Ophthalmoplegia progressiva externa


Klassifikation nach ICD-10
H49.4 Ophthalmoplegia progressiva externa
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Die Ophthalmoplegia progressiva externa, auch als chronisch progressive externe Ophthalmoplegie (CPEO) bekannt, ist eine neuroophthalmologische Erkrankung. Ursache ist meist eine mitochondrial vererbte Störung (Mitochondriopathie), die zu einer über Jahre hinweg langsam zunehmenden Lähmung aller äußeren Augenmuskeln und des Lidhebers (Musculus levator palpebrae superioris) führt. Geht die Ophthalmoplegia progressiva externa mit weiteren Symptomen einher, so spricht man von der „Ophthalmoplegia plus“ („CPEO plus“).

Klinisches Bild

Daguerreotype eines unbekannten Mannes mit Ptosis von 1852

Das Auftreten dieser Erkrankung ist in jedem Alter möglich. Je früher die Krankheit ausbricht, desto schwerer ist ihr Verlauf. Zentrale klinische Zeichen sind das Herabhängen eines oder beider Augenlider (Ptosis), sowie eine teils massive Bewegungseinschränkung der Augen. Doppelbilder treten häufig nicht auf, da die Lähmungen an beiden Augen fast symmetrisch ausgeprägt sind, und es deshalb nicht zu einem Schielen kommt. Auch Schmerzen gehören nicht zu diesem Krankheitsbild.

Im Unterschied zu zentralen Blicklähmungen sind alle okulomotorischen Hirnstammfunktionen wie Sakkaden, Optokinetik und der vestibulookuläre Reflex intakt, jedoch wegen der starken Lähmungen verlangsamt.

Ophthalmoplegia plus

Bei der „Ophthalmoplegia plus“ (CPEOplus) kommen des Weiteren muskuläre Schwächen (besonders in den körpernahen Teilen der Extremitäten, im Gesicht und an der Schluckmuskulatur), Reizleitungsstörungen des Herzens sowie Endokrinopathien die sich als Diabetes mellitus, Kleinwuchs oder verzögerter Pubertät äußern, vor. Es können sich auch eine axonale Polyneuropathie, Demenz, Pigmentretinopathie und Ataxie zeigen. Der Übergang zum Kearns-Sayre-Syndrom ist fließend.

Ätiologie

Bei der „Ophthalmoplegia plus“ finden sich in etwa 50 % der Fälle sporadische genetisch bedingte Erkrankungen mit singulären, ca. 2-8 kb großen mtDNA-Deletionen oder sehr selten Duplikationen. In seltenen Fällen zeigen sich maternal vererbte Punktmutationen der mtDNA (am häufigsten die Mutation A3243G). Darüber hinaus treten auch autosomale Erbgänge (autosomal-dominante CPEO/adPEO), selten auch autosomal-rezessive Fälle im Rahmen nukleärer Genveränderungen auf, die zu multiplen mtDNA-Deletionen führen.

Diagnostik

Neben der allgemein bei mitochondrialen Erkrankungen empfohlen Diagnostik wie Creatin-Kinase, Lactatdehydrogenase, Ruhe-Laktat und Pyruvat im Blutserum, einem neurologischer Untersuchungs-Status, dem Ausschluss eines pathologischen Laktatanstieges mittels Ergometrie und der Elektromyographie, sowie Muskelbiopsie und molekulargenetische Diagnostik, werden bei der Ophthalmoplegia progressiva externa zusätzlich ein Schilddrüsenhormon- und -antikörperstatus und die Elektroneurographie empfohlen. Gleichwohl sind die oben beschriebenen klinischen Zeichen der CPEO bereits so charakteristisch, dass auch ohne technischen Hilfsmittel eine relativ gesicherte Diagnose möglich ist.[1]

Differentialdiagnosen

Mögliche Differentialdiagnosen der CPEO sind Myasthenie, Blicklähmungen, Okulomotoriusparese (N.III-Parese), Hirnstammläsionen (dabei sind nicht alle Arten der Augenbewegungen gleich betroffen), senile Ptosis oder Fibrosesyndrom.

Therapie

Eine Heilung dieser Erkrankung ist nicht möglich. Die Ptosis kann jedoch plastischchirurgisch (z.B. einer Frontalissuspension mit Silikon) behandelt werden.[2] Eine operative Behandlung der Ptosis ist von Vorteil, da nur ein schlechter Lidschluss besteht und die Hornhaut austrocknen könnte (Expositionskeratopathie). Sollten Doppelbilder bestehen, sind eine Prismenbrille oder eine Schieloperation mögliche Lösungsansätze. Bei Herzrhythmusstörungen kann ein Herzschrittmacher eine Option sein.

Insbesondere in Fällen, in denen ein primärer Coenzym-Q10-Mangel nachgewiesen werden konnte, ist ein Therapieversuch mit 50 - 300 mg Coenzym Q10 täglich zu diskutieren. Ziel der Behandlung ist es in diesem Fall, die Defekte in der Atmungskette zu umgehen und so eine maximale ATP-Produktion zu gewährleisten. Studienergebnisse ohne Übereinstimmung: Reduzierter Laktatspiegel hat jedoch keine klinische Relevanz.

Des Weiteren werden Idebenon, Riboflavin, Kreatin-Monohydrat und L-Carnitin probatorisch eingesetzt.

Quellen

Einzelnachweise

  1. Herbert Kaufmann: Strabismus. Unter Mitarbeit von W. de Decker u. a., Stuttgart: Enke, 1986, ISBN 3-432-95391-7 S. 394
  2. P. E. Caballero u. a.: Chronic progressive external ophthalmoplegia: a report of 6 cases and a review of the literature. In: Neurologist 13/2007, S. 33–36. PMID 17215725

Weblinks

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