Abgottschlange



Abgottschlange

Abgottschlange (Boa constrictor)

Systematik
Unterordnung: Schlangen (Serpentes)
Überfamilie: Boaartige (Booidea)
Familie: Boas (Boidae)
Unterfamilie: Boaschlangen (Boinae)
Gattung: Boas (Boa)
Art: Abgottschlange
Wissenschaftlicher Name
Boa constrictor
Linnaeus, 1758
Die Fähigkeit zum Farbwechsel wird bei dieser Abgottschlange deutlich sichtbar.

Die Abgottschlange (Boa constrictor), auch Königsschlange, Königsboa oder Abgottboa genannt, ist eine von Mexiko bis ins südliche Südamerika verbreitete Art der Boas (Boidae). Sie ist die einzige Art der monotypischen Gattung Boa.

Beschreibung

Die Art Boa constrictor zeichnet sich durch die große Vielfalt des Erscheinungsbildes ihrer Unterarten aus. So variiert die durchschnittliche Größe adulter Exemplare zwischen einem (Boa c. imperator) und drei (Boa c. constrictor) Metern. Die Männchen bleiben im Mittel 30 bis 40 cm kleiner als die Weibchen.[1] Die größte jemals nachweislich vermessene Abgottschlange hatte eine Länge von 3,60 Metern und lebte im Guyana Zoological Park von Georgetown in Guyana.[2] Ebenso unterschiedlich wie die erreichbare Endgröße ist auch die Färbung der einzelnen Unterarten. Sie reicht von weißen, roten, braunen bis hin zu fast schwarzen Lokalformen, wobei Boa c. imperator die größte Vielfalt an unterschiedlich gefärbten Lokalpopulationen besitzt. Trotz dieser Vielfalt in der Grundfärbung haben alle Boas dunkel umrandete Sattelflecken auf dem Rücken, deren Form allerdings wieder je nach Unterart variiert.[3] Eine weitere Besonderheit der Abgottschlange ist ihre Fähigkeit, die Farbe je nach Temperatur aufzuhellen oder abzudunkeln. So kann ein im Schatten dunkel gefärbtes Exemplar durch Sonneneinstrahlung schnell um mehrere Farbtöne heller erscheinen.

Verbreitung und Lebensraum

Das Verbreitungsgebiet der Abgottschlange erstreckt sich von der West- bzw. Ostküste Mexikos über ganz Zentralamerika bis nach Argentinien, vom Meeresspiegel bis in 1.000 Meter Höhe. Die verschiedenen Unterarten und Lokalformen bewohnen dabei die unterschiedlichsten Lebensräume. Als typisches Habitat können allerdings Gegenden in Gewässernähe mit hoher Luftfeuchtigkeit und dichtem Buschwerk angesehen werden, auch wenn einzelne Populationen durchaus in Halbwüsten vorkommen.[4]

Lebensweise

Die Abgottschlange ist dämmerungs- und nachtaktiv. Tagsüber versteckt sie sich in Höhlen, hohlen Bäumen oder anderen Unterschlüpfen und kommt daraus nur zu gelegentlichen Sonnenbädern hervor. Die Jungtiere halten sich vornehmlich im Geäst von Bäumen auf, während erwachsene Exemplare mit zunehmendem Alter und Gewicht fast ausschließlich bodenbewohnend sind. Aber auch hier gibt es Ausnahmen, so lebt die St.-Lucia-Boa auch als erwachsenes Tier größtenteils in Bäumen.[5] Insgesamt zeigt die Abgottschlange wenig Bewegungsdrang. Eine in der Wildbahn mit einem Sender ausgestattete ausgewachsene Boa bewegte sich in einem Zeitraum von zwölf Tagen nur 135 Meter weit.[6]

Ernährung

Eine Boa constrictor beim Verschlingen eines Kleinsäugers.
Eine gefangene Boa constrictor schnappt eine (bereits tote) Ratte.

