Katecholamine


Katecholamine, auch Catecholamine oder Brenzcatechinamine, sind eine biologisch und medizinisch wichtige Stoffgruppe, die das 2-(3,4-Dihydroxyphenyl)ethylamin = Dopamin und seine Derivate umfasst. Der Name ist ein Trivialname und rührt von dem den Stoffen gemeinsamen Molekülbestandteil 1,2-Dihydroxybenzol = Brenzcatechin = englisch Catechol und der ihnen gemeinsamen Aminogruppe her. Catecholamine kommen in der Natur vor, werden aber auch künstlich hergestellt. Die wichtigsten natürlichen Stoffe sind Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin. Sie sind einerseits Hormone, andererseits Neurotransmitter im Zentralnervensystem und vegetativen Nervensystem. Sie werden auch als Arzneistoffe gebraucht. Therapeutisch wichtig sind ferner die künstlich hergestellten Catecholamine Isoprenalin, Dobutamin, Dopexamin und α-Methylnoradrenalin. Alle Catecholamine wirken über G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, entweder Adrenozeptoren oder Dopamin-Rezeptoren.

Forschungsgeschichte

Den Katecholaminen sind in der Forschung einige Prioritäten zuzuordnen. Adrenalin war das erste Hormon, das aus seiner endokrinen Drüse extrahiert, rein dargestellt, in seiner Struktur einschließlich der Stereochemie geklärt und künstlich synthetisiert wurde. Es war außerdem neben dem Acetylcholin der erstentdeckte Neurotransmitter (bei Amphibien). Die Katecholamine waren die ersten Neurotransmitter im Zentralnervensystem, deren Bahnen sichtbar gemacht wurden, zum Beispiel durch Immunhistochemie. Bei Forschungen über die Wirkung des Adrenalins (und des Glucagons) wurde das cyclische Adenosinmonophosphat als second messenger entdeckt. Es folgte die Entdeckung der G-Proteine. Ein Adrenozeptor, nämlich der β2-Adrenozeptor, war der erste Hormon- oder Neurotransmitterrezeptor, dessen Gen kloniert wurde.

Physiologie

Biosynthese

Biosynthese der Katecholamine aus L-Tyrosin.

Die Biosynthese der körpereigenen Katecholamine wurde 1939 von dem deutschen Pharmakologen Peter Holtz und dem deutsch-britischen Pharmakologen Hermann Blaschko aufgeklärt. Sie findet im Nebennierenmark und den „catecholaminergen “ Nervenzellen statt. Sie geht von der Aminosäure Tyrosin aus, die zunächst mittels des Enzyms Tyrosinhydroxylase zu Levodopa umgewandelt wird. Im nächsten Schritt entsteht aus Levodopa mit Hilfe der Aromatische-L-Aminosäure-Decarboxylase Dopamin. Dies kann durch die Dopamin-beta-Hydroxylase zu Noradrenalin hydroxyliert werden. Den optionalen letzten Schritt, die Methylierung von Noradrenalin zu Adrenalin, katalysiert die Phenylethanolamin-N-Methyltransferase. Freigesetzte Katecholamine werden durch Aufnahme in Zellen und anschließende Wiederspeicherung oder Abbau durch Monoaminoxidase oder Catechol-O-Methyltransferase inaktivert.

Wirkungen

  • grobe Einteilung im niedrigen und mittleren Dosisbereich:
    • Adrenalin
    • Noradrenalin
      • steigert vor allem den Blutdruck, nicht so sehr die Herzfrequenz.
    • Isoprenalin
      • steigert vor allem die Herzfrequenz, nicht so sehr den Blutdruck.
    • Dopamin
    • Dobutamin
      • positiv inotrop

Nebenwirkungen

  • Alle sind in höherer Dosis arrhythmogen;
  • alle sind in hoher Dosis kardiotoxisch;
  • in hoher Dosis Kreislaufzentralisation unter Noradrenalin.

Katecholamine in der Diagnostik

Die aus dem Nebennierenmark und aus den sympathischen Nerven freigesetzten Katecholamine Noradrenalin und Adrenalin werden zu etwa 1 % unverändert im Harn ausgeschieden. 80–85 % der Katecholaminausscheidung erfolgen als Vanillinmandelsäure und ca. 15 % als Metanephrine.

