wird darauf an Bedarfsstellen im Organismus transportiert.

Zuerst werden eisenhaltige Enzyme versorgt, danach das rote Knochenmark (Bildung von Hämoglobin) und die Muskulatur (Bildung von Myoglobin). Der tägliche Austausch von Eisen zwischen den Geweben beträgt durchschnittlich ca. 40 mg.

Im Verlauf der Häm-Synthese wird Fe(II) durch Ferrochelatase, ein Enzym der Mitochondrien-Innenmembran, eingelagert. Die für die Reduktion notwendigen Elektronen werden durch die Atmungskette bereitgestellt.

Regulation des Eisenspiegels im Blut

Der Eisenspiegel auf Ebene des Organismus wird wahrscheinlich vor allem durch das erst kürzlich entdeckte Peptid Hepcidin reguliert. Ist der Eisenspiegel zu niedrig, bremst die Leber ihre Hepcidinproduktion. Als Folge wird die enterale Eisenresorption gesteigert. Ist der Eisenspiegel zu hoch, dann steigert die Leber ihre Hepcidinproduktion und die enterale Eisenresorption sinkt („Mukosablock“). Man hat Hepcidin deswegen auch als Hormon des Eisenstoffwechsels bezeichnet. Auch die Freisetzung von Eisen aus den Zellen des Retikuloendothelialen Systems (RES) und aus Makrophagen wird durch Hepcidin gesteuert.

Krankheiten

Eisenmangel

Hauptartikel: Eisenmangel.

Unter den Anämien, die auf eine Störung der Hämoglobinbildung zurückzuführen sind, hat die Eisenmangelanämie die größte praktische Bedeutung. Sie ist weltweit die häufigste Mangelerkrankung. Bei Eisenmangel können Blutarmut, Abwehrschwäche, starke Müdigkeitserscheinungen, Konzentrationsschwäche sowie trophische Störungen (Ernährungsstörungen) auftreten, die unter dem Begriff Plummer-Vinson-Syndrom zusammengefasst werden. Bei kleinen Kindern können Gedeihstörungen auftreten.

Eisenmangelerscheinungen treten bei Frauen häufiger auf als bei Männern, weil Frauen durch die Menstruation regelmäßig Eisen aus dem Organismus verlieren. In unterentwickelten Gebieten gibt es einen ernährungsbedingten Eisenmangel, der auf einen geringen Proteingehalt der Nahrung, bei hohem Phosphatgehalt, zurückgeführt wird.

Eiseneinbaustörungen bei der Häm-Biosynthese können zu Anämien führen, obwohl die Gesamtkonzentration von Eisen in Körper nicht verringert ist, vgl. z. B. die erythropoetische Protoporphyrie.

Akute Vergiftungen

Akute Vergiftungen mit Eisen sind in Deutschland selten, sie betreffen meist Kinder, welche 2 bis 10 g Eisen oral aufgenommen haben. Die Symptome sind Kreislaufkollaps, Blutungen im Bereich des Gastrointestinaltrakts, eine verminderte Gerinnungsfähigkeit des Bluts sowie langfristig Leber- und Nierenversagen. Die Therapie besteht im Verhindern der Resorption des eingenommenen Eisens (Magenspülung) sowie im Ausschleusen des bereits resorbierten Eisens aus dem Organismus, z. B. durch intravenöse Gabe von Deferoxamin.

Chronische Vergiftungen

Hauptartikel: Hämochromatose (Eisenüberladung).

Bei einer Eisenüberladung kann es je nach betroffenem Organ zu einer Leberzirrhose, zu einer Pankreaszerstörung, Bronzediabetes und anderen Organstörungen kommen. Beispiele für solche Krankheiten sind die Hämochromatose und die Hämosiderose. Hämochromatose ist die in Nordeuropa am weitesten verbreitete genetische Erkrankung, ca. einer von zweihundert Nordeuropäern ist diesbezüglich homozygot, in Irland sogar ca. 1 % der Bevölkerung. Heterozygote „Überträger“ der erblichen Hämochromatose, ca. 10-20 % in den genannten weißen Bevölkerungen, speichern geringfügig mehr Eisen als Nichtträger solcher Mutationen. Bereits geringe Eisenspeicherung oberhalb der niedrigen Werte gesunder Kinder führt u. a. zu Insulinresistenz bzw. zum Insulinresistenzsyndrom und seinen Folgen, insbesondere zu diversen gefährlichen Alterskrankheiten wie Typ2-Diabetes samt Komplikationen, Atherosklerose, Herzinfarkt, Schlaganfall. Dies bietet einen Hinweis darauf, warum Kinder sowie Frauen in jüngeren Jahren (relativ) geschützt sind.

Das Blutspenden bzw. die Aderlasstherapie können die Eisenmenge des Organismus reduzieren. Nach Untersuchungen aus Finnland haben männliche Blutspender (ca. 50 Jahre aufwärts) ein stark vermindertes Herzinfarktrisiko, rund 1/10 des Infarktrisikos der anderen Männer. [6]

Wie kann man den Eisenhaushalt des Menschen überprüfen?

