Archaeopteryx



Archaeopteryx

Archaeopteryx, Londoner Exemplar mit gut erhaltenen Federn

Zeitliches Auftreten
Oberjura (Tithonium)
150,8 bis 145,5 Mio. Jahre
Fundorte
  • Solnhofen, Eichstätt, Langenaltheim
    und Jachenhausen
    Fränkische Alb, Bayern, Deutschland,
    (Solnhofen-Formation)
  • Kohlengrube Guimarota bei Leiria, Portugal
Systematik
Ornithodira
Dinosaurier (Dinosauria)
Theropoda
Paraves
Archaeopterygidae
Archaeopteryx
Wissenschaftlicher Name
Archaeopteryx
von Meyer 1861
Arten
  • Archaeopteryx lithographica (Typus-Art)
  • Archaeopteryx siemensii

Archaeopteryx (aus altgriechisch ἀρχαῖος {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value) „uralt“ und {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value) {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value) „Flügel, Feder, Schwinge“; sinngemäße Übersetzung: „alte Feder“ oder „alter Flügel“) ist eine Gattung der Archosaurier, deren Fossilien in der Fränkischen Alb in den Solnhofener Plattenkalken aus dem Oberjura entdeckt wurden. Da der etwa taubengroße Archaeopteryx in der Regel der Gruppe der Vögel als ursprungsnahe Form zugerechnet wurde und wird, bezeichnet man die Mitglieder der Gattung auch als „Urvögel“.

Archaeopteryx wurde erstmals im Jahr 1861 von Hermann von Meyer auf der Grundlage eines isolierten Federabdrucks beschrieben. Das erste Skelettexemplar wurde im selben Jahr entdeckt und ist in der Erstveröffentlichung erwähnt; es folgten bis heute mindestens neun weitere unterschiedlich vollständige Skelettfunde. Die Gattung Archaeopteryx zeigt ein Mosaik aus (für Vögel) urtümlichen, das heißt reptilienhaften Merkmalen, die später von den modernen Vögeln (Neornithes) abgelegt wurden, und abgeleiteten, das heißt vogeltypischen, Merkmalen, die jedoch nach gegenwärtigem Kenntnisstand nur noch zum Teil als allein charakteristisch für Vögel gelten. Sie gilt deshalb als Übergangsform (Mosaikform), die zwischen theropoden Dinosauriern und Vögeln vermittelt.

  • Urtümlich sind unter anderem das Vorhandensein von Zähnen und Bauchrippen (Gastralia), eine lange Schwanzwirbelsäule, eine relativ geringe Zahl unverschmolzener Beckenwirbel (Sakralia), unverschmolzene Mittelhand-, Mittelfuß- und Fußwurzel- und Beckenknochen, die drei Fingerklauen, sowie das Fehlen eines knöchernen Brustbeins.
  • Zu den vogeltypischen Merkmalen kann man die modern anmutenden asymmetrischen Schwungfedern, die zu einem Gabelbein verschmolzenen Schlüsselbeine und die rückwärts oder seitlich-rückwärts orientierte erste Zehe (Hallux) des Fußes (anisodactyler Vogelfuß) zählen.

Die Vogel-Charakteristika des Urvogels sind jedoch auch für manche gefiederten Dinosaurier belegt oder, wie im Fall der revertierten ersten Zehe des Archaeopteryx, nicht unangefochten,[1] so dass manche Paläontologen den Urvogel nicht als wesentlich vogelähnlicher ansehen als manche nicht den Vögeln zugerechnete theropode Dinosaurier (z. B. Microraptor). Innerhalb der letzten 20 Jahre sind eine Vielzahl von Fossilfunden urtümlicher Vögel und vogelähnlicher Dinosaurier, besonders in Sedimentgesteinen der Unterkreide von Nordostchina (der Jehol-Gruppe), entdeckt worden, so dass Archaeopteryx als Mosaikform nicht allein steht, sondern sich in eine (morphologische, nicht zeitliche) Abfolge den Vögeln sukzessive ähnlicher werdender Dinosaurier einordnen lässt.