Bis auf Insekten und Spinnen frisst die Abgottschlange alle Tiere, die sie größenmäßig bewältigen kann, selbst kleine Kaimane werden geschlagen. Warme Beute wird allerdings gegenüber kalter bevorzugt.[7] Die Abgottschlange wendet im Allgemeinen zwei unterschiedliche Jagdmethoden an: Entweder sie folgt aktiv den Duftspuren der Beutetiere oder wartet als Lauerjäger auf den günstigen Moment.[8] Wenn die Schlange mit einer dieser Methoden der Beute nahe genug ist, schnappt sie blitzschnell zu und erwürgt das Opfer anschließend mittels ihrer muskulösen Körperschlingen. Die Beute wird dabei nicht zerquetscht, sondern erstickt, indem die Boa jedes Mal, wenn die Beute ausatmet, enger zuzieht. Je nach Größe des Beutetiers kann dieser Vorgang bis zu 16 Minuten dauern und stellt für die Schlange eine erhebliche Anstrengung dar. Um keine unnötige Energie zu verbrauchen, fühlt die Schlange den Herzschlag der Beute und beendet den Würgevorgang, sobald der Herzstillstand eingetreten ist.[9]

Eine besondere Jagdmethode konnte zudem bei jungen Boas beobachtet werden: Sie bewegen ihren Schwanz wie einen Wurm und locken so Echsen aktiv an.[10]

Fortpflanzung

Aufgrund mangelnder Feldforschung muss bei der Fortpflanzung auf die Erfahrungen aus der Terrarienhaltung zurückgegriffen werden. Die entsprechenden Aktivitäten finden – je nach Unterarten verschieden – nur in bestimmten Monaten statt. Während dieser Paarungszeiten sondert das Weibchen Sexuallockstoffe ab, denen die Männchen aktiv folgen. Trifft das Männchen dann auf das Weibchen, kratzt es mit seinen Afterspornen an den Flanken des Weibchens, bis dieses schließlich den Schwanz hebt und das Eindringen des Hemipenis gestattet. Die Werbung kann sich über Wochen hinziehen, ebenso finden immer eine Vielzahl von Paarungen, die durchaus mehrere Stunden andauern, statt. Die Abgottschlange bringt lebende Junge zur Welt, die bei der Geburt von einer dünnen Haut, der so genannten Eimembran oder Eihülle, umgeben sind. Zwischen Ovulation und Geburt vergehen dann im Mittel 120 bis 150 Tage, wobei der Zeitpunkt des Absetzens der Jungtiere häufig mit Regen einhergeht. Während und nach dem Geburtsvorgang verteidigt das Weibchen seine Jungen, auch wurde beobachtet, wie Weibchen ihren Jungen durch Anstoßen mit der Schnauze aus der Eihülle halfen oder sie zum Wegkriechen animierten. Nach der Geburt sind die Jungschlangen vollständig entwickelt und gehen selbstständig auf Nahrungssuche.[11]

Systematik

Von den Abgottschlangen werden verschiedene, meist regional isolierte Unterarten unterschieden. Die nachstehende Auflistung wurde anhand des Verbreitungsgebiets von Norden nach Süden sowie Westen nach Osten vorgenommen.

Kaiserboa (Boa c. imperator)

Die Kaiserboa zeigt die größte Vielfalt an Färbung, Körperbau und Größe innerhalb der Abgottschlangen. Namensgebend für die Art ist das auf der Stirn liegende Imperatorkreuz, das sich aus einem Streifen zwischen den Augen sowie dem Längsstrich von der Stirn zur Schnauze ergibt. Dieses kann bei einzelnen Individuen aber auch komplett fehlen. Ebenfalls typisch ist die im Vergleich zur Boa c. constrictor höhere Anzahl an Sattelflecken. Die einzelnen lokalen Erscheinungsformen der Kaiserboa werden derzeit anhand der Landesnamen ihres Verbreitungsgebiets vorgenommen.

