Biologische Invasion


Der Nordamerikanische Waschbär zählt zu den Neozoen

Als Biologische Invasion (umgangssprachlich Einschleppung) bezeichnet man die Ausbreitung einer Art in einem Gebiet, in dem sie nicht heimisch ist. Verwendet wird der Begriff insbesondere bei durch den Menschen eingeschleppten Arten, die die angestammten Ökosysteme deutlich verändern und zur Verdrängung anderer Arten führen. Die eingeschleppten Arten nennt man dann invasive Spezies oder Bioinvasoren; sie bilden eine Teilmenge der eingebürgerten Arten oder Neobiota. Bei diesen unterscheidet man eingebürgerte Pflanzen (Neophyten), Pilze (Neomyceten) und Tiere (Neozoen). Biologische Invasionen sind Forschungsgegenstand der Invasionsbiologie, eines Seitenzweiges der Biologie.

Allgemeines

Wanderungen von Lebewesen gibt es, seitdem sich Spezies neue Lebensräume erschließen. Diese natürlichen Migrationen gehen in einem relativ langsamen Tempo vonstatten und stoßen dort an ihre Grenzen, wo die Art natürliche Ausbreitungsbarrieren wie Gewässer, Berge, Eis, Wüste oder ähnliches nicht mehr von sich aus überwinden kann.

Diese natürlichen Grenzen können von Arten unter bestimmten Bedingungen überwunden werden. Beispielsweise kann mittels eines Treibholzes eine Insel erreicht und besiedelt werden oder über einen entsprechenden Wirt das Hindernis bewältigt werden. Diese biologischen Invasionen finden ohne Einfluss des Menschen statt.

Bei allen natürlichen Wanderungen ist die Geschwindigkeit und Quantität, mit der sich die Art in dem neuen Areal verbreitet, so langsam, dass sich die ansässigen Arten auf die Einwanderer einstellen können. Falls eine ansässige Art die gleiche ökologische Nische besetzt wie der Einwanderer, dann gelingt es oft, die einwandernde Art wieder zurückzudrängen oder die ursprüngliche Art kann ihrerseits neue Lebensräume erschließen.

Vom Menschen verursachte Einschleppungen haben meist eine völlig andere Dimension. So sind die Möglichkeiten, die sich durch die moderne Schifffahrt oder den Flugverkehr ergeben, immens. Die Regelmäßigkeit, mit der eine Route geflogen oder gefahren wird und damit die Wahrscheinlichkeit, gleiche Arten an einen bestimmten Ort zu exportieren, ist ungleich höher als die Wahrscheinlichkeit, mit der zum Beispiel Vertreter gleicher Arten auf einem Treibholz auf die gleiche Insel gelangen. Ebenfalls unvergleichbar ist die Quantität, mit der heute Güter und Menschen den Ort wechseln. Außerdem kann man die Geschwindigkeit, mit der die oft enormen Strecken zurückgelegt werden, nicht mit der eines Lebewesens vergleichen.

Es ist auffallend, dass sich in der Fachliteratur sehr unterschiedliche Definitionen des Begriffs biologischer Invasion gibt. Die zahlreichen Vorschläge unterscheiden sich vor allem in den Fragen, 1) ob Menschen an dem Prozess der Arealerweiterung beteiligt sein müssen oder ob auch natürliche, „selbstständige“ Einwanderungen Invasionen sind und 2) ob eine Art durch den Schaden, den sie im neuen Gebiet verursacht, als invasiv charakterisiert werden kann oder ob auch eingewanderte Arten, die keine Schäden verursachen, invasiv sind. Aus naturwissenschaftlicher Sicht kann eine Definition wie folgt aussehen (nach Heger 2004): Als biologische Invasionen werden alle von Menschen verursachte oder auch natürlich bedingten Prozesse der Arealerweiterung bezeichnet, in denen eine Ausbreitungsbarriere überwunden wurde. Als Ausbreitungsbarriere wird dabei ein Gebiet verstanden, welches von der betrachteten Art nur mit einer Wahrscheinlichkeit, die gegen Null geht, überwunden werden kann. Das Gebiet, in das die Art nach der Barrierenüberwindung gelangt, war für sie vorher bereits ökologisch geeignet. Die Art ist dort ökologisch fremd, da sie im neuen Gebiet für eine evolutionär relevante Zeit nicht auftrat.

