Alfred-Wegener-Institut


Alfred-Wegener-Institut, Gebäude von Oswald Mathias Ungers (1985)

Das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) ist ein Forschungsinstitut in Bremerhaven, benannt nach dem Polarforscher und Geowissenschaftler Alfred Wegener. Das Institut wurde am 15. Juli 1980 als Stiftung des öffentlichen Rechts gegründet und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

Arbeit

Die Erkundung der Polarregionen, deren geologischen Aufbau, Struktur und Einordnung in die Erdgeschichte mittels Seismologie und Seismik sind ebenso Gegenstand der Forschung wie Klimaforschung, Meeresbiologie und Meeresgeologie.

Geowissenschaften

Der Fachbereich Geowissenschaften (Bremerhaven, Potsdam und Sylt) untersucht, wie die Prozesse der Erde die Entwicklung des Klimas geprägt haben. Dazu wird der Sedimentaufbau der Ozeane untersucht genauso wie terrestrische Ablagerungen und Ablagerungen in den Eiskappen der Pole. Erforscht werden die Zusammensetzung und Verteilung der marinen Sedimente, die Stoff- und Energieflüsse in Dauerfrostgebieten und die Struktur und Veränderung der Erdkruste und der polaren Eisschilde.

Biowissenschaften

Der Fachbereich Biowissenschaften bearbeitet ökologische, physiologische und ökotoxikologische Fragestellungen. Das AWI konzentriert sich dabei auf die Polarregionen sowie die Schelf- und Küstenregionen der Nordsee. In den letzten Jahren sind neben der Forschung an Kaltwasserkorallen auch Untersuchungen an tropischen Korallenriffen durchgeführt worden. Zentrale Themen umfassen die Reaktionen von Zellen, Organismen, Populationen und Gemeinschaften auf externe Einflüsse und die Organisation und Dynamik von Populationen, Gemeinschaften und Ökosystemen. Die Biowissenschaften des AWI arbeiten deshalb sowohl auf der Aut-Okologischen, wie makroökologischen Ebene.

Klimawissenschaften

Im Fachbereich Klimawissenschaften untersucht das AWI die physikalischen und chemischen Vorgänge im System Ozean-Eis-Atmosphäre und ihre Bedeutung für die weltweite Klimaentwicklung. Arbeitsgruppen am Alfred-Wegener-Institut sowie an der Forschungsstelle Potsdam befassen sich mit den regionalen und großräumigen Zirkulationen im System und der Aufklärung physikalischer und chemischer Prozesse in der Atmosphäre. Dazu gehören der Einfluss von Wolken und Meereis auf den Energieaustausch zwischen Ozean und Atmosphäre, die Zirkulation von Wassermassen in den Polargebieten, die Untersuchung natürlicher Klimaveränderungen und die Modellierung der atmosphärischen Zirkulation in der Arktis.

Infrastruktur

Wattenmeerstation in List auf Sylt

Zum Forschungsinstitut gehören neben dem Hauptgebäude in Bremerhaven auch die Biologische Anstalt Helgoland und die Wattenmeerstation Sylt auf Sylt. Eine Außenstelle befindet sich im Wissenschaftspark Albert Einstein auf dem Telegrafenberg in Potsdam.
Forschungsschiffe sind die Polarstern, die Heincke und die Mya.
Forschungsstationen sind die Georg-von-Neumayer-Station mit Neumayer-Station II und Neumayer-Station III in der Antarktis, die deutsch-französische AWIPEV-Forschungsbasis (Koldewey-Station) auf Spitzbergen und die russisch-deutsche Forschungsbasis Samoilov im sibirischen Lenadelta.

Arbeitsgebiete

Erweiterungsbau von Steidle & Partner (2004)
Das Gebäude des Instituts in Ny-Ålesund, mit einer Statue von Roald Amundsen