Festlandformen

  • Sonora: Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich auf die Region Sonora im Nordosten Mexikos. Die Tiere erreichen im Durchschnitt eine Länge von 160 bis 200 cm. Die Grundfärbung ist dunkelgrau, das Imperatorkreuz ist meistens vorhanden.
  • Mexiko: Das Verbreitungsgebiet zieht sich über die südliche Ostküste von Mexiko bis hinunter nach Guatemala, genauer von Tamaulipas bis zur Yucatan-Halbinsel. Die erreichbare Endgröße ist strittig, Stöckl & Stöckl[12] sprechen von der kleinsten Kaiserboa mit einer durchschnittlichen Endgröße von 100 bis 140 cm während Bonny[13] von einem 270 cm großem Exemplar berichtet. Insgesamt ist der Körperbau sehr schlank, das Imperatorkreuz ist nur selten vorhanden und die Grundfärbung besteht aus hellen, ins Gelbliche gehende Brauntönen. Viele Exemplare besitzen eine orange gefärbte Unterseite. Das Sattelfleckenmuster ist oft seitlich miteinander verbunden.
Datei:Verbreitung boa c. i. zentralamerika.jpg
Das derzeit angenommene Verbreitungsgebiet der Kaiserboa (Boa c. imperator) in Zentralamerika.
  • Honduras: Die derzeit als Honduras-Variante bezeichneten Kaiserboas stammen aus Importen, die Mitte der 1980er Jahre nach Deutschland gelangten. Das genaue Verbreitungsgebiet dieser Lokalform ist nicht bekannt, dürfte sich aber über die gesamte Atlantikküste erstrecken. Die durchschnittliche Größe liegt bei 150 bis 180 cm. Diese Tiere unterscheiden sich von anderen Kaiserboas durch ihre rundere und insgesamt schlankere Kopfform. Das Imperatorkreuz ist häufig vorhanden. Die Grundfärbung ist ein rötliches Dunkelbraun. Bei vielen Tieren ist die Unterseite rosa bis rot gefärbt.
  • El Salvador: El Salvador ist die Heimat von Kaiserboas, die eine hell- bis dunkelgraue Grundfärbung aufweisen, aber auch fast schwarze Exemplare sind bekannt, deren Sattelflecken häufig miteinander verbunden sind. Das Imperatorkreuz ist meistens vorhanden. Die durchschnittliche Endgröße liegt zwischen 150 und 200 cm.
  • Nicaragua: Im Vergleich zu der Lokalform aus El Salvador sind die Kaiserboas in Nicaragua heller gefärbt, weisen aber ebenfalls meistens eine Verbindung der Sattelflecken auf. Das Imperatorkreuz ist fast immer vorhanden. Viele Kaiserboas aus Nicaragua besitzen zudem schwarze Einsprenkelungen am ganzen Körper. Die durchschnittliche Größe liegt zwischen 170 und 200 cm.
  • Costa Rica: Aus Costa Rica sind zwei unterschiedliche Lokalformen bekannt. Die Variante von der Pazifikküste besitzt eine helle Grundfärbung, die von olivgrün bis beigegelb reicht. Die Schwanzflecken sind häufig rot gefärbt. Die Verbreitung der zweiten Variante wird an der Küste des Karibischen Meeres vermutet. Diese Exemplare sind grau bis dunkelgrau gefärbt, die Färbung der Sattelflecken geht ins Rötliche. Die durchschnittliche Endgröße beider Varianten beträgt 240 bis 280 cm.
  • Panama: Diese Variante zählt zu den noch am wenigsten erforschten Kaiserboas. Die Grundfärbung ist grau bis dunkelgrau mit recht dünnen und weit auseinanderliegenden Sattelflecken. Die Endgröße dürfte bei etwas über zwei Metern liegen.
  • Kolumbien: Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich vom Süden Panamas über Kolumbien bis nach Venezuela westlich der Anden. Die exakte Abgrenzung zur benachbarten Boa c. constrictor ist nicht möglich, so dass zumindest in den Übergangsgebieten mit Mischformen gerechnet wird. Hier fehlen allerdings herpetologische Studien. Die Grundfärbung reicht von hellgrau bis mittelbraun mit rötlich gefärbten Schwanzflecken, es wurden aber auch schon gelbliche oder orange Exemplare gesichtet. Das Imperatorkreuz ist nur teilweise vorhanden und kann nicht als Unterscheidungsmerkmal zur Boa c. constrictor gelten. Der Körperbau ist insgesamt sehr massig, die Endgröße liegt im Durchschnitt bei 240 bis 300 cm.
  • Ecuador: Die genaue Eingrenzung des Verbreitungsgebietes innerhalb von Ecuador ist derzeit mangels Studien nicht möglich. Die Grundfärbung dieser Kaiserboas ist hell- bis dunkelgrau mit deutlich auseinanderstehenden dünnen Sattelflecken. Selbst die Weibchen dieser Variante werden selten größer als 200 cm.

