Alport-Syndrom


Klassifikation nach ICD-10
Q87 Sonstige näher bezeichnete angeborene Fehlbildungssyndrome mit Beteiligung mehrerer Systeme
Q87.8 Sonstige näher bezeichnete angeborene Fehlbildungssyndrome, anderenorts nicht klassifiziert
Alport-Syndrom
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Das Alport-Syndrom, auch Progressive hereditäre Nephritis genannt, ist eine vererbte Krankheit mit fehlgebildeten Kollagenfasern des Typ IV. Es wurde erstmals von Arthur Cecil Alport in Südafrika beschrieben.

Häufigkeit

Das Alport-Syndrom ist die häufigste vererbbare chronisch progrediente Nephropathie mit Nierenversagen. Die Prävalenz beträgt ca. 1:7500, 80 % der Betroffenen sind männlich.

Ursache

Bisher sind 50 verschiedene Mutationen bekannt, die Defekte der α-Kette des Typ-IV-Kollagens bewirken, das in den Basalmembranen des Innenohres und in der Niere vorkommt. Je nach Ort der Mutation können verschiedene Erbgänge vorliegen:

  • In 80 % der Fälle liegt ein X–chromosomal-dominanter Erbgang vor. Die Mutation befindet sich auf Xq–22, betroffen ist das Gen col4 A5.
  • Bei 10 % besteht ein autosomal-rezessiver Erbgang, die Mutation liegt auf Chromosom 2, Genlocus q35–36. Betroffen können die Gene col4 A3 oder col4 A4 sein.
  • Ca. 10 % der Fälle beruhen auf Neumutationen.
  • Sehr selten liegt dem Alport-Syndrom ein autosomal-dominanter Erbgang zugrunde.

Symptome

Innenohrschwerhörigkeit bei Alport-Syndrom

Das erste Symptom ist meist eine Hämaturie (Blut im Urin), zu der dann eine Proteinurie (Eiweiß im Urin) hinzu kommt. Im jungen Erwachsenenalter kommt es in 50 % der Fälle zu einer beidseitigen Innenohrschwerhörigkeit, vor allem im Frequenzbereich 2000-8000 Hz. Bei etwa 10 % kommt es zu Augenveränderungen, meist durch eine kegelförmige Vorwölbung der Augenlinse (Lenticonus) oder Katarakt und Augenhintergrundveränderungen. Im weiteren Verlauf entwickelt sich die chronisch-progrediente Niereninsuffizienz.

Diagnose

Bei positiver Familienanamnese, Hörstörung und Hämaturie besteht der Verdacht auf Vorliegen eines Alport-Syndroms. Gesichert werden kann die Diagnose durch eine Nierenbiopsie oder eine molekulargenetische Untersuchung.

Therapie

Der Verlauf der Erkrankung wurde bis vor kurzem als schicksalhaft angesehen, obwohl eine molekulargenetische Diagnose im Kleinkindalter noch vor Ausbruch der Erkrankung möglich ist.

Vielversprechende Studienergebnisse deuten darauf hin, dass eine vorbeugende Therapie mit ACE-Hemmern den Verlauf der Nierenerkrankung um mehrere Jahre hinauszögern kann. Man nimmt an, dass neben der Schädigung der Nieren durch das Alport-Syndrom selbst vor allem auch der durch die Niereninsuffizienz entstehende Bluthochdruck die Nierenfunktion schädigt. Daher ist eine früh beginnende Blutdruckbehandlung mit niedrigen Zielwerten (120/80) besonders wichtig.

Trotz dieser vielversprechenden Therapieansätze steht zur Zeit keine kausale Therapie zur Verfügung. Wenn die Niereninsuffizienz so schwer wird, dass ohne Therapie eine bedrohliche Urämie entstehen würde, beginnt man mit der Dialyse. Außerdem sollte, wenn notwendig, der arterielle Blutdruck mit ACE-Hemmern unter 130/80 mmHg gehalten werden, da dies den Fortschritt der Erkrankung verzögert. Als weitere Option kommt die Nierentransplantation in Betracht.

Prognose

Wegen des X-chromosomalen Erbgangs sind hauptsächlich Männer betroffen. Der Verlauf ist sehr variabel, oft kommt es jedoch schon im jungen Erwachsenenalter zu einer terminalen und damit dialysepflichtigen Niereninsuffizienz.

Literatur

  • R. Witkowski: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen: Ursachen, Genetik, Risiken. Springer, 2003, S.101–3. ISBN 3-540-44305-3

Weblinks

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