Gebietsfremde Arten sind all jene, die in einem Gebiet wildlebend auftreten, das außerhalb ihres bisherigen Areals liegt. Dabei muss das Auftreten der Art im Gebiet bisher durch eine Ausbreitungsbarriere verhindert worden sein, nicht durch die Standortbedingungen des neuen Gebietes. Invasive Arten sind gebietsfremde Arten, die sich im neuen Gebiet ausbreiten. Es spielt dabei keine Rolle, in welchem Ausmaß und welcher Geschwindigkeit diese Ausbreitung geschieht, auch ist irrelevant, ob dabei ein kulturell oder ökonomisch als negativ zu bezeichnender Einfluss auf die heimischen Biozönosen ausgeübt wird oder nicht.

Einschleppungswege

Mit der fortschreitenden Globalisierung und der Beschleunigung der Gesellschaft haben sich auch die Wege, wie ein Einwanderer einen neuen Lebensraum erreichen kann, verändert. Besonders durch die Globalisierung werden die Strecken von einem Ort zum anderen immer schneller und häufiger überwunden. Seit 1990 ist der internationale Handel um 50 % angestiegen. Mit jedem Flug eines Linienflugzeugs, mit jedem Container auf einem Containerschiff, mit jedem Touristen und mit jedem Paket kann theoretisch eine Bioinvasion ausgelöst werden. Durch die Globalisierung sind die natürlichen Barrieren wie Wasser, Gebirge oder Wüsten für invasive Spezies überwindbar geworden.

Generell muss man zwischen einer zufälligen Einschleppung und der beabsichtigten Einschleppung unterscheiden.

Beabsichtigte Einschleppung

Heute werden noch immer häufig gebietsfremde Arten absichtlich in neue Habitate eingeschleppt. Meistens sollen die eingeschleppten Arten dem Menschen direkt oder indirekt nutzen. Viele der beabsichtigten Einschleppungen werden kurzsichtig und unüberlegt getätigt. Selten wird bedacht, was für ein Schaden entstehen kann, wenn der Mensch die Kontrolle über die eingeschleppte Art verliert. Häufig liegt der Grund dafür aber einfach in der Unwissenheit der Menschen.

Pflanzen werden häufig als Zier- oder Nutzpflanzen eingeschleppt; ihre Einführungswege sind in der Hemerochorie systematisiert. Dabei passiert es oft, dass die Pflanzen verwildern und sich abseits der Gärten und Agrarflächen ansiedeln. Das gleiche gilt auch für Tiere: Viele Haus- und Nutztiere stellen eine große Gefahr für native Arten dar. Besonders Raubtiere können sehr schnell enorme Schäden verursachen. Außerdem verwildern die Tiere häufig und können so eine Population aufbauen, die noch weitreichendere Schäden nach sich zieht. Häufig werden zum Beispiel Besatzfische zu einer großen Gefahr, wenn sie sich etablieren können. Auch sind im Laufe der Geschichte viele Tierarten aus Pelzfarmen ausgebrochen und haben sich etablieren können.

Eine weitere mögliche Form der beabsichtigten Einschleppung ist das Aquarium oder Terrarium. Oft werden Fische, Reptilien oder andere Tiere ausgesetzt, sobald sie zu groß für das Aquarium beziehungsweise Terrarium werden. Die meisten tropischen Arten können in unseren Breiten nicht überleben, aber besonders subtropische Arten siedeln sich zum Teil in warmen Abwässern der Industrie an. Besonders in der Forstwirtschaft werden häufig Organismen zur Schädlingsbekämpfung eingeschleppt. Oft stellen diese Organismen aber nicht nur für den Schädling sondern auch für andere Tiere eine Bedrohung dar, manchmal frisst der Organismus den Schädling selbst gar nicht. Besonders nachdem der Schädling erfolgreich bekämpft wurde stellen die eingeschleppten Arten häufig eine ernstzunehmende Gefahr dar. Aber auch zur Krankheitsbekämpfung werden fremde Arten eingeschleppt, zum Beispiel Fische im Kampf gegen Mücken, die Malaria übertragen. Oft vernichteten diese aber auch einige andere Wasserinsekten und andere kleine Lebewesen. Und schließlich werden viele Organismen auch für Forschungszwecke eingeführt. Zum Teil kommt es dabei auch zu einer Verwilderung und einer Bioinvasion.