Inselformen

  • Sigmaboa (Mexiko): Das Verbreitungsgebiet sind die Marias-Inseln an der Pazifikküste von Mexiko. Die Grundfärbung ist hellgelb bis hellbraun, die Sattelflecken sind häufig miteinander verbunden. Die durchschnittliche Endgröße dürfte bei etwa 200 cm liegen.
  • Crawl Cay (Belize): Das Verbreitungsgebiet ist die Crawl Cay Insel in der Karibischen See. Diese Variante zeichnet sich durch einen sehr muskulösen Körperbau sowie eine längliche Kopfform aus. Die Grundfärbung ist hellgrau bis beigebraun mit sehr dunklen Sattelflecken. Häufig sind schwarze Einsprenkelungen über den gesamten Körper vorhanden. Die Endgröße reicht von 150 bis 180 cm.
  • Cay Caulker (Belize): Das Verbreitungsgebiet ist die Cay Caulker vor der Küste von Belize. Bei dieser Variante fehlt die rote Färbung vollkommen. Der Grundton ist ein helles Grau mit ebenfalls grauen, teilweise zusammenhängenden Sattelflecken. Das Imperatorkreuz ist häufig vorhanden. Die Endgröße reicht von 130 bis 150 cm.
  • Hog Island (Honduras): Das Verbreitungsgebiet sind die Schweineinseln an der Atlantikküste von Honduras. Die Grundfärbung dieser Variante ist sehr hell bis weiß, die ebenfalls hellgrauen bis hellbraunen Sattelflecken heben sich kaum ab. Teilweise können aber auch hellorange Exemplare vorkommen. Die Endgröße liegt bei etwa 200 cm.
  • Islas de la Bahia (Honduras): Die Hauptinseln Utila, Roatan und Guanaja der Islas de la Bahía vor der Karibikküste von Honduras sind das Verbreitungsgebiet dieser dunkelbraunen bis rötlichbraunen Variante. Die Unterseite ist häufig rot gefärbt, was diesen Kaiserboas auch den Namen „Firebellies“ beschert hat. Die durchschnittliche Endgröße liegt bei etwa 200 cm.
  • Corn Islands (Nicaragua): Das Verbreitungsgebiet dieser Inselvariante sind die Corn Islands an der Atlantikküste Nicaraguas. Mangels genügender Typusexemplare kann keine Beschreibung vorgenommen werden, Bonny berichtet jedoch von keinen nennenswerten Abweichungen gegenüber der Festlandform. Allerdings sollen diese Tiere nur wenig über 100 cm groß werden.[14]

St. Lucia-Boa (Boa c. orophias)

Das Verbreitungsgebiet ist die Insel St. Lucia vor der Nordküste Südamerikas. Die Grundfärbung ist gelbweiß bis hellgrau mit beigebraunen Sattelflecken und zahlreichen schwarzen Einsprenkelungen. Die Schwanzflecken sind bei Jungtieren dunkelrot, bei erwachsenen Exemplaren hingegen schwarz. Die Wangen weisen häufig eine leichte hellrosa Färbung auf. Die Endgröße liegt bei 240 bis 280 cm.

Dominicaboa (Boa c. nebulosa)

Das Verbreitungsgebiet ist die Insel Dominica vor der Nordostküste Südamerikas. Die Grundfärbung besteht aus verschiedenen Brauntönen, die mit zunehmendem Alter abdunkeln. Die Zeichnung hebt sich kaum von der Grundfarbe ab, allein die hellen Umrandungen bleiben schemenhaft erhalten. Besondere Merkmale der Dominicaboa sind ihr überaus schlanker Körperbau sowie der schmale flache Kopf. Die durchschnittliche Größe liegt bei 180 bis 230 cm.

Sabogaboa (Boa c. sabogae)

Das Verbreitungsgebiet sind die Perleninseln im Golf von Panama. Die Grundfärbung ist sehr hell, von beige über hellgrau bis hin zu ocker. Die schmalen Sattelflecken sind häufig reduziert oder fehlen ganz. An den Flanken befinden sich ungleichmäßige Flecken oder Stricke. Die Schwanzflecken sind intensiv rot bis orange und gelb umrandet. Die Augenfarbe reicht von Weiß bis hin zu Rot. Die Endgröße liegt bei 200 bis 220 cm.

