Gelelektrophorese


Versuchsaufbau
Moderne Gelelektrophoreseapparatur
Gelelektrophoreseapparatur

Gelelektrophorese (Wortteile: Gel|elektro|phorese – letzterer abgeleitet von griech. pherein φερειν = tragen) ist eine analytische Methode der Chemie und Molekularbiologie, um verschiedene Arten von Molekülen zu trennen.

Prinzip

Bei der Gelelektrophorese wandert eine Mischung aus zu trennenden, elektrisch geladenen Molekülen unter Einfluss eines elektrischen Felds (siehe dazu: Elektrophorese) durch ein Gel, welches in einer ionischen Pufferlösung liegt. Je nach Größe und Ladung der Moleküle bewegen sich diese unterschiedlich schnell durch das als Molekularsieb wirkende Gel. Dabei wandern kleine, negativ geladene Moleküle (Anionen) am schnellsten in Richtung der positiv geladenen Anode und positiv geladene Moleküle (Kationen) in Richtung der negativ geladenen Kathode. Die zugrunde liegenden Theorien sind die sich ergänzenden Ogston Siebtheorie und die Reptationstheorie.[1][2][3] Während die Siebtheorie das Zurückhalten (synonym Retention) von sphärischen Makromolekülen (z. B. Proteine oder Micellen) durch eine definierte Porosität der Gelmatrix beschreibt, handelt die Reptationstheorie von einer Retention von Makromolekülen durch Reibung nichtsphärischer Makromoleküle an der Gelmatrix (z. B. DNA und RNA).

Gel-Matrix

Die Moleküle des Gels, beispielsweise bilden ein engmaschiges Netz, das die zu trennenden Moleküle bei ihrer Wanderung im elektrischen Feld behindert.

Agarose

Agarosegele sind relativ großporig (150 nm bei einprozentigen, 500 nm bei 0,16-prozentigen Gelen) und eignen sich gut zur Trennung von DNA und hochmolekularen Proteinen. Haupteinsatzgebiet ist jedoch die Trennung von Nukleinsäuren.

Polyacrylamid

Gele aus Polyacrylamid werden durch Polymerisation von Acrylamid hergestellt. Sie weisen wesentlich kleinere Poren auf (3–6 nm). Die Porengröße hängt von der Acrylamidkonzentration und dem Vernetzungsgrad ab. Häufig werden hiermit Proteine getrennt.

Durchführung

Agarose-Gel mit DNA und Lauffarbstoff in den Geltaschen, vor der Elektrophorese.

Die klassische Gelelektrophorese wird als Zonenelektrophorese durchgeführt. Eine Methode zur Erzielung einer höheren Auflösung ist die diskontinuierliche Elektrophorese.

Bei der Gelelektrophorese entsteht Wärme. Diese muss abgeführt werden, um optimale Bedingungen zu gewährleisten. Deswegen sollte die Gelelektrophorese in gekühlten Apparaturen bei konstanten Temperaturen durchgeführt werden, um reproduzierbare Ergebnisse zu erzielen.

Im Idealfall wird die Elektrophorese beendet, wenn die kleinsten beziehungsweise mobilsten Moleküle das Ende des Gels erreicht haben. Das garantiert die höchstmögliche Auftrennung der Moleküle.

Auswertung

Gleiche Moleküle laufen in diskreten Zonen – umgangssprachlich als Banden bezeichnet – durch das Gel. Mehrere Proben können parallel nebeneinander gleichzeitig durch dasselbe Gel laufen. Ist die Größe einiger Moleküle bekannt, kann man durch Vergleich von deren Banden mit den restlichen Banden die Größe der anderen Moleküle abschätzen. Solche Molekülmassenstandards sind kommerziell erhältlich. Ähnlich funktioniert auch ein Comigrationsstandard, mit dessen Hilfe eine unbekannte mit einer bekannten Probenzusammensetzung verglichen wird. Als Molekülmassenstandards werden DNA oder Proteine verwendet.

Eine Bestimmung der Menge einer Substanz in einer Bande beziehungsweise der relative Anteil einer Bande (siehe: Quantifizierung) ist nach der Färbung des Gels und einer anschließenden densitometrischen Auswertung möglich, mit der Einschränkung, dass bei sehr dunklen Banden der innere Bereich der Bande mangels Lichteinstrahlung nicht mit gewertet werden kann. Zur Bestimmung der Messwerte eines Geles wie z. B. Laufweiten, Molekülmassen, Quantifizierungen oder Normalisierung wird in den meisten Fällen eine Auswertungssoftware genutzt.

DNA-Banden unter UV-Licht im durch Ethidiumbromid gefärbten Agarose-Gel.

Zur Auswertung des Gels nach der Elektrophorese werden die zu trennenden Moleküle entweder vor der Elektrophorese radioaktiv markiert und anschließend in einer Autoradiographie nachgewiesen oder nach der Elektrophorese mit verschiedenen Farbstoffen versetzt.

Bei der Nukleotidanalytik wird häufig Ethidiumbromid verwendet, das mit Nukleinsäuren interkaliert und diese unter UV-Licht sichtbar macht. Proteine lassen sich direkt anfärben, z.B. mit Coomassie-Brillant-Blau oder im Zuge der Silberfärbung. Eine Alternative zur Färbung ist das anschließende Blotting. Man unterscheidet:

Einsatzgebiete

Gelelektrophoresen finden in der Molekularbiologie, Biochemie und Lebensmittelanalytik Anwendung. Gele können ohne großen Aufwand selbst hergestellt werden. Fertige Gele und die entsprechenden Puffersysteme können zudem kommerziell erworben werden.

Es existieren zahlreiche Spezialanwendungen:

Literatur

  • Friedrich Lottspeich, Haralabos Zorbas: Bioanalytik. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1998, ISBN 978-3827400413.
  • Hubert Rehm, Thomas Letzel: Der Experimentator: Proteinbiochemie / Proteomics. 6. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2009, ISBN 978-3827423122.

Weblinks

Commons: Gelelektrophorese – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. A. G. Ogston, In: Trans. Faraday SOC. (1958), Band 54, S. 1754-1757.
  2. G. W. Slater, J. Rousseau, J. Noolandi, C. Turmel, M. Lalande: Quantitative analysis of the three regimes of DNA electrophoresis in agarose gels. In: Biopolymers (1988), Band 27(3), S. 509-24. PMID 3359012.
  3. O. J. Lumpkin, P. Déjardin, B. H. Zimm: Theory of gel electrophoresis of DNA. In: Biopolymers (1985), Band 24(8), S. 1573-93. PMID 4041551.

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