Unabsichtliche Einschleppung

Unabsichtliche Einschleppungen kommen viel häufiger vor als beabsichtigte Einschleppungen. Besonders mit den weltweiten Transporten der Weltwirtschaft werden Organismen kreuz und quer über den Globus verschleppt. Relativ leicht kann man der Verschleppung von größeren Tieren entgegenwirken. Pflanzen werden besonders als Samen verschleppt, was man aufgrund der Größe nur schwer kontrollieren kann. Besonders schwer ist die Kontrolle und Vermeidung bei kleinen Wirbellosen, Insekten, Viel- und Einzellern sowie Viren.

An oder in Pflanzen werden häufig Organismen wie Insekten verbreitet. Sie führen dann oft zu Schädlingsplagen in der Forst- und Landwirtschaft. Auch an oder in Schnittpflanzen sowie Obst und Gemüse werden immer wieder fremde Arten eingeschleppt. Manchmal werden invasive Arten mit Pflanzenerzeugnissen oder Pflanz- und Kultursubstraten verbreitet.

Eine weitere Möglichkeit der unabsichtlichen Einschleppung ist mit Haus- und Nutztieren. Viele Haus- und Nutztiere tragen Krankheitserreger an oder in sich, sind aber immun oder geimpft, weshalb die Krankheiten bei ihnen nicht ausbrechen. Sie befallen dann besonders nahestehende ungeschützte Arten und können schnell Epidemien auslösen.

In Transportverpackungen finden sich auch Organismen. Besonders in Verpackungsholz werden Schädlinge verbreitet. Aber auch viele andere kleine Organismen werden in Verpackungen übersehen, etwa Spinnentiere, Insekten oder Nagetiere.

Ballastwasser gehört zu den bedeutendsten Vektoren für aquatische Neobiota.

Auch mit den Transportmitteln selbst können viele invasive Spezies verschleppt werden. Besonders gravierend sind hierbei Flugzeuge, weil sie enorme Strecken zurücklegen, und Schiffe, die besonders im Ballastwasser Wasserorganismen in fremde Gewässer bringen. Im Ballastwasser überleben viele kleine Organismen, vor allem Plankton. Größere Organismen überleben die langen Zeitspannen, indem sie sich von kleineren Organismen ernähren. Plankton bildet häufig Sporen oder andere Formen, damit er ohne Nahrung überleben kann. Von den überlebenden Organismen können in der Regel nur wenige dauerhaft in den neuen Gewässern überleben, da den meisten die Temperatur, die Nahrung und der Salzgehalt des Wassers nicht zusagt. Als Gegenmaßnahme wird der Austausch des Ballastwassers auf hoher See empfohlen, aber es ist nur für die großen Seen der USA verbindlich. Außerdem ist es nicht bei jedem Seegang möglich und es ist auch wenig effizient, da die Technik nicht auf einen völligen Austausch ausgelegt ist. Mit Segelbooten wurden vermutlich einige Muschelarten verbreitet (siehe weiter unten).

Zwei unabhängig voneinander durchgeführte Studien der University of California in Davis *[1] kamen zu dem Ergebnis, dass invasive Pflanzen sich entlang befestigter Straßen besser verbreiten als in der Wildnis. Invasive Gräser (Trespe, Flockenblume) haben inzwischen mehr als 500.000 km² des amerikanischen Westens erobert. Einen Kilometer von den Straßen entfernt können sich invasive Pflanzen laut dieser Studie schon nicht mehr verbreiten. Daraus ergab sich nach Einschätzung der Forscher zum Beispiel, dass Straßen und Wege in Naturschutzparks gänzlich zu vermeiden sind. Dies diene nicht nur dem Erhalt des zu schützenden Gebietes, sondern auch dem Erhalt von Kulturlandschaften, da die Bekämpfung invasiver Pflanzen mit explodierenden Kosten für die Landwirte verbunden sei.

Zeitlicher Kontext

Invasive Spezies begleiten den Menschen schon seit langem. Früher war die Geschwindigkeit allerdings noch viel geringer und auch die zurückgelegten Strecken kann man nicht mit denen von heute vergleichen.