Langschwanzboa (Boa c. longicauda)

Mangels Feldstudien kann das Verbreitungsgebiet nicht genau begrenzt werden, gesichert ist aber die Existenz in der Region um die Stadt Tumbes im Norden Perus. Die Grundfärbung ist gelb bis ockerfarben mit graublauen bis schwarzen, sehr breiten Sattelflecken. Der Kopf ist heller gefärbt, bei einigen Exemplaren sogar weiß, mit schwarzer Zeichnung. Die durchschnittliche Größe liegt bei 230 bis 260 cm.

Ortons Boa (Boa c. ortonii)

Das Verbreitungsgebiet liegt im Nordwesten Perus in der Provinz La Libertad, eine genaue lokale Abgrenzung zu den umliegenden Boa-Unterarten ist derzeit allerdings nicht möglich. Die Grundfärbung ist hellgrau bis hellbraun mit grauen Flanken und dunkelbraunen bis schwarzen Sattelflecken. Die Färbung der schwarz umrandeten Schwanzflecken ist orange- bis rotbraun. Die Unterseite ist hellbraun bis weiß. Bemerkenswert ist auch die breite Kopfform mit sich deutlich abhebenden Wangen. Die Endgröße liegt bei 180 bis 250 cm.

Königsboa (Boa c. constrictor)

Typische Kopfzeichnung der Königsboa (Boa c. constrictor)

Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich über den gesamten Norden Südamerikas östlich der Anden, von Trinidad und Tobago bis hinunter in den Süden Brasiliens. Die Grundfärbung ist sehr variabel und reicht von cremeweiß über hellgrau bis hin zu graubraun. Die bräunlichen Sattelflecken haben an den Flanken weiße Einschlüsse. Die Schwanzflecken sind häufig leuchtend rot. Der breite Kopf verjüngt sich stark zur Schnauze hin, die sich leicht nach oben wölbt. Von der Stirn bis zur Schnauze verläuft ein deutlicher Strich. Eine Untergliederung in verschiedene Lokalvarianten kann aufgrund mangelnder Feldstudien nicht erfolgen. Die Vertreter der Königsboa gehören mit einer durchschnittlichen Größe von 240 bis 300 cm insgesamt zu den längsten Abgottschlangen.

Schwarzbauchboa (Boa c. melanogaster)

Das Hauptverbreitungsgebiet liegt in Ecuador direkt an den Osthängen der Anden. Die Grundfärbung ist hellgrau bis graubraun mit deutlich abgehobenen dunkelgrauen bis schwarzen Sattelflecken. Als Hauptunterscheidungsmerkmal zur ebenfalls in dem Gebiet vorkommenden Königsboa ist die dunkelgraue bis schwarze Bauchseite anzusehen. Die erreichbare Endgröße dürfte zwischen 240 und 300 cm liegen.

Kurzschwanzboa (Boa c. amarali)

Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Santa Cruz de la Sierra im Südosten Boliviens über den Süden Brasiliens bis hinunter zum Paraguay Valley im Norden Paraguays. Die Grundfärbung ist ein sehr helles Grau. Die ebenfalls grauen schmalen Sattelflecken zeigen deutlich das typische Witwenspitzenmuster. Die Bauchseite ist schwarz-weiß gesprenkelt. Auffällig ist die sehr kurze dunkle Schwanzfärbung, die dieser Abgottschlange irrtümlich den Namen Kurzschwanzboa einbrachte. Die Endgröße liegt bei 200 bis 220 cm. Die Kurzschwanzboa hat den massigsten Körper von allen Boa constrictor-Unterarten. Sie sieht eher gedrungen aus.

Bei Störung bläht Sie den Körper zusätzlich auf, teilweise ist auch ein Fauchen wahrzunehmen. Sie benötigt etwas länger zur Geschlechtsreife als andere Unterarten, weibliche Tiere benötigen hierfür ca. 4-5 und männliche Tiere ca. 3-4 Jahre. Das Wachstumsverhalten ist deutlich schwächer ausgeprägt als z.B. bei B. c. imperator oder B. c. constrictor.