Vertreter der Hypothese, der Schlagflug der Vögel sei aus dem Gleitflug von einem erhöhten Punkt herab entstanden, interpretieren die Krallen des Archaeopteryx als die eines Baumkletterers, der von den Ästen herabglitt.[2] Bei palökologischen Untersuchungen der Fundhorizonte kamen manche Forscher jedoch zu dem Schluss, dass am Bildungsort der Solnhofener Plattenkalke ein heißes und trockenes Klima geherrscht haben muss und wahrscheinlich keine Bäume vorkamen.[3][4] Im Gegenzug wiesen sie aber auf hohe Klippen an der Küste des Jurameeres hin, die als Startpunkt für erste Flugversuche hätten genutzt werden können. Burgers und Chiappe zeigten, dass Archaeopteryx möglicherweise auch vom Boden starten konnte.[5]

Die Fossilfunde

Bisher wurden elf mehr oder weniger gut erhaltene Skelette der Gattung Archaeopteryx sowie eine einzelne Feder gefunden. Alle diese Fossilien stammten aus den Schichten des oberen weißen Jura in den Steinbrüchen bei Eichstätt, Solnhofen, Langenaltheim und Jachenhausen bei Riedenburg. Der Abdruck der einzelnen Feder wurde 1860 entdeckt, das erste Skelett 1855 („Haarlemer Exemplar“) und das bisher letzte Exemplar 2011. Dabei handelt es sich um folgende Stücke (geordnet nach dem Zeitpunkt, an dem der jeweilige Fund erstmalig als Archaeopteryx erkannt wurde):

Der erste Fund: Eine Konturfeder von Archaeopteryx

1. „Die Feder“, entdeckt 1860 im Gemeindesteinbruch Solnhofen und 1861 beschrieben von dem Frankfurter Wirbeltier-Paläontologen Hermann von Meyer (1801–1869), der den heute noch gültigen Gattungsnamen Archaeopteryx prägte, war der erste bekannt gewordene Fund.[6] Der eine Teil des Abdrucks befindet sich im Museum für Naturkunde in Berlin, die andere Seite im Paläontologischen Museum in München. Ob die isolierte Feder tatsächlich von Archaeopteryx stammt, ist nicht bekannt. Lange Zeit war dieses Exemplar jedoch problematischerweise der Holotypus.

2. Das „Londoner Exemplar“, gefunden 1861 auf der Langenaltheimer Haardt bei Solnhofen, gehört zu den drei bedeutendsten Exemplaren. Es war der erste vollständige Fund eines Skeletts und ist das Typus-Exemplar der Art Archaeopteryx lithographica. Es wurde wenige Monate nach dem Fund vom Londoner Natural History Museum (damals noch zum British Museum gehörend) von dessen Besitzer, dem Pappenheimer Kreisarzt Carl Friedrich Häberlein (1787-1871), erworben. Treibende Kraft war dabei der britische Naturforscher Richard Owen, damals Leiter der naturhistorischen Sammlung des Britischen Museums und erklärter Gegner von Darwins Theorien, der mit dem Ankauf verhindern wollte, dass Darwins Evolutionstheorie durch den Urvogel gestützt wird. Das Fossil blieb lange Zeit unter Verschluss, Untersuchungsergebnisse wurden nur nach und nach in kleinen Portionen veröffentlicht.

Das „Berliner Exemplar“

3. Das „Berliner Exemplar“ (gefunden zwischen 1874 und 1876 auf dem Blumenberg bei Eichstätt), gilt mit seinen deutlichen Federabdrücken und einem erhaltenen Schädel als das wahrscheinlich schönste und vollständigste Stück. Der Finder Jakob Niemeyer tauschte den Fund für eine Kuh im Wert von 150 bis 180 Mark ein. Der neue Besitzer Johann Dörr, ein Steinbruchbesitzer, veräußerte es für 2.000 Mark an Ernst Otto Häberlein (1819-1886) aus Pappenheim, dem Sohn des Verkäufers des Londoner Exemplars, der den Fund auch präparierte. Zunächst interessierten sich die Bayrische Staatssammlung und die Yale-Universität für das Fundstück, doch konnten beide den hohen Kaufpreis nicht aufbringen. Selbst eine Bitte deutscher Zoologen an Kaiser Wilhelm I. brachte keinen Erfolg.[7] Schließlich erwarb Werner von Siemens das Exemplar 1879 für 20.000 Mark und übergab es als Dauerleihgabe dem Mineralogischen Museum der Humboldt-Universität zu Berlin, welches ihm zwei Jahre später den Kaufpreis erstattete. Es gehört seitdem dem Museum für Naturkunde in Berlin und wird seit 2007 auch dauerhaft ausgestellt.