Heute gut nachvollziehbare und folgenschwere Bioinvasionen fanden besonders bei der Entdeckung und Besiedelung Amerikas, Australiens, Neuseelands und mehrerer kleiner Inseln statt. Deren Auswirkungen sind bis heute noch sichtbar. Die künstliche Ausrottung der invasiven Spezies ist größtenteils unmöglich.

Besonders auffällig sind die Schäden durch die invasiven Arten in Australien und Neuseeland: Dort gab es ursprünglich kaum Räuber und auch sonst unterscheidet sich die Tier- und Pflanzenwelt stark von der in Eurasien oder Amerika. Der größte Räuber in Australien war der Beutelwolf, der um etwa 1900 ausgerottet wurde. Die Beuteltiere und viele kleine Säugetiere kommen nur in Australien beziehungsweise auf Neuseeland vor. Sie wurden durch die eingeschleppten und verwilderten Kaninchen, Ratten, Katzen, Hunde und Füchse extrem gefährdet. Wo vorher kein Räuber war, gab es plötzlich mehrere Raubtiere und starke Nahrungskonkurrenten. Besonders die Kaninchen vermehrten sich explosionsartig. Eine Gefahr stellt dies zudem für Ross und Reiter dar, da die Pferde sehr häufig in die Bauten der Kaninchen treten und sich dabei leicht ein Bein brechen können, was zumeist einen Sturz beider und den Tod des Pferdes nach sich zieht. In Neuseeland gibt es heute etwa 1570 invasive Arten gegenüber 1790 nativen Arten.

Auf den Galápagos-Inseln wurden Ziegen und Schweine ausgesetzt, die den langsamen und sich langsam vermehrenden Riesenschildkröten die Nahrung streitig machen. Auf der Galápagos-Insel Pinta gibt es das letzte überlebende Männchen einer Unterart der ursprünglich mindestens 15 Riesenschildkröten-Unterarten. Heute existieren davon nur mehr elf. In Hawaii sind etwa zwei Drittel der Pflanzen eingeführt worden. Insgesamt gibt es auf Hawaii 861 Invasoren und 956 native Arten.

Bedingungen für Bioinvasionen

Nicht jede Art, die eingeschleppt wird, kann sich dauerhaft etablieren oder explosionsartig verbreiten. Es dauert oft Jahre oder sogar Jahrzehnte bis sich eine stabile Population entwickelt hat. Fehlen natürliche Feinde oder andere Faktoren (z. B. klimatische), die die Population regulieren können, werden dann die invasiven Spezies zu einer ernsten Bedrohung für die Biodiversität des Habitats. Grundsätzlich muss einer eingeschleppten Art die Beschaffenheit des Lebensraumes und das Klima zusagen. Außerdem benötigt sie geeignete Nahrung und für eine funktionierende Population sind mehrere Individuen notwendig. Das können einige hundert oder gar tausende sein, oft reichen aber nur ein paar Individuen von unterschiedlichem Geschlecht. In einem Extremfall der Einschleppung der Baumnatter auf Guam wurde genetisch nachgewiesen, dass alle Schlangen von einer einzigen befruchteten Natter abstammen. Weshalb ist es den neuen Arten überhaupt möglich, eine stabile Population aufzubauen? Allgemein kann man sagen, dass die nativen Arten oft nicht in der Lage sind, mit den neuen Arten ausreichend zu konkurrieren.

Viele erfolgreiche Invasoren haben einen schnelleren Generationenwechsel als die ansässigen Arten. Sobald sich eine gesunde Grundpopulation aufgebaut hat, beginnen sie, sich zu vermehren. Häufig entsteht dadurch eine enorme Populationsdichte, gegen deren Konkurrenz die nativen Spezies mit ihrer langsameren Vermehrung nicht ankommen. Die Ressourcen werden überdies knapper und die Populationen der nativen Arten sind dadurch noch stärker geschwächt. Viele invasive Spezies haben eine weitere wesentliche Eigenschaft: Sie sind Generalisten. Das beschleunigt ebenfalls die Vermehrungsrate im Vergleich zu den oft stärker spezialisierten nativen Arten, die auf bestimmte Ressourcen wie passende Nahrung, passender Untergrund, genug Wasser oder viel Licht stärker angewiesen sind.