Die Südboa unterscheidet sich durch ihre einheitliche Braunfärbung deutlich von anderen Abgottschlangen.

Südboa (Boa c. occidentalis)

Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich vom Südosten Boliviens über Paraguay bis nach Argentinien. Die Grundfärbung ist bei erwachsenen Tieren dunkelbraun bis schwarz mit vielen weißen Einsprenkelungen. Die Jungtiere sind hingegen hell- bis mittelgrau mit cremefarbenen Einschlägen. Die beim Jungtier noch deutlich sichtbaren, miteinander verbundenen dunklen Sattelflecken sind bei erwachsenen Südboas nicht mehr von der Grundfärbung zu unterscheiden. Der Schwanz ist einfarbig dunkelbraun bis schwarz. Die durchschnittliche Größe liegt bei 220 bis 280 cm, Exemplare über 300 cm sind aber ebenfalls möglich. Die Südboa ist als einzige Abgottschlange unter Anhang I des Washingtoner Artenschutzübereinkommens gelistet und unterliegt dem generellen Vermarktungsverbot.

Abgottschlange und Mensch

Die Mexikaner verehrten die Abgottschlange als Boten oder Abgesandten der Götter. Dementsprechend galten die Bewegungen als Hinweise für den Menschen, das Zischen soll ein Zeichen für bevorstehendes Unglück gewesen sein.[15] Indianer im oberen Amazonasbecken glauben, dass Riesenschlangen wie die Anakonda und die Boa constrictor Frauen im Maniokfeld schwängern, um eine Schlangenbrut zu zeugen. Stirbt eine Wöchnerin, wird das auf eine solche Vergewaltigung zurückgeführt.[16] Die Inka setzten Riesenschlangen wie die Anaconda und die Abgottschlange mit Amaro gleich, einer mythischen doppelköpfigen Schlange, die wegen ihrer zerstörerischen Kraft gefürchtet wurde. In der Heimat der Inka in den Höhenlagen der Anden kam die Abgottschlange nicht vor, doch soll sich Pachacútec Yupanqui von unterworfenen Indianerstämmen im Tiefland Riesenschlangen als Tributzahlungen bringen haben lassen. Die Schlangen wurden in einem Gefängnis in Cusco in einer Schlangengrube gehalten. Kriminelle und Kriegsgefangene wurden ihnen zum Fraß vorgeworfen; diejenigen, die nach drei Tagen in der Grube noch lebten, sollen freigelassen worden sein.[17] Die charakteristische Zeichnung der Abgottschlange findet sich als Motiv auch auf zahlreichen präkolumbischen Keramiken. So wird aus dem gehäuften Auftreten dieses Musters auf Artefakten der Ausgrabungsstätte Sitio Conte in Panama auf eine besondere Rolle der Abgottschlange in der Mythologie der Gran Coclé-Kultur geschlossen[18]

Den praktischen Nutzen der Abgottschlange erkannten auch die ersten Einwanderer. So hielten die aus Afrika stammenden Feldarbeiter die Schlangen tagsüber in Kisten, um sie nachts frei im Haus zur Bekämpfung der Nagetiere leben zu lassen. In Europa und Nordamerika waren die Boas hingegen fester Bestandteil der wandernden Tierbuden, wobei die Pfleger versuchten, sie mit Decken und Wärmflaschen am Leben zu erhalten.[19] Gleichzeitig waren Bestandteile der Abgottschlange auch Zutaten in der Volksmedizin, so dass man noch heute auf der Insel Dominica „Boa-Öl“ kaufen kann, welches aus gekochten Abgottschlangen gewonnen wird und gegen die verschiedensten Krankheiten helfen soll.[20] In der heutigen Zeit sind die Abgottschlangen aber eher als Haus- denn als Nutztiere in der Terrarienhaltung vertreten, mit verschiedenen Auswirkungen auf das natürliche Vorkommen. Von den Schweineinseln wurde die dort existierende helle Lokalform der Kaiserboa zwischen 1979 und 1986 in so hohen Stückzahlen für die Terrarienhaltung exportiert, dass bei einer Feldstudie 1988 nur noch Jungtiere auffindbar waren.[21] 1993 erklärte die Regierung Honduras die Schweineinseln zum Naturschutzgebiet, so dass seitdem keine weiteren Exporte mehr stattfinden. Andererseits trägt der Mensch auch zur Erschließung neuer Lebensräume für die Abgottschlangen bei. So hat sich eine mittlerweile stabile Boa-Population auf der Insel Aruba gebildet, die nachweislich erst durch Menschen als invasive Spezies eingeführt wurde.[22]

