Borstgrasweide


Die Borstgrasweide, auch Borstgras-Trift oder Borstgrasrasen ist eine unter menschlichem Einfluss (anthropogen) entstandene, mäßig artenreiche Weide, die von der Grasart Borstgras (Nardus stricta) dominiert ist. Sie gehört zu den Magerrasen.

Systematik

Gemein mit den in der Artenzusammensetzung nahe verwandten Heiden bilden die Borstgrasrasen die Klasse "Nardo-Callunetea" im pflanzensoziologischen System. Die Borstgrasrasen selbst bilden darin die Ordnung "Nardetalia". Weiter aufgetrennt werden sie nach der Höhenstufe. Die Borstgrasrasen der höheren Lagen (Alpen und höhere Mittelgebirge wie Schwarzwald, Vogesen, Böhmerwald) werden im Verband "Nardion" zusammengefasst. Die Borstgrasrasen des Tieflands und der niedrigen Mittelgebirge bilden den Verband "Violion caninae", benannt nach dem Hunds-Veilchen. Vernässte Borstgrasrasen, häufig im Übergang zu Mooren, bilden den Verband „Juncion squarrosi“, benannt nach der Sparrige Binse. Die Aufspaltung dieser Einheiten in Assoziationen wird je nach Auffassung verschieden gehandhabt. Der klassischen Ansicht nach (z.B. nach Oberdorfer [1]) existiert eine Vielzahl von lokal verbreiteten Assoziationen. Manche Autoren fassen diese Lokal-Assoziationen (als geographische Form) zu weit gefassten Gesellschaften zusammen. Die "klassischen" Borstgrasrasen, das "Aveno-Naredetum" und das "Nardetum alpigenum", sind Gesellschaften, die von der subalpinen Wald-Grenzlage an talwärts verbreitet sind. Sie sind durch Waldrodung entstanden (Manchmal werden auch sehr kleinflächige natürliche Vorkommen in waldfeindlichen Randzonen von Mooren, auf Felsen und auf locken Felsgrus- oder Sandböden diskutiert. Ob diese tatsächlich existiert haben, ist umstritten.). Am oberen Ende gehen sie unscharf begrenzt in die (von Natur aus baumfreien) alpinen Rasen über, meist Krumm-Seggenrasen. Borstgrasrasen sind die charakteristische Vegetation der ungedüngten Almwiesen auf sauren Böden.

Verbreitung und Standorte

Borstgrasrasen sind eine charakteristische Vegetationsform des regenreichen Nord- und Nordwesteuropa (atlantische und subatlantische Verbreitung). Im regenärmeren Ost- und Zentraleuropa mit kontinentalem Klima werden sie durch andere Einheiten ersetzt. Dies gilt z.B. bereits für die regenarmen inneralpinen Trockentäler. Die Höhenverbreitung der Borstgrasrasen reicht von Meeresspiegelhöhe bis an die alpine Waldgrenze. Die Borstgrasweiden kommen besonders verbreitet von der oberen subalpinen Stufe bis zur unteren alpinen Stufe (1600–2500 m über dem Meeresspiegel) auf flachen bis schwach geneigten Hängen vor. Sie sind ausschließlich auf sauren Böden verbreitet, alle Charakterarten, einschließlich des Borstgrases selbst, sind kalkmeidend. Manchmal entstehen sie auch auf Karbonatgestein, wobei beim letzteren die Böden ausgewaschen und somit basenarm sind, d.h. besonders häufig in sehr regenreichen (humiden) Lagen. Die Böden sind tiefgründig, sauer (pH 4,3–5,5) und nährstoffarm. Borstgrasweiden extrem saurer Böden sind sehr artenarm. Auf etwas basenreicheren (aber kalkfreien) Böden kommen artenreichere Ausprägungen vor, die manchmal sehr blütenreich sein können. Der prägende Faktor des Nardetum ist die Beweidung. Das selektive Fressen des Viehs führt dazu, dass beliebte Pflanzen (Pflanzen, die von diesen Tieren gerne gefressen werden) mit der Zeit fast ausgemerzt werden und unbeliebte (stachelige, haarige, giftige) sich anreichern können. Die Nährstoffarmut wird verstärkt durch die Tendenz des Viehs, die konsumierten Nährstoffe an anderen Stellen (über Nacht bei Alphütten (Bezeichnung in der Schweiz, oder in Deutschland Almhütten genannt)) wieder abzulagern und sie somit dem Nardetum zu entziehen.

Als Artenreiche montane Borstgrasrasen (und submontan auf dem europäischen Festland) auf Silikatböden sind sie „vorrangig“ gemäß dem Anhang I der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie zu schützen.

Artenzusammensetzung (Beispiel)

Auf einer untersuchten Fläche, die zum Geo montani-Nardetum strictae gehört, auf der Schynigen Platte (Schweiz, Kanton Bern) auf einer Höhe von ca. 1960 m ü. M., wurden folgende Arten gefunden:

Borstgrasweide mit Arnika
  • Häufige Arten:
    • Borstgras (Nardus stricta), geringer Futterwert, wird nur jung gefressen
    • Horst-Segge (Carex sempervirens),
    • Arnika (Arnica montana), giftig
    • Kochscher Enzian (Gentiana acaulis), giftig
    • Blutwurz (Potentilla erecta), geringer Futterwert, reich an Gerbstoffen
    • Berg-Nelkenwurz (Geum montanum), geringer Futterwert, wird kaum gefressen
    • Zottiger Klappertopf (Rhinanthus alectorolophus), giftig
    • Alpen-Hornklee (Lotus alpinus)
    • Blaubeere (Vaccinium myrtillus), Blätter schwach giftig
    • Arznei-Thymian (Thymus pulegioides)

Einzelnachweise

  1. Oberdorfer, E.(1978): Süddeutsche Pflanzengesellschaften. Teil II. Stuttgart/New York (Fischer). ISBN 3-437-30282-5

Literatur

  • Svenja Tidow: Auswirkungen menschlicher Einflüsse auf die Stabilität eines subalpinen Borstgrasrasens. Beiträge zur geobotanischen Landesaufnahme der Schweiz (Geobotanica Helvetica 75), 2003, 230 Seiten. ISBN 3-7281-2889-9 (zur Vegetation der Borstgrasweiden auf der Schynigen Platte im Berner Oberland (Schweiz)).

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