Paranthropus



Paranthropus

Das Fossil KNM WT 17000 von Paranthropus aethiopicus (Nachbildung)

Zeitliches Auftreten
Oberes Pliozän bis Pleistozän
2,8 bis 1,0 Mio. Jahre
Fundorte
  • Südliches und östliches Afrika
Systematik
Unterordnung: Trockennasenaffen (Haplorhini)
Teilordnung: Altweltaffen (Catarrhini)
Überfamilie: Menschenartige (Hominoidea)
Familie: Menschenaffen (Hominidae)
Tribus: Hominini
Gattung: Paranthropus
Wissenschaftlicher Name
Paranthropus
Broom, 1938

Paranthropus ist eine fossile Gattung der Hominini in der Familie der Menschenaffen (Hominidae). Die Paranthropus-Arten werden zur Gruppe der Australopithecina gerechnet und stellen vermutlich eine evolutionäre Seitenlinie zur Gattung Homo dar. Gemeinsame Merkmale dieser Arten sind insbesondere ihre großen Backenzähne.

Der Name Paranthropus leitet sich von altgriechisch ἄνθρωπος anthropos („Mensch“) und para („neben“, „abweichend von“) ab.

Beschreibung

Paranthropus ging vermutlich nicht ständig aufrecht, sondern bewegte sich zumindest zeitweise auf allen vieren fort. Das Gehirnvolumen ist mit ca. 500 cm3 etwa 100 cm3 größer als das der heutigen Schimpansen und Bonobos. Ihre Körpergröße ist nicht genau bekannt, da bislang keine vollständig erhaltenen Bein- oder Armknochen entdeckt wurden, die einen sicheren Rückschluss auf die Größe zuließen; Schätzungen belaufen sich auf maximal 1,50 m,[1] was ungefähr der Größe aufrecht stehender rezenter Schimpansen entsprechen würde. Paranthropus lebte zur gleichen Zeit wie die frühesten Vertreter der Gattung Homo.

Die Arten der Gattung Paranthropus werden von einigen Paläoanthropologen als späte Arten der Gattung Australopithecus gedeutet und gelegentlich als „robuste Australopithecinen“ bezeichnet. Eines ihrer Merkmale gegenüber den „grazilen“ Australopithecus-Arten ist eine zunehmende anatomische Spezialisierung in Richtung hartfaserige Pflanzennahrung. Dies zeigt sich insbesondere in einem massiv ausgebildeten Unterkiefer mit großen Prämolaren und Molaren sowie einem Knochenkamm auf dem Schädeldach, der als Ansatz für eine stark ausgeprägte Kaumuskulatur diente. Eine 2011 publizierte Untersuchung kam zum Ergebnis, dass Paranthropus boisei mit etwa 77 ± 7 % mehr C4-Pflanzen in seinem Stoffwechsel umgesetzt hat als alle bisher untersuchten Homininen und demzufolge auf das Verzehren von Gräsern spezialisiert war.[2] Für den Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens von Paranthropus aethiopicus vor 2,8 Millionen Jahren wurde auch für mehrere andere Tierarten eine Veränderung ihrer Bezahnung (Verdickung des Zahnschmelzes) nachgewiesen, ferner Anhaltspunkte für häufigere Dürreperioden im Gebiet des heutigen südlichen Äthiopien.[3]

Computertomographische Analysen des Inneren von Schädelknochen ergaben, dass die inneren morphologischen Merkmale von Paranthropus robustus und Paranthropus boisei identisch sind und beide demnach eng verwandte Schwesterarten waren, deren Merkmale sich deutlich von Australopithecus africanus unterschieden.[4] Paranthropus robustus und Paranthropus boisei sind demnach enger miteinander verwandt als mit Paranthropus aethiopicus.

Arten

Hypothese zur Evolution der Australopithecinen, wie sie aufgrund der gegenwärtigen Fundlage beispielsweise von Friedemann Schrenk vertreten wird.

Möglicherweise gehört auch das Fossil BOU-VP-12/130 – das Typusexemplar von Australopithecus garhi – zum gleichen Formenkreis wie die zu Paranthropus aethiopicus gestellten Fossilien; hierauf weisen gemeinsame Merkmale der entdeckten Unterkiefer hin. Sollte dies der Fall sein, müssten die als Australopithecus garhi ausgewiesenen Fossilien umbenannt und als Paranthropus aethiopicus bezeichnet werden.[5]

Von einigen Paläoanthropologen werden die Arten der Gattung Paranthropus der Gattung Australopithecus zugerechnet und dann folgerichtig als Australopithecus aethiopicus, Australopithecus boisei und Australopithecus robustus bezeichnet.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Paranthropus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. The Cambridge Encyclopedia of Human Evolution. Cambridge University Press, 1992, S. 236
  2. Thure E. Cerling et al.: Diet of Paranthropus boisei in the early Pleistocene of East Africa. In: PNAS. Band 108, Nr. 23, 2011, S. 9337–9341, doi:10.1073/pnas.1104627108
  3. Faysal Bibi et al.: Ecological change in the lower Omo Valley around 2.8 Ma. In: Bioligy Letters. Band 9, Nr. 1, 2013 (published online 12 December 2012), doi:10.1098/rsbl.2012.0890
  4. Brian A. Villmoare und William H. Kimbel: CT-based study of internal structure of the anterior pillar in extinct hominins and its implications for the phylogeny of robust Australopithecus. In: PNAS. Band 108, Nr. 39, 2011, S. 16200–16205, doi:10.1073/pnas.1105844108, Volltext (PDF)
  5. Bernard Wood, Nicholas Lonergan: The hominin fossil record: taxa, grades and clades. In: Journal of Anatomy. Band 212, Nr. 4, 2008, S. 359, doi:10.1111/j.1469-7580.2008.00871.x, Volltext (PDF)

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