Das Alfred-Wegener-Institut betreibt meeres- und polarwissenschaftliche Forschung in der Arktis, Antarktis und auch in gemäßigten Breiten. In der Antarktis stehen das Dallmann-Labor und die Kohnen-Station, wo im Sommer im Rahmen des internationalen EPICA-Projektes Eisbohrungen vorgenommen wurden. Das bislang älteste gefundene Eis ist etwa 900.000 Jahre alt. In Ny-Ålesund auf Spitzbergen unterhält das AWI gemeinsam mit dem französischen Polarforschungsinstitut die AWIPEV-Forschungsbasis, bestehend aus der deutschen Koldewey-Station und der französischen Rabot-Station. Die Neumayer-Station II auf dem polaren Südkontinent Antarktis ist eine ganzjährig besetzte Forschungsstation mit den Forschungsgebieten Geophysik, Meteorologie und Luftchemie. Sie besteht aus zwei parallel verlaufenden Stahlröhren (ca. 100 Meter lang mit acht Meter Durchmesser), in der beheizte (Wohn/Arbeits)-Container aneinandergereiht sind. In den oberen zehn Metern einer 200 Meter dicken Schelfeisplatte liegen die Röhren vergraben. Der 1982 in Dienst gestellte Eisbrecher Polarstern versorgt die Stationen und ist selbst ein schwimmendes Forschungslabor. Über 6800 Forscher waren bereits auf der Polarstern unterwegs. Seit Juni 2008 betreut das Institut das World Radiation Monitoring Center. Seit 20. Februar 2009 ist die Neumayer-Station III als Nachfolgerin der Neumayer-Station II in Betrieb.

Die Biologische Anstalt Helgoland

Forschungsziel der Biologischen Anstalt Helgoland ist es, das komplexe Ökosystem in Flachmeeren zu untersuchen und die ökologischen Wechselbeziehungen zu verstehen. Seit den 60er Jahren werden ökologische Langzeituntersuchungen durchgeführt, die heute dazu genutzt werden, Veränderungen im Ökosystem über einen langen Zeitraum hinweg zu beobachten und zu beurteilen. So können durch diese regelmäßige Bestandsaufnahme von Planktonarten Änderungen im Ökosystem erkannt werden.

Ein zweiter Schwerpunkt der Biologischen Anstalt Helgoland besteht darin, gemeinsam mit den ortsansässigen Fischern den Bestand des Helgoländer Hummers wieder aufzustocken, indem im Labor Hummerlarven und Junghummer gezüchtet und erforscht werden.

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt sind die marinen Naturstoffe, die in enger Zusammenarbeit mit Industriepartnern untersucht werden.

An die Anstalt ist das Zentrum für Wissenschaftliches Tauchen – AWI Center for Scientific Diving (AWI-CSD) angegliedert.

Geschichte

1980 wurde das AWI mit einer Handvoll Mitarbeiter gegründet. Heute beschäftigt das AWI 920 Forscher, Techniker und Verwaltungsangestellte an den unterschiedlichen Standorten. Initiator und Gründungsdirektor war Professor Dr. Dr. h.c. Gotthilf Hempel. Hempel gründete 11 Jahre später das Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie in Bremen. Das ZMT stellt in vielen Bereichen das tropen-biologische Äquivalent zum AWI dar.

Politischer Hintergrund der relativ guten finanziellen Ausstattung war die Idee, Rohstoffressourcen in den Polarregionen zu finden, um sich vom Öl aus dem Nahen Osten unabhängig zu machen. Das AWI emanzipierte sich jedoch schnell von diesem Forschungsziel und baute seine biologische Polarforschung aus. Noch bevor der Klimawandel ein Medienthema war, untersuchte der Geophysiker Albrecht Müller 1985 die Auswirkungen des Klimas auf die Antarktis. 1981 wurde die erste Forschungsstation in der Arktis errichtet.[1]

1986 wurde in Bremerhaven-Mitte beim Alten Hafen das Hauptgebäude des AWIs nach Plänen des Architekten Oswald Mathias Ungers fertiggestellt.

Am 24. Februar 1985 schossen Kämpfer der Frente Polisario ein Forschungsflugzeug des Institutes auf dem Rückweg aus der Antarktis ab. Beim Absturz der POLAR 3 in der Westsahara kamen der Pilot Herbert Hampel, der Copilot Richard Möbius und der Mechaniker Josef Schmid ums Leben.[2][3]

Direktoren

  • Gotthilf Hempel (1981 bis 1992)
  • Max Tilzer (1992 bis 31. Oktober 1997)
  • Jörn Thiede (1. November 1997 bis 31. Oktober 2007)
  • Karin Lochte (seit 1. November 2007)

Siehe auch

Weblinks

Commons: Alfred-Wegener-Institut – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: @1@2Vorlage:Toter Link/www.radiobremen.de radiobremen.de
  2. Criminal Occurrence. Aviation Safety Network, abgerufen am 3. Januar 2011 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)): „Polar 3 was shot down by Frente Polisario guerrillas.“
  3. Marokko – Moderner Limes. In: Der Spiegel. Nr. 12, 1985 (online). Zitat: „ein bedauerliches Versehen“.

Koordinaten: 53° 32′ 4″ N, 8° 34′ 51″ O

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