Cotrimoxazol


Strukturformel von Trimethoprim
Strukturformel von Sulfamethoxazol

Cotrimoxazol ist die feste Kombination der beiden antibiotisch wirksamen Arzneistoffe Trimethoprim und Sulfamethoxazol im Dosisverhältnis 1:5.

Klinische Angaben

Anwendungsgebiete (Indikationen)

Cotrimoxazol ist ein antibiotisch wirksamer Arzneistoff, der zur Behandlung von Infektionskrankheiten, die durch Cotrimoxazol-empfindliche Erreger ausgelöst wurden, eingesetzt wird. Dazu zählen insbesondere Infektionen der oberen und unteren Atemwege, einschließlich der Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie; HNO-Infektionen ausgenommen der Streptokokken-Angina; Infektionen der Nieren und der ableitenden Harnwege; Infektionen der weiblichen und männlichen Geschlechtsorgane einschließlich Prostatitis, Ulcus molle und Lymphogranuloma venereum; Infektionen des Magen-Darm-Trakts, einschließlich Typhus, Paratyphus Serotyp A und B, Shigellose und Reisediarrhö sowie Salmonellenenteritis mit septischen Krankheitsverläufen bei abwehrgeschwächten Patienten.[1] Weitere Indikationen umfassen Brucellosen, Nocardiosen, das nicht echt mykotische Myzetom und die südamerikanische Blastomykose.[2] Die Kombination Trimethoprim + Sulfamethoxazol wurde 1977 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in die Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation aufgenommen.[3] Eine weitere Anwendung findet sich bei der Behandlung der Wegener Granulomatose als Therapieversuch im Initialstadium. Der Wirkmechanismus ist hierbei noch unbekannt.

Art und Dauer der Anwendung

Die übliche Dosis für Erwachsene beträgt 2 x 960 mg pro Tag (jeweils 800 mg Sulfamethoxazol und 160 mg Trimethoprim). Bei einer Pneumocystis-carinii-Pneumonie beträgt die Dosierung bis zum 5-fachen der Standarddosis. Für eine Langzeitanwendung werden üblicherweise zweimal täglich 480 mg Cotrimoxazol eingesetzt. Bei einer Niereninsuffizienz muss die Dosis gegebenenfalls reduziert werden. In einem fortgeschrittenem Stadium der Niereninsuffizienz ist die Anwendung von Cotrimoxazol kontraindiziert.[1]

Gegenanzeigen (Kontraindikationen)

Außer bekannte Überempfindlichkeiten gegen Sulfonamide, Trimethoprim oder verwandte Substanzen gelten das Erythema multiforme, krankhafte Blutbildveränderungen, ein angeborener Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel der roten Blutkörperchen, Nierenschäden oder eine hochgradige Niereninsuffizienz mit Kreatinin-Clearance von unter 15 ml/min, schwere Leberschäden oder Leberfunktionsstörungen und akute Porphyrie als absolute Kontraindikationen. Ebenso darf Cotrimoxazol nicht bei Frühgeborenen oder bei Neugeborenen mit Hyperbilirubinämie oder Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel der Erythrozyten angewendet werden.[1]

Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten

Beide wirksamen Bestandteile des Cotrimoxazols können Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen eingehen. So kann Sulfamethoxazol zu einer Verstärkung der blutgerinnungshemmenden Wirkung von Cumarinen führen. Ebenfalls ist eine Verstärkung der blutzuckerspiegelsenkenden Wirkung von Sulfonylharnstoffe durch Sulfamethoxazol zu beobachten. Trimethoprim wird mit einer Hemmung der Ausscheidung und damit mit einer Wirkungsverstärkung von Phenytoin, herzwirksamen Glykosiden und Procainamid assoziiert. Die Relevanz eines möglichen Einflusses auf die freie Plasmakonzentration von gleichzeitig verabreichten Methotrexat oder auf die Wirksamkeit der Antibabypille gilt hingegen als fraglich.[4]

Unerwünschte Wirkungen (Nebenwirkungen)

Cotrimoxazol besitzt ein als günstig eingestuftes Sicherheitsprofil mit einem gut definierten und daher kalkulierbaren Nebenwirkungsspektrum. Zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen des Cotrimoxazols mit etwa 3 bis 8 % zählen Störungen des Verdauungssystems, wie Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit sowie seltener Durchfall, Glossitis und Stomatitis.[4] Die Lebertoxizität des Cotrimoxazols ist mit der anderer Antibiotika vergleichbar.[5]

Hautreaktionen treten mit einer Häufigkeit von etwa 3 bis 4 % auf. Diese schließen unter anderem makulopapulösen Ausschlag, Nesselsucht, diffuses Erythem, morbilliforme Läsionen, Erythema multiforme, Purpura und Photosensibilisierung ein. Schwere Hautreaktionen, wie das Stevens-Johnson-Syndrom oder das Lyell-Syndrom, treten selten auf.[4]

Seltener werden schwere Störungen des Blutbilds, wie beispielsweise Anämie, Granulozytopenie, Agranulozytose und Thrombozytopenie, beobachtet. Vereinzelt wurde auch über psychische Störungen, insbesondere bei älteren Patienten, berichtet. Darüber hinaus kann Cotrimoxazol in einer hohen Dosierung zu einem Anstieg des Kaliumspiegels führen.[4]

Pharmakologische Eigenschaften

Wirkungsmechanismus (Pharmakodynamik)