Bei Verdacht auf Phäochromozytom ist die Bestimmung von freien Metanephrinen im Harn notwendig, da diese Tumore meist große Mengen Noradrenalin produzieren. Die Bestimmung der Metanephrine erfolgt dabei im Urin, der über 24 Stunden gesammelt wurde. Zusätzlich wird meist eine Bestimmung im Blutserum vorgenommen.

Katecholamine in der Therapie

Katecholamine stehen auch als Medikamente zur Verfügung (Adrenalin, Noradrenalin, Dobutamin). Sie werden in der Intensiv- und Notfallmedizin verabreicht. Indikationen sind unter anderem die Herz-Lungen-Wiederbelebung (Reanimation), Schockzustände und schwere allergische Reaktionen.

Katecholamine sind stark wirksam und werden meist intravenös gegeben. Eine alternative Verabreichungsform bei der Reanimation stellt die endotracheale Gabe von Adrenalin dar. Dies ist dann sinnvoll, wenn ein Endotrachealtubus, aber kein intravenöser Zugang zur Verfügung steht. Die Resorptionsgeschwindigkeit ist vergleichbar, die Dosis muss jedoch angepasst werden. Die endotracheale Applikation ist der intravenösen deutlich unterlegen. So lässt sich die Resorptionsgeschwindigkeit nicht zuverlässig bestimmen, es kann zu Depotbildungen kommen, die nach der Wiederkehr einer spontanen Blutzirkulation noch zu Herzrhythmusstörungen führen. In den 2005er Richtlinien des ERC wurde daher die endobronchiale Gabe nur noch im Ausnahmefall empfohlen (und nicht wie früher als Regelmaßnahme). Seit den Guidelines 2010 wird die endotracheale Gabe in den aktuellen Leitlinien nicht mehr empfohlen. Der Wirkungseintritt ist mit der venösen Gabe zwar vergleichbar, Wirkungsdauer und Wirkdosis sind jedoch schlecht steuerbar. Untersuchungen haben gezeigt, dass der intraossäre Gefäßzugang effektiv, in der Handhabung einfach und häufig ohne Komplikationen zu etablieren ist. Alle gängigen Notfallmedikamente können über einen intraossären Zugang appliziert werden. [1]

Bei der Katecholaminanwendung zur Kreislaufstabilisierung in der Intensivmedizin ist auf eine sehr gleichmäßige Zufuhr in den Körper zu achten, da sonst erhebliche Druck- und Herzfrequenzspitzen, bzw. (bei Unterbrechung der Zufuhr) Blutdruck- und Herzfrequenzabfälle auftreten können. Die gleichmäßig langsame Zufuhr wird üblicherweise mit Spritzenpumpen durchgeführt. Eine invasive Blutdruckmessung über einen arteriellen Zugang und EKG-Überwachung ist unabdingbar, da diese Stoffe ein erhebliches arrhythmogenes Potential haben (d. h. Herzrhythmusstörungen bis hin zum Kammerflimmern auslösen können). Bei der Anwendung kann es zu Herzinfarkten und Hirnblutungen durch zu hohen Blutdruck kommen.

Die Wirksamkeit der Katecholamine beim kardiogenen Schock ist bis jetzt nicht eindeutig belegt. Auch sonst beruht der Einsatz der Katecholamine in der Intensivmedizin meist auf empirischer Erfahrung. Randomisierte Vergleichsstudien sind Mangelware, da die Katecholamine vor der verbreiteten Akzeptanz der Kriterien der „Evidence based medicine“ zur Verfügung standen und ihre Anwendung oft der einzige Weg ist, eine mit dem Überleben vereinbare Kreislaufsituation aufrechtzuerhalten, so dass sich Vergleichsstudien mit Placebos aus ethischen Gründen verbieten.

Einzelnachweise

Literatur

  • J. W. Daly, B. Witkop: Neuere Untersuchungen über zentral wirkende endogene Amine. In: Angewandte Chemie. Band 75, Nr. 12, 1963, S. 552–572, doi:10.1002/ange.19630751207.
  • P. B. Molinoff, J. Axelrod: Biochemistry of catecholamines. In: Annual Review of Biochemistry. Band 40, Nr. 1, 1971, S. 465–500, doi:10.1146/annurev.bi.40.070171.002341.
  • U. Trendelenburg und N. Weiner: Catecholamines I und II. Handbook of Experimental Pharmacology 90/I und II. Springer-Verlag, Berlin 1988. ISBN 3-540-18904-1 und 3-540-18904-2.

Weblinks

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