4. Das „Maxberger Exemplar“ (1956 auf der Langenaltheimer Haardt bei Solnhofen), ein Torso mit einigen Federabdrücken, befand sich bis zum Tod seines Entdeckers Eduard Opitsch 1991 in dessen Privatbesitz. Seitdem gilt es als verschollen.

5. Das „Haarlemer Exemplar“ (1855 in Jachenhausen bei Riedenburg) wurde schon 1855, also fünf Jahre vor der Feder gefunden, aber erst 1970 durch John Ostrom Archaeopteryx zugeordnet. Dieses Exemplar war durch Hermann von Meyer 1860 als Pterodactylus crassipes klassifiziert worden, daher hätte sein Artname crassipes gemäß den Prioritätsregeln der Benennung von Fossilien den Namen litographica ersetzen müssen. Dies wurde durch energischen Einsatz von Ostrom verhindert. Das Fragment ist in Besitz des Teylers Museum, Haarlem.

„Eichstätter Exemplar“ (mit Gegenplatte)

6. Das „Eichstätter Exemplar“ (1951 in Workerszell bei Eichstätt) galt zunächst als kleiner Raubdinosaurier Compsognathus, wurde 1973 wieder entdeckt und 1974 von Peter Wellnhofer beschrieben. Das Stück befindet sich im Besitz des Jura-Museums in Eichstätt.

7. Das „Solnhofener Exemplar“ wurde in den 1960er-Jahren von einem türkischen Gastarbeiter in der Nähe von Eichstätt entdeckt und zunächst ebenfalls als Compsognathus fehlbestimmt, 1988 aber durch Peter Wellnhofer beschrieben. Es hängt im Bürgermeister-Müller-Museum zu Solnhofen (2001 entschied das Oberlandesgericht Nürnberg, dass das Fossil nicht an einen Steinbruchbesitzer herausgegeben werden muss, der behauptet hatte, es sei 1985 aus seinem Besitz entwendet worden. Die Abweisung der Klage ist mittlerweile rechtskräftig; dennoch ist die tatsächliche Herkunft immer noch nicht restlos geklärt).

A. bavarica im Münchner Paläontologischen Museum

8. Das „Exemplar des Solnhofener Aktienvereins“ (gefunden im Sommer 1992 in einem Steinbruch der „Solnhofer Aktien-Verein AG“ auf der Langenaltheimer Haardt bei Solnhofen) kann im Paläontologischen Museum in München besichtigt werden. 1993 wurde der Fund von Peter Wellnhofer als neue Art Archaeopteryx bavarica in die Wissenschaft eingeführt. Die schönen Federabdrücke und das sehr gut erhaltene Skelett ermöglichten zahlreiche neue Erkenntnisse. Die von Wellnhofer als Brustbein beschriebene Struktur hat sich allerdings nach neueren Untersuchungen als Teil des Rabenbeins erwiesen.[8] Die möglicherweise doch recht guten Flugfähigkeiten bleiben dabei allerdings erhalten, da das Brustbein wohl als verknorpelte Struktur vorhanden war. Auch zahlreiche Details des Schädels, des Kiefers und des Schwanzes des elstergroßen Urvogels öffneten neue Blickwinkel auf die Evolution der Vögel. Durch diese Besonderheiten gehört dieser letzte große Fund zweifellos zu den drei bedeutendsten, manche halten ihn sogar für schöner als das Berliner Exemplar.