Bakterieller Folinsäurestoffwechsel

Die wirksamen Bestandteile des Cotrimoxazols, Sulfamethoxazol und Trimethoprim, hemmen die bakterielle Biosynthese der Tetrahydrofolsäure, der biologisch aktiven Form der Folsäure. Diese ist essenziell für die Bildung von Thymidin und der Purinbasen und somit für die Synthese der DNA. Sulfamethoxazol hemmt, wie auch andere Sulfonamide, kompetitiv das Enzym Folsäuresynthetase an der Bindungsstelle für das natürliche Substrat para-Aminobenzoesäure. Trimethoprim hemmt als ein Strukturanalogon der Dihydrofolsäure ein weiteres für den bakteriellen Folsäure-Stoffwechsel wichtiges Enzym, die Dihydrofolatreduktase.[4]

In der Kombination ergibt sich zumindest in vitro ein synergistischer Effekt.[4] Ein Synergismus dieser Kombination in vivo wurde hingegen auf Grund einer vergleichbaren Wirksamkeit wie Trimethoprim allein für einzelne Anwendungsgebiete angezweifelt.[6][7] Ungeachtet dessen kann die Kombination bei einer unklaren mikrobiologischen Ausgangssituation von Vorteil sein.[4]

Aufnahme und Verteilung im Körper (Pharmakokinetik)

Aufgrund der sehr guten Bioverfügbarkeit von annähernd 100 % kann Cotrimoxazol fast immer oral als Tablette verabreicht werden. Es sind aber auch Präparationen zur intravenösen Anwendung erhältlich, ohne dass sich daraus ein wesentlicher pharmakokinetischer Unterschied ergäbe.

Aus pharmakokinetischer Sicht sind die beiden Wirkstoffe gute Kombinationspartner, da die Halbwertszeit ähnlich ist (Trimethoprim 10–11 Stunden, Sulfamethoxazol 9–11 Stunden).

Beide Wirkstoffe werden vorwiegend über die Niere ausgeschieden, wobei Sulfamethoxazol zu einem relevanten Anteil zuvor in der Leber verstoffwechselt wird.

Toxikologie

Überdosierung

Cotrimoxazol kann bereits ab einer Dosis von 3000 mg toxisch wirken. Überdosierungserscheinungen können mit einem oder mehreren Symptomen sowie Gesundheitsproblemen diagnostiziert werden:

  • Ataxie
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Leberteilung
  • Immunschwäche
  • Atembeschwerden
  • Leukopenie
  • Krämpfe
  • Psychosen
  • Depressionen
  • Schweissausbrüche
  • Übelkeit
  • Hautausschlag
  • toxische Gelbsucht

Ferner sind ab einer Dosis von 5000 mg Cotrimoxazol permanente Gehirnschädigungen, Nierenversagen, schwere Leberschäden und bei Frauen eine permanente Unfruchtbarkeit bekannt.

Klassifikation der Wirkung auf Bakterien

Beide Bestandteile und auch die Kombination wirken bakteriostatisch. Nur bei sehr empfindlichen Mikroorganismen kann die Kombination auch bakterizid wirksam sein.

Chemie

Sulfamethoxazol ist eine Substanz aus der Gruppe der Sulfonamide, die strukturell der para-Aminobenzoesäure (PABA) ähneln.

Trimethoprim ist eine Substanz aus der Gruppe der Diaminopyrimidine und hat strukturelle Ähnlichkeit mit der Dihydrofolsäure.

Handelsnamen

Bactrim (A, CH), Drylin (D), Escoprim (CH), Eusaprim (D, A), Kepinol (D), Lagatrim (CH), Nopil (CH), TMS forte (D), zahlreiche Generika (D, A, CH)

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Fachinformation Kepinol. Dr. R. Pfleger Chemische Fabrik GmbH. Stand: Januar 2008.
  2. Wormser GP, Keusch GT, Heel RC: Co-trimoxazole (trimethoprim-sulfamethoxazole): an updated review of its antibacterial activity and clinical efficacy. In: Drugs. 24. Jahrgang, Nr. 6, Dezember 1982, S. 459–518, PMID 6759092.
  3. WHO Model List of Essential Medicines, eingesehen am 20. September 2012.
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5 4,6 Masters PA, O'Bryan TA, Zurlo J, Miller DQ, Joshi N: Trimethoprim-sulfamethoxazole revisited. In: Arch. Intern. Med. 163. Jahrgang, Nr. 4, Februar 2003, S. 402–10, PMID 12588198.
  5. Jick H, Derby LE: A large population-based follow-up study of trimethoprim-sulfamethoxazole, trimethoprim, and cephalexin for uncommon serious drug toxicity. In: Pharmacotherapy. 15. Jahrgang, Nr. 4, 1995, S. 428–32, PMID 7479194.
  6. Brumfitt W, Hamilton-Miller JM, Havard CW, Tansley H: Trimethoprim alone compared to co-trimoxazole in lower respiratory infections: pharmacokinetics and clinical effectiveness. In: Scand. J. Infect. Dis. 17. Jahrgang, Nr. 1, 1985, S. 99–105, PMID 3873108.
  7. Lacey RW, Lord VL, Gunasekera HK, Leiberman PJ, Luxton DE: Comparison of trimethoprim alone with trimethoprim sulphamethoxazole in the treatment of respiratory and urinary infections with particular reference to selection of trimethoprim resistance. In: Lancet. 1. Jahrgang, Nr. 8181, Juni 1980, S. 1270–3, PMID 6104083.

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