Außerdem fehlen fast immer die natürlichen Feinde der invasiven Art, wodurch sie sich ungehindert fortpflanzen kann, während die ansässige Art ständig durch einen natürlichen Feind bedroht wird und so die Population in einem Gleichgewicht zu den vorhandenen Ressourcen bleibt. Weiters gibt es häufig keine Krankheiten in dem neuen Lebensraum, welche den invasiven Arten schaden kann, während die nativen Spezies regelmäßig von neuen Krankheiten heimgesucht und geschwächt werden. Besonders gravierend tritt dieses Missverhältnis zu Tage, wenn die Population der nativen Art von einer stärkeren Epidemie heimgesucht wird. Dann kann es passieren, dass die Population innerhalb weniger Wochen oder Monate zusammenbricht.

Eine weitere große Gefahr für die nativen Spezies stellen neue Krankheitserreger dar, die mit den Invasoren eingeschleppt werden. Die Invasoren sind häufig immun dagegen, aber bei den nativen Spezies können die neuen Krankheitserreger das oben geschilderte Szenario mit dem völligen Verschwinden der Population bedeuten. All das wird verstärkt und beschleunigt durch die zunehmende Zerstörung und Verschmutzung der Lebensräume, wodurch die nativen Spezies zusätzlich geschwächt sind. Häufig sind die Einwanderer außerdem besser an die veränderten Umstände angepasst als die nativen Arten. Daher werden die Schäden durch diese Faktoren noch multipliziert.

Bioinvasionen verursachen vielerlei Schäden, sowohl in ökologischer als auch in ökonomischer Hinsicht. Es wird vermutet, dass die meist irreversiblen Schäden, die durch Bioinvasionen verursacht werden, etwa so hoch sind wie diejenigen, die durch die Zerstörung der natürlichen Lebensräume verursacht werden, wobei diese beiden Phänomene immer mehr zusammenwachsen und durch die Klimaerwärmung verstärkt werden.

Neben der Gefährdung der Biodiversität durch Verdrängung und Auslöschung nativer Arten ist auch das Ökosystem als ganzes betroffen: Durch den Wegfall der ausgerotteten Arten gerät das ökologische Gleichgewicht häufig aus dem Lot. Darauf folgt dann oft eine Art Kettenreaktion: Andere Spezialisierte Arten leiden ebenfalls darunter und sterben aus. Besonders gravierend ist die Situation, wenn eine Schlüsselart verschwindet, auf die ein großer Teil der anderen Spezies direkt oder indirekt angewiesen ist. Obwohl die meisten invasiven Spezies Schäden verursachen, kann es auch vorkommen, dass die neuen Arten eine Ergänzung für das Ökosystem darstellen, ohne dieses negativ zu Beeinträchtigen. Meistens sind diese Arten besonders spezialisiert und besetzen eine vorher unbesetzte Nische.

Inselökosysteme sind besonders verwundbar

Da dort im Allgemeinen große Landraubtiere fehlen, leben auf vielen Inseln Arten die sehr verwundbar für Jagd und Beutegreifer sind, wie z. B. flugunfähige Vögel und Tiere, die den Fluchtinstinkt verloren haben, also sehr zutraulich sind. Deshalb sind dort einige Arten schon durch Jagd, eingeschleppte Ratten (Pazifische Ratte (Rattus exulans) durch die Polynesier, Wanderratte (Rattus norvegicus) durch Europäer) und Hunde ausgerottet worden.

Schäden für die Wirtschaft

Der wirtschaftliche Schaden, den invasive Spezies verursachen können, ist nicht zu unterschätzen. Im Vergleich zu dem ökologischen Schaden kann man aber den ökonomischen Schaden vernachlässigen. Häufig ist es nur dann möglich, Geld und andere Ressourcen für den Kampf gegen invasive Spezies aufzutreiben, wenn es auch der Wirtschaft zumindest mittelbar nützt.

Besonders hohe Schäden verursachen invasive Arten in der Forst-, Land- und Fischereiwirtschaft. In Deutschland wurde eine Studie veröffentlicht, wonach alleine zwanzig invasive Arten einen Schaden von 167 Mio. Euro im Jahr 2002 verursacht haben. Alleine die Herkulesstaude verursacht 12,3 Mio. Euro Kosten und durch die Kastanienminiermotte entstehen Kosten in Höhe von etwa 19,2 Mio. Euro. Die Kosten für die Land- und Forstwirtschaft in den USA werden nach PIMENTEL et al. (2000) auf jährlich etwa 138 Milliarden US-Dollar geschätzt. Diese Zahlen sollen nur in etwa zeigen, wie ernstzunehmend das Problem der invasiven Spezies weltweit ist und dass Maßnahmen dagegen wichtig sind.