Das achte Exemplar auf den Münchner Mineralientagen 2009

9. Ein sehr fragmentarischer, neunter Fund (Exemplar Nr. 8) war seit 1997 nur durch einen Abguss dokumentiert, lange waren Besitzer und Aufbewahrungsort unbekannt. 2009 präsentierte der Fossilienhändler Raimund Albersdörfer das von ihm erworbene Exemplar auf den Münchner Mineralientagen erstmals der Öffentlichkeit.[9]

10. Im Jahr 2004 wurde über einen weiteren, ebenfalls fragmentarischen Fund berichtet, der sich jetzt im Bürgermeister-Müller-Museum Solnhofen befindet.

11. Das „Thermopolis-Exemplar“ wurde 2005 vom Besitzer des Wyoming Dinosaur Center in Thermopolis gekauft und unter anderem von Gerald Mayr untersucht, die Ergebnisse wurden in der Science-Ausgabe vom Dezember 2005 veröffentlicht.[1] Herausragend an dem neuen Exemplar ist neben seinem äußerst gutem Erhaltungszustand die Tatsache, dass erstmals der Kopf von oben zu sehen ist und der Mittelfußknochen einen nach oben gerichteten Fortsatz aufweist.

12. Das bislang letzte Exemplar wurde 2011 von einem Finder entdeckt, dessen Name ebenso wie der Fundort geheim gehalten wird.[10]


Die meisten der Archaeopteryx-Exemplare zeigen eine verkrümmte Halswirbelsäule.[11] Diese typische Rückwärtskrümmung bildete sich erst nach dem Tode der Tiere im Wassergrab heraus.[12]

Äußere Systematik

Archaeopteryx wird in der Regel als der urtümlichste Vogel definiert, das heißt, alle Arten, die mit den Modernen Vögeln (Neornithes) entfernter verwandt sind als Archaeopteryx, gelten als den Vögeln nicht zugehörig.[13] Unter den mesozoischen Vögeln gibt es manche, die nur wenig näher mit den heutigen Vögeln verwandt sind als Archaeopteryx:[14][15] Rahonavis und Jeholornis haben mit Archaeopteryx unter anderem den langen knöchernen Schwanz gemein, den höher entwickelte Vögel (Pygostylia) abgelegt haben.

Innerhalb der theropoden Dinosaurier gelten die Deinonychosaurier als nahe Verwandte der Vögel – beide Gruppen werden in der übergeordneten Gruppe Paraves (Eumaniraptora) zusammengefasst.[13][16] Ein Merkmal, das die Deinonychosaurier mit Archaeopteryx und Rahonavis verbindet, ist die überdehnbare ("hyperextensible") zweite Klaue des Fußes.[17] Federn mit einer geschlossenen Federfahne waren vermutlich bereits bei den Vorfahren der Paraves ausgeprägt.[18]

Nach Benton (2005) liegen innerhalb der Paraves folgende Verwandtschaftsverhältnisse vor:[16]

 Paraves  
  Deinonychosauria  

Troodontidae


   

Dromaeosauridae



 Aves 

Archaeopteryx


   

Rahonavis


   

Jeholornis


   

Pygostylia.


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Es gibt eine Anzahl stammesgeschichtlicher Analysen, die zu abweichenden Ergebnissen bezüglich der Verwandtschaftsverhältnisse vogelähnlicher Deinonychosaurier und urtümlicher Vögel gelangen. Nach der Hypothese von Mayr u. a. waren manche gefiederten Dromaeosauriden wie Microraptor näher mit den Pygostylia verwandt als Archaeopteryx; in der Gruppe der Vögel wäre demnach der Vogelflug womöglich mehrfach unabhängig voneinander entstanden.[1]

Kritiker der Dinosaurier-Abstammung der Vögel meinen, die Ähnlichkeit der Urvögel zu theropoden Dinosauriern sei auf massive konvergente Evolution zurückzuführen. Nach Feduccia u. a. (2005) seien die Vögel aus einer noch zu bestimmenden Gruppe urtümlicher Archosaurier hervorgegangen, während Microraptor und andere gefiederte Dinosaurier in Wirklichkeit keine Dinosaurier sondern frühe Formen flugunfähiger Vögel darstellten.[19]