Bei Verdacht auf Eisenmangel

  • Bestimmung des Ferritins[7] (bei Eisenmangel meist erniedrigt; bei Entzündungen trotz Eisenmangel evtl. normal oder sogar erhöht)
  • Bestimmung des Löslichen Transferrin-Rezeptors (auch verwertbar bei Entzündungsreaktion oder chronischer Lebererkrankung)[8]
  • Bestimmung des Kleinen Blutbilds mit folgenden Einzelwerten:
    • Mittleres corpuskuläres Volumen (MCV) (bei Eisenmangel meist erniedrigt = verkleinerte rote Blutkörperchen)
    • Mittleres corpuskuläres Hämoglobin (MCH) (bei Eisenmangel meist erniedrigt = blasse rote Blutkörperchen)
    • Hämoglobin (Hb) im Blut (i.d.R. erst nach Erschöpfung der Eisenspeicher erniedrigt = Blutarmut)

Die Bestimmung des Eisens im Blut ist nicht geeignet.[9]

Bei Verdacht auf Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit)

Einzelnachweise

  1. Muckenthaler MU, Galy B, Hentze MW: Systemic iron homeostasis and the iron-responsive element/iron-regulatory protein (IRE/IRP) regulatory network. In: Annu. Rev. Nutr. 28. Jahrgang, 2008, S. 197–213, doi:10.1146/annurev.nutr.28.061807.155521, PMID 18489257.
  2. Georg Löffler, Petro E. Petrides: Biochemie und Pathobiochemie. 7. Auflage. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 2002, ISBN 978-3-540-42295-2.
  3. Bundesinstitut für Risikobewertung, Eisen
  4. 4,0 4,1 John W. Adamson (für die deutsche Ausgabe: Joachim Peter Kaltwasser und Axel Braner). Eisenmagel und andere hypoproliferative Anämien. In: Manfred Dietel, Joachim Dudenhausen, Norbert Suttorp (Hrsg.) Harrisons Innere Medizin. Berlin 2003 ISBN 3-936072-10-8 S. 733
  5. W. Forth, W. Rummel, H. Andres: Zur Frage der Regulation der Eisenresorption durch Gastroferrin, ein eisenbindendes Protein des Magensafts. In: Journal of Molecular Medicine. 46. Jahrgang, Nr. 18, 1968, ISSN 0946-2716, S. 1003–1005, doi:10.1007/BF01745592 (springerlink.com [abgerufen am 18. Juli 2012]).
  6. Salonen, J. T., Korpela, H., Nyyssönen, K., Porkala, E., Tuomainen, T.-P., Belcher, J. D., Jacobs, D.R. and Salonen, R. (1995), Lowering of body iron stores by blood letting and oxidation resistance of serum lipoproteins: a randomized cross-over trial in male smokers. Journal of Internal Medicine, 237: 161–168. doi:10.1111/j.1365-2796.1995.tb01156.x
  7. Thomas, Lothar et. al: Neue Parameter zur Diagnostik von Eisenmangelzuständen: Schlusswort. (pdf, 35 kB) In: Dtsch Arztebl 2005; 102(42): A-2878. Bundesärztekammer, 25. August 2009, abgerufen am 5. August 2010: „Ferritin ist bei Verdacht auf Eisenmangel immer zu bestimmen“
  8. Thomas, Lothar et. al: Neue Parameter zur Diagnostik von Eisenmangelzuständen: Retikulozytenhämoglobin und löslicher Transferrinrezeptor. (pdf, 213 kB) In: Dtsch Arztebl 2005; 102(9): A-580–86. Bundesärztekammer, 25. August 2009, abgerufen am 5. August 2010: „bei Akute-Phase-Reaktion oder chronischer Lebererkrankung, ... trotz einer Verminderung des Gesamtkörpereisens eine noch normale Serumferritinkonzentration gemessen wird“
  9. Dierkes, J. , Orth, M.: Mögliche gesundheitliche Risiken des Fleischverzehrs. (44 kB) Diskussion zum Beitrag von Dipl. oec. troph. Franziska Feldl, Prof. Dr. med. Berthold Koletzko in Heft 11/1998: Ausgewogene Substratversorgung durch Fleischverzehr. In: Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 30, 24. Juli 1998 (45). Bundesärztekammer, S. A-1851/ 2, abgerufen am 28. September 2010: „Für die Diagnose eines Eisenmangels nicht geeignet ist die Serumeisenbestimmung“.

Literatur

  • K. Aktories, U. Förstermann, F. Hofmann und K. Starke: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. 10. Auflage. München, Elsevier 2009. ISBN 978-3-437-42522-6.
  • G. J. Anderson, G. D. McLaren (Hrsg.): Iron Physiology and Pathophysiology in Humans. Humana Press, New York 2012, ISBN 1-60327-484-7.
  • Muckenthaler MU, Galy B, Hentze MW: Systemic iron homeostasis and the iron-responsive element/iron-regulatory protein (IRE/IRP) regulatory network. In: Annu. Rev. Nutr. 28. Jahrgang, 2008, S. 197–213, doi:10.1146/annurev.nutr.28.061807.155521, PMID 18489257.
  • Pantopoulos K: Function of the hemochromatosis protein HFE: Lessons from animal models. In: World J. Gastroenterol. 14. Jahrgang, Nr. 45, Dezember 2008, S. 6893–901, doi:10.3748/wjg.14.6893, PMID 19058322, PMC 2773850 (freier Volltext) – (wjgnet.com).
  • Ye H, Rouault TA: Human iron-sulfur cluster assembly, cellular iron homeostasis, and disease. In: Biochemistry. 49. Jahrgang, Nr. 24, Juni 2010, S. 4945–56, doi:10.1021/bi1004798, PMID 20481466, PMC 2885827 (freier Volltext).

Weblinks

Siehe auch

  • Zu den Folgen der erhöhten Aufnahme eisenhaltiger Verbindungen im pflanzlichen Organismus, siehe Eisentoxizität.

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