Fallbeispiele

Chile-Argentinien

Der Handel zwischen Chile und Argentinien verläuft hauptsächlich auf dem Straßenweg. Seit 2000 hat sich die Transportmenge mehr als verdreifacht. Ursprünglich bildeten die Anden eine natürliche Barriere zwischen beiden Ländern, die aber durch den steigenden Verkehr zunehmend verschwindet. Von den 875 gebietsfremden Arten kommen knapp 300 jeweils nur in Chile oder Argentinien sowie gut 300 in beiden Ländern vor. Als am gefährlichsten für Argentinien stuften die Forscher des UFZ die Gelbe Bartsie (Parentucellia viscosa) ein, die ursprünglich im Mittelmeerraum heimisch war. Innerhalb von 48 Jahren hat sie sich bereits in 10 Provinzen Chiles ausgebreitet. Auch die Mittelmeer-Brombeere (Rubus ulmifolius), die Wein-Rose (Rosa rubiginosa) oder die Silber-Akazie (Acacia dealbata) haben sich in den Ländern bereits etabliert. Gute Chancen für eine Eindämmung der Invasion bestehen zum Beispiel beim Gestreiften Ginster (Cytisus striatus), da dieser noch nicht weit verbreitet ist.[1]

Australien

Die Aga-Kröte verbreitet sich seit 1936 vom Nordosten Australiens über den Kontinent.

Maßnahmen gegen invasive Spezies

Laut der Species Survival Commission (SSC) der IUCN sind folgende sieben Ziele anzustreben:

  1. das Bewusstsein vergrößern, dass invasive Spezies eine große Gefahr darstellen
  2. die Vermeidung von Einschleppungen invasiver Arten als Problem mit hohem Stellenwert zu fördern, das zur Bekämpfung nationale und internationale Aktionen benötigt
  3. die Zahl der unbeabsichtigten Einfuhren zu minimieren und die ungenehmigte Einfuhr invasiver Spezies verhindern
  4. die Versicherung, dass beabsichtigte Einfuhren gebietsfremder Arten, auch für wissenschaftliche Zwecke, genau auf ihre möglichen Auswirkungen auf die Biodiversität hin untersucht werden
  5. die Förderung von Programmen und Kampagnen gegen invasive Arten und die Verbesserung derer Effektivität
  6. die Förderung der nationalen und internationalen Rahmenbedingungen für nationale Gesetze und internationale Kooperationen zur Regulierung der Einschleppung invasiver Arten sowie deren Kontrolle
  7. die Förderung notwendiger Forschungen und die Entwicklung und Veröffentlichung einer adäquaten Wissensbasis, um dem Problem invasiver Arten entgegenzuwirken

Siehe auch

Literatur

  • Ingo Kowarik; Biologische Invasionen - Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa, Verlag Eugen Ulmer Stuttgart, 2003, ISBN 3-8001-3924-3
  • Heger, T.; Zur Vorhersagbarkeit biologischer Invasionen. Schriftenreihe Neobiota, Band 4, Berlin, 2004.197 S.
  • Bernhard Kegel; Die Ameise als Tramp - Von biologischen Invasionen, Heyne Verlag, 2001, ISBN 3-453-18439-4
  • Biologische Invasionen – Muster, Prozesse und Mechanismen der Bioglobalisierung. - Geographische Rundschau 63 (3): 4-10 (Themenheft „Biologische Invasionen“) (2011)

Film

  • Die Exoten kommen. Eingewandert, eingeschleppt, eingebürgert. Dokumentarfilm, Österreich, 2008, 43 Min., Buch und Regie: Kurt Mündl, Produktion: ORF2, Erstsendung: 2. Dezember 2008[2]

Einzelnachweise

  1. Pressemitteilung des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung: Chile ist gefährlicher für Argentinien als umgekehrt. 13. Juli 2011. Abgerufen am 29. Januar 2012.
  2. Die Exoten kommen. Film-Informationen, ORF2

Weblinks

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