Archaeopteryx und Xiaotingia

Der Einbezug eines 2011 aufgrund neuer Fossilfunde benannten Archaeopteryx-ähnlichen Dinosauriers der spätjurazeitlichen Tiaojishan-Formation (Liaoning, China) in eine stammesgeschichtliche Analyse führte dazu, dass die bisher angenommenen Verwandtschaftsverhältnisse von Archaeopteryx angezweifelt wurden. Die Analyse ergab, dass Archaeopteryx zusammen mit der neuen Gattung Xiaotingia, die in manchen Merkmalen Deinonychosauriern gleicht, näher mit den Deinonychosauriern als mit späteren Vögeln verwandt gewesen sein könnte:[20]

 Paraves  

  Deinonychosauria  

Troodontidae


   

Dromaeosauridae



  Archaeopterygidae  

Archaeopteryx


   

Xiaotingia




   

Rahonavis


   

Jeholornis


   

Pygostylia.


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Dieser Hypothese zufolge wäre Archaeopteryx, je nach Definition der Gruppe der Vögel, entweder nicht den Vögeln zugehörig, oder die Vögel schlössen auch die Deinonychosaurier mit ein.

Innere Systematik

Lebendrekonstruktion: Nach neueren Untersuchungen (2011) ist anzunehmen, dass mindestens ein Teil des Gefieders schwarz war.

Ob die Archaeopteryx-Funde einer oder mehreren Arten angehören, ist seit der Erstbeschreibung des Berliner Exemplars kontrovers diskutiert worden, was sich in der Häufung synonymer Gattungs- und Artnamen, die für dieselben Exemplare vergeben und wieder revidiert wurden, widerspiegelt.[21][22]

Elzanowski ordnete in seinen Revisionen die damals bekannten Exemplare vier verschiedenen Arten zu, wobei er für das Solnhofener Exemplar, das seiner Ansicht nach anatomisch besonders deutlich von den anderen abweicht, die Zugehörigkeit zu einer eigenen Gattung vorschlug:[23][24]

  • Archaeopteryx lithographica, Holotypus: Londoner Exemplar;
  • Archaeopteryx siemensii, Holotypus: Berliner Exemplar;
  • Archaeopteryx bavarica, Holotypus: Münchener Exemplar;
  • Wellnhoferia grandis, Holotypus: Solnhofener Exemplar.

Der Befund, dass die bisher bekannten Archaeopteryx-Exemplare nicht einer einzigen Art angehören, wird von Mayr u. a. (2007) bestätigt.[17] In ihrer Beschreibung des Thermopolis-Exemplars vergleichen sie den bislang letzten Fund mit vormals bekanntem Fossilmaterial von Archaeopteryx. Entgegen der Analyse von Elzanowski kommen sie zu der Schlussfolgerung, dass die bestehenden Unterschiede der zehn Skelettfunde nicht mehr als zwei Arten rechtfertigen:

  • Archaeopteryx lithographica, Holotypus: Londoner Exemplar, ebenfalls zugehörig: Solnhofener Exemplar;
  • Archaeopteryx siemensii, Holotypus: Berliner Exemplar, ebenfalls zugehörig: Münchener Exemplar, Thermopolis-Exemplar.