Literatur

  • Klaus Bonny: Die Gattung Boa – Taxonomie und Fortpflanzung, Kirschner & Seufer Verlag 2007, ISBN 3-9808264-5-7

Quellenangaben

  1. K. Bonny (2007): „Die Gattung Boa – Taxonomie und Fortpflanzung“, KUS-Verlag, Seite 183
  2. H. Stöckl & E. Stöckl (2007): „Reinrassige Boa Constrictor“, M&S Reptilien Verlag, Seite 113 bis 115
  3. u.a. K. Bonny (2007): „Die Gattung Boa – Taxonomie und Fortpflanzung“, KUS-Verlag
  4. L. Trutnau (2002): „Ungiftige Schlangen“ Band 1, Ulmer Verlag, Seite 159
  5. S. Binder & A. Lamp (2007): „Boa constrictor – Die Abgottschlange“, Natur und Tier Verlag, Seite 58
  6. G. Montgomery & A. Rand (1978): „Movements, body temperature and hunting strategy of a Boa constrictor“, Copeia Band 3, Seite 532
  7. V. C. Quesnel & L. Wehekind (1969): „Observations on the constrictive phase of feeding behavior in Boa constrictor”, J. Trinidad Field Nat. Club, Seite 12 bis 13
  8. S. Binder & A. Lamp (2007): „Boa constrictor – Die Abgottschlange“, Natur und Tier Verlag, Seite 59 bis 60
  9. Scott M. Boback, Allison E. Hall, Katelyn J. McCann, Amanda W. Hayes, Jeffrey S. Forrester, Charles F. Zwemer: Snake modulates constriction in response to prey's heartbeat. In: Biology Letters. 2012, doi:10.1098/rsbl.2011.1105.
  10. C. W. Radcliffe, D. Chiszar & H. B. Smith (1980): „Prey-induced caudal movements in Boa constrictor with comments on the evolution of caudal luring“, Bulletin of Maryland Herpetological Society Nr. 16, Seite 19 bis 22
  11. K. Bonny (2007): „Die Gattung Boa – Taxonomie und Fortpflanzung“, KUS-Verlag, Seite 181 bis 221
  12. H. Stöckl & E. Stöckl (2007): „Reinrassige Boa constrictor“, M&S Reptilien Verlag, Seite 22
  13. K. Bonny (2007): „Die Gattung Boa – Taxonomie und Fortpflanzung“, KUS-Verlag, Seite 31
  14. K. Bonny (2007): „Die Gattung Boa – Taxonomie und Fortpflanzung“, KUS-Verlag, Seite 56
  15. Brehms Tierleben Band 4, Paul Franke Verlag, Seite 128 bis 129
  16. Baladji Mundkur: The Cult of the Serpent, An Interdisciplinary Survey of its Manifestations and Origins. State University of New York Press, Albany 1983. S. 57.
  17. Paul Steele: Handbook of Inca Mythology. ABC-Clio, 2004. S. 96. s.v. Amaru (Amaro).
  18. Mary W. Helms: The Curassow's Crest: Myths and Symbols in the Ceramics of Ancient Panama. University of Florida Press, Gainesville 2000. S. 12−13. und passim.
  19. Brehms Tierleben Band 4, Paul Franke Verlag, Seite 127
  20. K. Bonny (2007): „Die Gattung Boa – Taxonomie und Fortpflanzung“, KUS-Verlag, Seite 147 bis 148
  21. L. Wilson & G. Cruz Diaz (1993): „The Herpetofauna of the Cayos Cochinos“, Herpetological Nature History Band 1, Seite 13 bis 23
  22. H. Stöckl & E. Stöckl (2007): „Reinrassige Boa constrictor“, M & S Verlag, Seite 100 bis 102

Weblinks

Commons: Boa constrictor – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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