Bedeutung für die Entwicklung der Evolutionsbiologie als Fachdisziplin

Archaeopteryx-Fossilien galten und gelten als die wertvollsten und berühmtesten der Welt. Charles Darwin hatte in der von ihm entwickelten Evolutionstheorie 1859 vorhergesagt, dass es bei der Entwicklung neuer Arten Übergangsformen geben sollte, die noch Merkmale der alten, aber auch schon Merkmale der neuen Gruppe besitzen müssten. Als Darwin seine Theorie veröffentlichte, waren noch keine solchen Fossilien bekannt, sie wurden deshalb als fehlende Glieder (missing links) bezeichnet. Nur zwei Jahre später wurde das erste Skelettexemplar des Archaeopteryx gefunden. Die Archaeopteryx-Funde waren der erdgeschichtlich früheste Beleg für Federn eines Wirbeltiers, und dass sie bereits deutliche Merkmale von Vögeln, aber auch noch solche von Reptilien bzw. Sauriern besaßen, machte Archaeopteryx zu einem wichtigen Indiz für die Richtigkeit der Darwinschen Evolutionstheorie. Die Auseinandersetzung um die Evolutionstheorie schlug sich auch in der Geschichte der Archaeopteryx-Fossilien nieder. Unter anderem Richard Owen, der die erste Beschreibung des Londoner Exemplars verfasste, stand aufgrund seiner religiösen Überzeugungen der Evolutionstheorie ablehnend gegenüber. Er vermied peinlich genau jeden Punkt in seiner Publikation, der als Hinweis auf die Deutung als ein vermittelndes Bindeglied zwischen Reptilien und Vögeln gewertet werden könnte. Erst Thomas Henry Huxley lieferte eine systematische Beschreibung des Londoner Exemplars, in der er es als Beleg für die Evolutionstheorie interpretierte. Grobe Fehler in Owens Beschreibung sowie Owens Ankauf des Fossils entgegen der ausdrücklichen Weisung des Aufsichtsrates des Londoner Museums für Naturgeschichte schwächten seine bis dahin unangefochtene Position in der britischen Wissenschaft. Dies machte den Weg frei für die Evolutionstheorie und ihre Anhänger auch in einer der bedeutendsten naturwissenschaftlichen Institutionen der Welt.

Literatur

  • Patricio Domínguez Alonso u. a.: The avian nature of the brain and inner ear of Archaeopteryx. In: Nature. 430, 2004, S. 666–669, doi:10.1038/nature02706.
  • Gerold Bielohlawek: Wer fand den Urvogel? Die Geschichte des Archaeopteryx aus dem Altmühljura. Forum, Riedstadt 2005, ISBN 3-937316-08-6.
  • Ludger Bollen: Der Flug des Archaeopteryx. Auf der Suche nach dem Ursprung der Vögel. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2008, ISBN 978-3-494-01421-0.
  • Paul Chambers: Die Archaeopteryx-Saga. Das Rätsel des Urvogels. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-8077-0139-7.
  • Eva Gebauer: 10 x Archaeopteryx. Was uns die einzelnen Funde erzählen!. Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-929907-77-3.
  • Manfred Meckl: Archaeopteryx. Ein befiederter Dinosaurier wird als Stammvater der Vögel entlarvt. Braun, Fürstenfeldbruck 1995, ISBN 3-00-000444-0.
  • Lawrence M. Witmer: Palaeontology: Inside the oldest bird brain. In : Nature. 430, 2004, S. 619–620, doi:10.1038/430619a.
  • Peter Wellnhofer: Archaeopteryx. Der Urvogel von Solnhofen Pfeil, München 2008, ISBN 978-3-89937-076-8.
  • Ernst Probst: Archaeopteryx - Die Urvögel aus Bayern, GRIN, München 2012, ISBN 978-3-656-24237-6

Weblinks

Commons: Archaeopteryx – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Archaeopteryx – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Gerald Mayr, Burkhard Pohl, D. Stefan Peters: A Well-Preserved Archaeopteryx Specimen with Theropod Features. In: Science. 310, 2005, Nr. 5753, S. 1483–1486 doi:10.1126/science.1120331.
  2. D. W. Yalden: Climbing Archaeopteryx. In: Archaeopteryx. 15, S. 107–108.
  3. G. Viohl: Geology of the Solnhofen Lithographic Limestone and the habit of Archaeopteryx. In: Max K. Hecht u. a. (Hrsg.): The Beginnings of Birds. Freunde des Jura-Museums Eichstätt, Eichstätt 1985, S. 33–34.
  4. Karl Werner Barthel, Nicola H. Swinburne, Simon Conway Morris: Solnhofen. A study in Mesozoic palaeontology. Cambridge University Press, Cambridge 1990, ISBN 0-521-33344-X.
  5. Phillip Burgers, Luis M. Chiappe: The wing of Archaeopteryx as a primary thrust generator. In: Nature. 399, S. 60–62, 1999, doi:10.1038/19967.
  6. Hermann von Meyer: Archaeopteryx litographica (Vogel-Feder) und Pterodactylus von Solenhofen. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geognosie, Geologie und Petrefakten-Kunde. 1861, S. 678–679.
  7. Ludger Bollen: Der Flug des Archaeopteryx, 2007, S. 54.
  8. Peter Wellnhofer, Helmut Tischlinger: Das „Brustbein“ von Archaeopteryx bavarica Wellnhofer 1993. In: Archaeopteryx. 22, 2004, S. 3–15.
  9. Patrick Illinger: Sammler und Forscher – ein schwieriges Verhältnis. In: sueddeutsche.de. 25. Oktober 2009.
  10. Patrick Illinger: Urvogel Nummer elf. In: sueddeutsche.de. 19. Oktober 2011.
  11. Peter Wellnhofer: Archaeopteryx. Der Urvogel von Solnhofen. Pfeil, München, 2008.
  12. Achim G. Reisdorf und Michael Wuttke: Re-evaluating Moodie's Opisthotonic-Posture Hypothesis in fossil vertebrates. Part I: Reptiles - The taphonomy of the bipedal dinosaurs Compsognathus longipes and Juravenator starki from the Solnhofen Archipelago (Jurassic, Germany). Palaeobiodiversity and Palaeoenvironments, 92(1): 119-168, 2012. doi:10.1007/s12549-011-0068-y
  13. 13,0 13,1 Kevin Padian: Basale Avialae. In: David Weishampel, Peter Dodson, Halszka Osmólska: The Dinosauria. 2. Auflage. University of California Press, Berkeley 2004, ISBN 0-520-24209-2.
  14. Luis Chiappe: Basal bird phylogeny, problems and solutions. In: Luis M. Chiappe, Lawrence M. Witmer: Mesozoic Birds. Above the Heads of the Dinosaurs. University of California Press, Berkeley 2002, ISBN 0-520-20094-2.
  15. Zhonghe Zhou: The origin and early evolution of birds: discoveries, disputes and perspectives from fossil evidence. In: Naturwissenschaften. 91, Nr. 10, 2004, S. 455–471.
  16. 16,0 16,1 Michael J. Benton: Vertebrate Palaeontology. 3. Auflage. Blackwell, Malden 2005, ISBN 0-632-05637-1.
  17. 17,0 17,1 Gerald Mayr, Burkhard Pohl, Scott Hartman, D. Stefan Peters: The tenth skeletal specimen of Archaeopteryx. In: Zoological Journal of the Linnean Society. 149, Nr. 1, 2007, S. 97–116, doi:10.1111/j.1096-3642.2006.00245.x.
  18. Xing Xu: Palaeontology: Scales, feathers and dinosaurs. In: Nature. 440, 2006, S. 287–288, doi:10.1038/440287a.
  19. Alan Feduccia, Theagarten Lingham-Soliar, J. Richard Hinchliffe: Do feathered dinosaurs exist? Testing the hypothesis on neontological and paleontological evidence. In: Journal of Morphology. 266, Nr. 2, 2005, S. 125–166, doi:10.1002/jmor.10382.
  20. X. Xu, H. You, K. Du, F. Han: An Archaeopteryx-like theropod from China and the origin of the Avialae. In: Nature 475, 2011, S. 465-470, doi:10.1038/nature10288.
  21. Burkhard Stephan: Urvögel. 3. Auflage. Ziemsen, Wittenberg 1987.
  22. Paul Bühler, Walter J. Bock: Zur Archaeopteryx-Nomenklatur, Missverständnisse und Lösung. In: Journal für Ornithologie. 143, Nr. 3, 2002, S. 269–286, doi:10.1046/j.1439-0361.2002.02006.x.
  23. Andrzej Elzanowski: A new genus and species for the largest specimen of Archaeopteryx. In: Acta Palaeontologica Polonica. 46, Nr. 4, 2001, S. 519–532.
  24. Andrzej Elzanowski: Archaeopterygidae (Upper Jurassic of Germany). In: Luis M. Chiappe, Lawrence M. Witmer: Mesozoic Birds. Above the Heads of the Dinosaurs. University of California Press, Berkeley 2002, ISBN 0-520-20094-2.

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